Noch häufig schwärmen die alten Coburger von den urig gemütlichen Gastwirtschaften in ihrer Stadt, in der sie einst einheimische Spezialitäten wie Bratwürste, Rindleisch und Meerch, sowie auch Klöße und Bratkartoffeln bekamen. Viele dieser Speiselokale sind inzwischen verschwunden und damit ein Stück Lebensqualität. Eines der beliebtesten Lokalitäten war der Gasthof „Zum Schwarzen Bären“ in der Spitalgasse. Er befand sich dort, wo sich heute der Eingang zum noch existierenden WEKA-Kaufhaus befindet. Dort stand vor über 30 Jahren noch das alte Haus Spitalgasse Nr. 14, wo der „Bären“ beheimatet war. Die Ursprünge dieses Gebäude gehen bis ins Jahr 1404 zurück. Damals gehörte das Anwesen der bekannten Coburger Patrizierfamilie Bach und wurde im Volksmund als der „Bachenhof“ bezeichnet. 1461 wurde an dieser Stelle ein neues Haus errichtet, in dem wohl 1584 eine Gaststätte eröffnet wurde. Seit 1596 bis zu seinem Ende hieß es „Gasthof zum Schwarzen Bären“ und war ursprünglich Absteigequartier von Fürsten und Rittern. Erster Wirt war seinerzeit ein Hans Christian. Das Haus Spitalgasse Nr. 14 hatte einst eine große Ausmaße, die man der Ausdehnung des gegenwärtigen Kaufhauses in der Großen Johannisgasse erkennen kann, dessen heutige Front dort das ehemalige Haus Große Johannisgasse Nr. 4 mit einschließt. Für größere gesellige Veranstaltungen standen schon früher im „Bären“ Räume zur Verfügung. So berichtet der Chronist Karche von einem Fest im Jahre 1766, das die Handwerker nach Errichtung eines Galgens auf dem Glockenberg (Dieser Galgen lag an der heutigen Hohen Straße) im „Bären mit Musik und Tanz feierten“. Man fand anscheinend damals nichts weiter dabei, sich durch ein „Richtfest“ eines neuen Galgens ein paar schöne Stunden zu machen. Einen sehr großen Umfang hatten die Stallanlagen des „Bären“, die über 100 Pferde fassten. Das war noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Fall, denn Autos gab es zu dieser Zeit noch sehr wenige und der „Bären“ war das bevorzugte Einstell- und Einkehrgasthaus der Landbevölkerung. Wahrscheinlich gab es schon damals Parkprobleme, denn eine endlose Reihe von Wagen säumten die Johannis- und Spitalgasse. Der „Bären“ war ursprünglich nicht nur ein großer Gasthof, sondern gleichzeitig auch eine Bäckerei und Brauerei. Sein Bier braute der „Bären“ noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Städtischen Brauhaus in der Steingasse (heute Sitz des Stadtarchivs Coburg). Noch um 1900 war hoch oben unter dem Dach des „Bären“ der Malzboden, als eine letzte Erinnerung der Brautätigkeit der Wirte, vorhanden. Ebenfalls um diese Zeit war der tiefe, breite Hausflur mit dem großen Torbogen, den der schreitende Bär krönte, besonders im Sommer ein bevorzugter Aufenthalt der Gäste. Rechts vom Hausflur war damals noch ein kleiner Friseurladen des Barbiers und Staatlich geprüften Heilgehilfen Adam Winkelmann und links ging es einige Stufen hinauf zur eigentlichen Gaststube. Oft war der Betrieb im Hausflur so beängstigend groß, dass die Hausbewohner ihre liebe Not hatten, zu ihren Wohnungen zu gelangen. Der „Bären“ war so geräumig, dass nicht nur für die große Küche, die Gast- und Übernachtungsräume, sondern auch für Mieter genügend Platz war. Jene bildeten eine treue Hausgemeinschaft und wohnten oft über Generationen im Hause. Meist löste nur der Tod das Mietverhältnis. Selbstverständlich wurde der „Bären“ sehr oft umgebaut, verbessert und modernisiert. Man passte sich den Erfordernissen der Zeit an. Das tat besonders der beliebte „Weißens Helm“ (= Wilhelm Weiß) mit seiner Ehefrau Frieda und der Schwiegermutter, der „Vögtin“, die im „Bären“ viel zu sagen hatte. Die erste große Erweiterung unter Wilhelm Weiß fand schon vor dem Ersten Weltkrieg statt. Im Jahre 1922 verschwand der Friseursalon und wurde zum Eingang umgebaut. Der breite Hausflur wurde mit dem Gastzimmer vereinigt. 1924 wurde erneut umgebaut. Diesmal wurde ein Saal geschaffen, wobei ein Teil der Stallanlagen wegfiel. Der Saal war den Sängern vom Coburger Musikverein, der Turngenossenschaft und dem Infanterie-Regiment Nr. 95, welches in der Kaserne an der Neustadter Straße stadtioniert war, eine willkommene Heimstätte, die mit humorvollen Bildern, Wappen und Emblemen der Vereine geschmückt war. Der „Bären“ war ein Gasthof, der weit über die Grenzen des Coburger Landes hinaus bekannt war. Er bot eine preiswerte Unterkunft und die eigene Metzgerei sowie die Küche sorgten für gutes Essen zu soliden Preisen. Umso trauriger war man, als im Jahre 1958 das Aus für den „Bären“ kam. Die Gaststube wurde zu einem Verkaufsraum umgebaut, in dem das Kaufhaus „Zum Mohren“ einzog. Dort blieb das Unternehmen bis 1975. Im selben Jahr kam es zum Abbruch des Gebäude, zugunsten eines neuen Kaufhaus-Komplexes. Erhalten blieb dabei das alte Eingangstor mit dem schreitenden Bären, welches in die Große Johannisgasse versetzt wurde und wo es heute noch als letzte Erinnerung an den alten „Bären“ zu sehen ist.
Bildquellen:
Bild 2: Das Eingangsportal des "Bären" in der Großen Johannisgasse (Foto: Christian Boseckert, 2006)
Bild 3: Das Alte Gasthaus "Zum Schwarzen Bären", bevor es 1975 abgerissen wurde (Sammlung HG Coburg)