Eva Herold
Geboren wurde Eva Herold am 07.12.1923 in der Bertelsdorfer Mühle. Nach der üblichen vierjährigen Volksschulzeit in Neuses besuchte sie die damals bestehende "Aufbauschule" bis zur mittleren Reife und begann dann eine Lehre als Müllerin, die sie 1943 mit der Gesellenprüfung abschloss. Trotz der vielfach besehenden Schwierigkeiten des Kriegs- und Nachkrigszeit bekam sie - als politisch "Unbelastete" - Ende 1945 die Erlaubnis zur vorgezogenen Meisterprüfung und durfte für den damals noch nicht entnazifizierten Vater als Treuhänderin die elterliche Mühle weiterführen. Dieser erste, für eine Frau bereits recht außergewöhnliche Lebensabschnitt, endete notgedrungen 1956 mit dem Betriebsende der Bertelsdorfer Getreidemühle. Getreu ihrem Motto: "Nicht nach den Sternen greifen, sondern sich ein Ziel setzen, das man ohne Hilfe anderer Menschen erreichen kann", begann Eva noch einmal mit der Schulausbildung und legte nach nur einjähriger Vorbereitung und nunmehr bereits im 32. Lebensjahr das Abitur ab. Anschließend begann sie erneut eine Lehre, diesmal als Apothekerin, um dann die nächsten 27 Jahre in der väterlichen Apotheke in Coburg Neuses erfolgreich wirken zu können. Die Lage der Apotheke am Rande der Stadt führte natürlich viele Kunden aus dem umliegenden Land zu Eva, und so mancher von ihnen konnte dazu bewegt werden, Gegenstände aus seinem Besitz bzw. seinem Umfeld der Sammlung der Apothekerin hinzuzufügen - denn Eva hatte schon vom Vater die Neigung zum Sammeln heimatkundlicher Dinge übernommen und bald auch selbst Erfolg damit. Gleichzeitig begann sie auch, ihre Sammlung in gewisser Weise in den Dienst der Volksbildung zu stellen. Stets dienten die beiden Schaufenster in der Neuseser Apotheke als Museumsvitrinen, worin die verschiedensten Themen zur Volkskunde dargeboten wurde, was bei der Bevölkerung auf erfreulich großes Interesse stieß.
Mit 62 erfolgte "endlich der langersehnte Eintritt ins Rentendasein". Mit anderen Worten: nun konnte sie mit "vollem Einsatz" ihrer eigentlichen Neigung, der Volkskunde, nachgehen. Immerhin hatte Eva in den vorhergehenden Jahrzehnten ihre Mühle bereits zu einem richtigen Museum ausgebaut. Finanziert wurde das Bertelsdorfer Museum stets rein privat ohne jegliche öffentliche Zuschüsse oder Steuervorteile. "Angestellte oder Mitarbeiter gibt es keine, die Funktion eines leitenden Direktors bis zur besenschwingenden Putzfrau vereinigen sich in einer Person, und das bin ich" sagte Eva.
Damit aber immer noch nicht genug. 1986 - nun völlig unabhängig von beruflichen Zwängen - begann Eva an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg mit dem Studium der Volkskunde und den Nebenfächern Denkmalpflege und Archäologie des Mittelalters, das sie dann - nun 68-jährig - mit der Magisterprüfung erfolgreich beendete. Natürlich waren dabei die von ihr zusammengetragenen eigenen Sammlungen eine wertvolle Hilfe und Anschauungsmaterial im besten Sinne des Wortes, auch für die jungen Studienkolleginnen und - Kollegen. Die Katalogisierung der eigenen Möbelsammlung war dann auch ein wesendlicher Bestandteil ihrer Magisterarbeit, die (1993) unter den Titel:
"Bemalte Möbel im Coburger Land" als Buch erschien. Weitere Bücher von Eva waren:
"Moggenbrunn - Das goldene Dorf" (1994)
"Bertelsdorf und seine Höhe" (1997)
"Spitalgasse 100 Jahre Handel und Wandel" (1998)
"Coburger Weihnacht" (1999)
"Coburg Rathaus-Bürger-Marktgeschehen und der Weg der Frauen ins Rathaus" (2002)
"Das Leben und Treiben auf dem Marktplatz in Coburg" (2005)
"Vom Sterben und Begrabensein in Coburg und anderswo" (2005)
"Ev`chen komm...!" (2007)
Wer Eva persönlich näher kennenlernen durfte, wird mir zustimmen, daß sie immer für eine Überraschung gut war. Keine Überraschung war ihr Tod, der sie nach einem Aufenthalt im "Seniorenwohnheim Am Schießstand 40", im Klinikum in Coburg am 07.04.2009 zu sich holte. Der Grabstein ihrer Vorfahren steht im Park der Bertelsdorfer Mühle, auf dem Eva schon vorsorglich ihren Namen eingravieren ließ.
Ihre Sammlung hat Eva schon teilweise zu Lebzeiten weiterverkauft. Der Rest wird nun nach ihrem Tod in alle Windrichtungen zerstreut. Dies ist nicht nur ein Verlust für Bertelsdorf, sondern für ganz Coburg. Ob das Eva wirklich wollte ?
Bild 1 Eva als Müllerin bei der Arbeit
Bild 2 Eva bei einer Führung durch ihr Museum
Bild 3 Eva beim Besuch einer Ausstellung in der Bertelsdorfer Gemeinschaftshalle.