Coburger Architekten und Baumeister

#1 von Qidan , 17.12.2011 07:52

Liebes Forum, anlässlich der vielen schönen Häuser, die es in Coburg zu bewundern gibt, ist mir aufgefallen, dass sie so ziemlich alle in dem Zeitraum zwischen 1850 und vor dem 1. Weltkrieg erbaut wurden. Das heisst, dass zu diesem Zeitpunkt eine grosse Zahl von zahlungskräftigen Auftraggebern in Coburg gelebt haben muss sowie sich deshalb eine relativ grosse Zahl an Architekten im Coburger Raum befunden haben muss. Mindestens drei Namen habe ich immer wieder gelesen: Bernhard Kleemann, Gustav Kessler und Otto Leheis. Ich stelle mir direkt vor, wie sie sich gegenseitig ihre Entwürfe vorgestellt und beraten haben, oder sich auch vor Rivalität und Ideenklau schützen mussten. Auffallend ist jedoch, dass sie scheinbar freie Hand hatten und nicht in den trüben Untiefen finanzieller Nöte waten mussten. Ob es schon eine Architektenvereinigung gab?

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RE: Coburger Architekten und Baumeister

#2 von Christian , 17.12.2011 10:15

Hallo Quidan

Das zwischen 1850 und 1914 so viele Häuser errichtet wurden, hat verschiedene Gründe. An erster Stelle ist das allgemeine Bevölkerungswachstum in Deutschland zu erwähnen. Dazu kam noch ein ungeheurer Zuzug von Landbewohnern in die Städte. So stieg die Einwohnerzahl Coburgs. (1864: 10720 Einwohner, 1875: 14570 Einwohner, 1885: 16200 Einwohner, 1900: 20460 Einwohner, 1914: 24060 Einwohner) steil an. Diese neuen Coburger brauchten ja alle eine Unterkunft. Die Stadt dehnte sich dabei nach allen Seiten aus. Als Beispiel hierfür kann das Bahnhofsviertel + die Mohrenstraße genannt werden, die in jenen Jahren entstanden.

Es war also eine Nachfrage nach neuen Häusern vorhanden. Dazu kam noch das viele wohlhabende Pensionäre Coburg als Alterssitz entdeckt hatten und dort ihre Villen errichteten.

Das mit der "freien Hand" stimmt allerdings nicht. Es gab schon damals ein Stadtbauamt, das über das Aussehen des neuen Coburg wachte. Die beiden Leiter Julius Martinet und Max Böhme haben sich dabei um Coburg verdient gemacht und sind inzwischen durch die Benennung von Straßen hier gewürdigt worden. Von beiden stammen auch imposante Gebäude, die heute noch das Gesicht der Stadt prägen.

Man muss aber auch sagen, das viele Architekten und Baumeister selber Grundstücke kauften und darauf dann Gebäude auf ihre Kosten errichteten. Anfang des 20. Jahrhunderts platzte dann in Coburg diese Immobilienblase und zahlreiche Bauunternehmer gingen in Konkurs. Tragisches Beispiel hierfür ist der erwähnte Otto Leheis, aber auch andere Architekten kamen in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

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RE: Coburger Architekten und Baumeister

#3 von Qidan , 19.12.2011 17:20

Hallo Christian, Deine ausführliche Beschreibung der damaligen Situation ist sehr aufschlussreich! Inzwischen habe ich Deinen Beitrag vom 23.10.09 und die anschliessende, witzige Diskussion unter Euch gefunden und mir sozusagen selbst ins Bein geschossen, wenn ich nur brav erst alle Beiträge durchstöbert hätte! Ich kann nur sagen, zu dieser damaligen Zeit Architekt zu sein, war schon eine sehr kreative Angelegenheit. Noch viel doller sieht's ja am Festungsberg aus, also da könnte ich es jetzt auch sehr gut aushalten....!

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