Am 8. Mai 1945 endete in Deutschland der 2.W.K. Dem Buch "Der Luftkrieg in Nordost-Bayern" entnehme ich mal einige Angaben.... Da schreiben die beiden Autoren: Im Zeitraum vom Juli 1944 bis Ende April, Anfang Mai 1945, sind im Raum Coburg-Bamberg -Hof über 106 Flugzeuge verschiedenster Art, sowohl Deutsche als auch Amerikaner abgestürzt, bzw. mussten Notlanden, bei dem noch Besatzungen ums Leben kamen! Bei der Zahl 106, sind nur die von den Autoren erfassten und bekannten Flugzeuge aufgeführt. Es ist durchaus möglich, das es noch weitere Abstürze/Notlandungen gab, von denen bis Dato nichts bekannt ist! So ist z.B. am 12.9.44 eine North American P 51 Mustang 359.FG über Cortendorf abgestürzt, nachdem sie die Baumwipfel auf der Brandensteinsebene gestreift hatte. Am 21.2. 1945 stürzt SW von Coburg ebenfalls eine North American Mustang P 51-D-10-NA 4.FG ab. Am 22.2. 1945 eine weitere P 51 der 339.FG SW von Coburg. Im März 1945 muss eine ME 262(Deutscher Düsenjäger) in den Mainwiesen bei Hochstadt/Lichtenfels Notlanden.(Einheit unbekannt) Im April 1945 landet bei Michelau ein Deutscher "Fieseler Storch"(Deutsches einmotoriges Aufklärungsflugzeug) Zahlreiche Piloten versuchten aus dem Osten kommend, die Amerikanischen Linien zu erreichen. So kamen Flugzeuge aus der Tschechoslowakei(damals Böhmen und Mähren)sowie auch aus Österreich hier in unser Gebiet. Dabei wurde sogar noch am 8.Mai 1945 ein Fieseler Storch westlich von Rodach abgeschossen. Aus Reichenberg kamen drei Fieseler Störche mit 7 Personen und landeten auf der Brandensteinsebene. Die Flugzeuge standen noch lange nach Kriegsende dort am Rande der Piste.(Hierüber wurde einmal ein Bericht in einer C. Tageszeitung gebracht, mit dem Titel " Flug aus dem Krieg in den Frieden"... Ebenfalls kamen noch mehrere Jagdflugzeuge vom Typ FW Focke Wulf 190 D-"Langnase", wahrscheinlich vom JG 6(?),nach Coburg und versuchten die schnellen Maschinen auf der Brandensteinsebene zu landen. Hierbei soll es auch noch getötete Piloten gegeben haben... Bei Plesten setzte eine JU 87 auf, die auch aus Reichenberg kam...... Auf Flugplätzen in Österreich, welche von der Roten Armee noch nicht besetzt waren, nutzten die Piloten jede Gelegenheit, mit allen Maschinen, welche noch Startbereit waren und vor allen noch Flugbenzin hatten, nach dem Westen zu entkommen. Dabei landeten auch Maschinen von dort kommend auf Flugplätze hier in Oberfranken, welche schon von der US Armee eingenommen waren. Dabei kam es noch teilweise zum Beschuss der Flugzeuge, mancher Amerikanische Pilot flog aber "Geleitschutz", bis die Maschinen sicher gelandet waren.(Diese Geschichten sind überliefert!) Überall lag dann der "Kriegsschrott", teilweise mitten in der Landschaft, viel an den Flugplatz Rändern.... In Fürth-Atzenhof z.B. karrte man all diesen Schrott zusammen und warf ihn in eine damalige riesige Sandgrube. Darüber türmte sich in den Jahren nach dem Krieg ein riesiger Schuttberg von Trümmerschutt aus Nürnberg/Fürth und später dann ein neuer Müllberg auf! Ob die Besucher des "Berges" heute wissen, das sie auf ehemaligen Flugzeugen aus dem 2.W.K. stehen??
Auch wenn der Ort nicht unmittelbar im Coburger Umland zu finden ist, will ich hier auf die Neuauflage einer Chronik der Gemeinde Zapfendorf hinweisen, die es für 9.-€ im Rathaus dort zu kaufen gibt und den Titel trägt "Dorf in Flammen" Es wird auf das Inferno an Ostern 1.April 1945 hingewiesen, als dort ein abgestellter Munitionszug durch US Jagdbomber in Brand geschossen wurde! 17 Waggons, welche mit Munition und anderen Sprengmitteln beladen waren, flogen in die Luft und schwere Teile der zerrissenen Waggons wurden weit in die Ortschaft geschleudert! Es ereigneten sich in kurzen Abständen zwei Explosionen, welche einen Feuersturm auslösten, der die Ortschaft über 90% zerstörte.
Eine Wehrmachtseinheit, die schon von US Aufklärern gesichtet wurde und dort in Zapfendorf untergezogen war, soll der Auslöser der Katastrophe gewesen sein. Ein aus Lichtenfels einfahrender Zug wurde von US Jagdbombern beschossen und dabei auch der abgestellte Munitionszug getroffen. Hierbei ereignete sich die erste Explosion, welche die unmittelbar an der Bahnstrecke gelegenen Anwesen in Brand setzte. Eine weitere, weitaus stärkere Explosion bewirkte durch aufkommenden Westwind einen Feuersturm, der sogar weitab liegende Gehöfte in östlicher Richtung der Ortschaft in Brand setzte! Es fanden dabei 23 Zivilisten den Tod.142 Häuser wurden total zerstört, 102 Scheunen und Nebengebäude , sowie alle (wenige) Industriebetriebe gingen in Flammen auf! Da der Ort überwiegend aus landwirtschaftlichen Anwesen bestand, gingen dabei 423 Stück Vieh, davon 143 Stück Großvieh verloren, was in der damaligen Zeit besonders zählte! Die 1700 Einwohner von Zapfendorf suchten Zuflucht in den angrenzenden Ortschaften, sowie in den nahen Wäldern. Nicht das die Ortschaft dadurch schwer im Mitleidenschaft gezogen war, sprengten am 8. April 1945 auch noch Pioniere der Wehrmacht die nahe bei Zapfendorf liegende Mainbrücke. Am 12. April rückte die US Army in den total zerstörten Ort ein. Obwohl der Inhalt der Waggons, einen Zapfendorfer ,welcher bei der Bahn beschäftigt war, bekannt war und er darauf an Höherer Stelle auf die Gefahr hingewiesen hatte, wurde der Zug nicht aus der Ortschaft heraus gefahren!! Die geladene Munition dürfte aus der Munitionsanstalt in Breitengüssbach gestammt haben, welche sich ja nur wenige Kilometer südlich von Zapfendorf befindet. Im Buch kommen über 40 Zeitzeugen zu Wort, welche ihre subjektiven Erlebnisse schildern! Das Buch beinhaltet im Nachspann ein zusammen gefaltetes Photo von Zapfendorf, welches ein US Aufklärer wohl wenige Tage nach dem Inferno dort gemacht hat. Man ist geneigt hier Vergleiche zu den bombardierten Städten im Reichsgebiet anzustellen, obwohl das ja dort nicht passiert war.
......In Bezug auf die ehemalige "MUNA Breitengüssbach", sehe ich, das diese riesige Anlage für Wanderer und Radfahrer zu bestimmten Zeiten, welche an den Eingängen angeschlagen sind, frei zugänglich ist!
Nur als Hinweis.... Die beiden Autoren Dill/Hetz die über den Luftkrieg in Nordoberfranken vor Jahren ein Buch geschrieben haben, sind nun wieder tätig geworden und haben in die Richtung weiter recherchiert. Mittlerweile sollen drei Bücher auf den Markt sein. Das behandelte Gebiet erstreckt sich aber von Aschaffenburg bis ins Arber Gebiet im Bay.Wald In der NP wurde darauf hingewiesen.
Fast das gleiche Schicksal wie Zapfendorf, hier zwischen Staffelstein und Breitengüssbach gelegen, hatte die Ortschaft Kilstett im französischen Elsass zu ertragen.....Auch der Ort, wurde durch Kriegseinwirkungen kurz vor Ende des 2.W.K. zerstört. Kilstett ist heute Partnergemeinde von Zapfendorf. Als im Jahre 2013 in Zapfendorf ein Mahnmal unweit des dortigen Bahnhofes errichtet wurde, waren auch Vertreter von Kilstett sowie die damalige Kommandeurin der US Armee von Bamberg,Oberstleutnant Michelle L.Bienias, vertreten.
Ich will einmal in lockerer Reihenfolge eine Zeitzeugin aus Zapfendorf hier zu Wort kommen lassen. Sie war 1945 ein Mädchen von 14 Jahren und wohnte damals in einen Haus, das heute in der Bamberger Straße zu finden ist .Sie lebte damals mit ihrer Mutter,Schwester,Großmutter,Tante,Cousine und einen Schäfer in dem Anwesen. An ihre Schulzeit von 1937-1945 hat sie folgende Erinnerungen: Griffelbüchse und Schiefertafel und "Zeigt her eure Händchen" Am 12.April 1937 wurde ich in die erste Klasse der Volksschule-damals "Hans Schemm Schule"-eingeschult, dazu noch zehn Mädchen und sieben Buben. Zaghaft hielt ich die Zuckertüte in der Hand. So üppig gefüllt wie heutzutage, war sie nicht, doch Patin und Großmutter waren behilflich, dass sich doch etwas Süßigkeit darin befand. Das Anfangsinventar im Lederschulranzen waren Schiefertafel und Griffelbüchse. An einer Schnur, welche an der Schiefertafel festgemacht war, baumelten Schwamm und Lappen aus dem Ranzen herab. Erst später kamen Lesebuch, Rechenbuch und ein Katechismus hinzu. Hefte zum schreiben bekamen wir erst in den oberen Klassen. Mit einen Taschentuch in der Schürze und sauberen Händen, die wir täglich vorzeigen mussten, ging nun mein Weg in diese Schule. (Solche Erinnerungen dürften wohl noch die Älteren, welche hier mitlesen auch haben??)
es folgen nun Passagen, die hier nicht so wichtig sind!....weiter schreibt sie...:
Glocken eingeschmolzen.... Inzwischen war der Krieg ausgebrochen. Einige junge Männer vom Dorf bekamen schon ihren "Stellungsbefehl". Die anderen, die noch keinen erhalten hatten, waren fast neidisch auf sie, denn sie wollten doch auch zu den Soldaten.(Was ihnen aber bevor stand konnten sie damals noch nicht erahnen!) Am weißen Sonntag 1940 ging ich zur ersten heiligen Kommunion. Fünf Onkel von mir waren bereits im Krieg. Mein Vater war eingezogen zur Gendarmerie als Hilfspolizist in Zapfendorf (ab 1942 in Polen) Mei´ "Kinnerbeicht´n" wurde deshalb schon etwas verhalten gefeiert . Es lag Spannung in der Luft. Die ersten Gefallenenmeldungen von Zapfendorfer Soldaten trafen ein, die Glocken wurden von den Kirchtürmen geholt und zu Kanonen eingeschmolzen. Lebensmittelmarken wurden eingeführt. Ohne Bezugschein, den man sich im Landratsamt in Staffelstein holen musste, gab´s nichts mehr zu kaufen. Es musste nachgewiesen werden, dass man auch wirklich neue Schuhe, Kleidung oder Wäsche nötig hatte. Dazu hat später jemand ein Gedicht gemacht:
"A olbera Zeit!" A olbera Zeit wor´s scho sälla mol, Vorschrift´n immer brater, mer musst sich an Bezusschei hol, wollt mer Schuh kaf odder Klader. Die Fischers-Rettl hot gestammt,ich glab sie ghört zu Laufer (Nachbarortschaft von Zapfendorf)
die kam auf des Bezugschei-Amt, mit ihra frech`n Schlauder. "Ich hob nex gscheit´s mehr aufn Leib, des sicht mer doch a jeder, möcht mer an Kladerstoff loss verschreib, acht und dreiviertel Meter":
"So fix geht´s net", tut der Beamte song, "zuvor is do erscht auzufüll´n,von euch a Fragebog´n. Was ihr noch habt, müsst ihr eitrog, nex ist do zu verschweign, für Sonntag und für alla Tog an Klader, Röck, dergleichen." "Des ölles soll ich do neischrei´b? Na,na" blägt do die Rettl, "do könnt ihr mir vom Hals gäbleib, leckt mich mit euern Zettl" Sie plätzt den Bog´n no auf´n Tisch, fächt naus zu Tür und gackert "Eh, dass ich ausfüll euern Wüsch-do laf ich lieber nackert!"
Der Schwarzmarkt begann. Wer zum Beispiel einen Schinken oder ein Pfund Butter "schmieren" konnte, für den gab´s auch ohne Bezugschein was über den Ladentisch, man durfte sich nur nicht erwischen lassen. Die Leute hatten Hunger. Frauen aus Thüringen kamen zu uns und waren froh, wenn sie das Fallobst im Garten auflesen durften und im Huckelkorb heimbrachten. Verboten war auch das "Schwarzschlachten" und "Schwarzmahlen". Die Bauern mussten alles abliefern, was sie nicht zur Selbstversorgung brauchten, so war es vorgeschrieben vom "Reichsnährstand". Gar manche Hausdurchsuchung wurde amtlich angeordnet und vom Herrn "Schandarm" auch ausgeführt! F.f.
Nur scheinbar friedlich und still liegt unser Dorf im schönen Maintal. Aufgeschreckt durch die Sirenen, welche die Luftangriffe der alliierten Streitkräfte ankündigen, horchen wir hinaus in die Nacht. Schon bald hören wir ein Donnern und Grollen aus der Ferne. Kommt es von Westen, dann wissen wir, sie bombardieren wieder Schweinfurt. Wir sehen sogar den Feuerschein am nächtlichen Himmel. Rumpelt es hinter dem "Bambergla",dann bombardieren sie Nürnberg . Wir bangen um unsere Verwandten in dieser Stadt. So geht es öfters. Angst und Schrecken erfüllten uns. Sirenengeheul ist unser ständiger Begleiter.
"Flüchtlings-Trecks aus dem Osten" Es wird bekannt, das die Fronten in Ost und West immer mehr zurück gedrängt werden. Bereits im Februar ziehen die ersten Flüchtlingstrecks aus Ostpreussen und Schlesien durch unser Dorf. Bauersleute wie wir, mit Pferden und Planwagen, das nötigste darauf gepackt. Fünf bis sechs Wochen sind sie schon in der Kälte unterwegs. Manche halten an und meine Großmutter kocht Tee für die frierenden und hungernden Menschen. Wir reichen Futter und Wasser für die Pferde und versorgen, so gut es geht, die Menschen mit Nahrungsmitteln. Dann ziehen sie weiter, wissen noch nicht wohin. Daheim mussten sie Haus und Hof, Hab und Gut zurück lassen. Jeder von uns weiß, was es bedeutet. Jetzt ist es gewiss, der Krieg hat seinen Höhepunkt erreicht. Was wird uns noch alles bevor stehen?
"Schützengräben" für Mensch und Dosenwurst Unser Nachbar meint, es wäre gut ,einen Schützengraben zu bauen, so wie er ihn im 1.W.K. in Frankreich kennen gelernt hatte. Dort könnten wir uns bei einer etwaigen Gefahr in Sicherheit bringen... Also fangen wir an-alle helfen mit-in unserem Obstgarten zu graben. Etwa acht Meter lang, etwas im zick-zack, ca. 1,20 Meter tief, so dass man sich vom Aushub her, ganz gut dahinter verstecken kann. In der Orstmitte wird inzwischen eine Panzersperre über die Straße gebaut.Es herrscht überall große Angst und Aufregung .Aus Breslau ,abgestempelt mit Datum vom 28.Februar 1945, bekommen wir den letzten Brief von meinen Vater. Jetzt im März wissen wir, dass Breslau schon eingeschlossen ist. Also eine schlechte Nachricht. Meine Mutter und ich beschließen, in der Scheune ein Loch zu graben, um einige Lebensmittel darin zu verstecken. Ganz heimlich muss das geschehen. Also graben wir in den Lehmboden ein Loch, ca. 50cm tief und verstauen darin Dosenfleisch und wurst, einen Topf Schmalz, Geräuchertes, Mehl, Salz und Streichhölzer. Darüber dicke Bohlen, ein Blech und Erde. Dann wir der Pflug darauf gestellt, so dass niemanden was auffällt. (Nachdem die Scheune am 1.April völlig abbrannte und wir nichts mehr hatten, waren wir heilfroh,als wir die Sachen wohlbehalten aus dem versteck holen konnten!) Auch den Schützengraben hatten wir nicht umsonst gebaut. Als nämlich die Katastrophe am 1.April begann, brachten wir gleich die Großmutter und meine Schwester zum Schutz dorthin und auch Nachbarn flüchteten sich hinein. Die Karwoche ist angebrochen. Am Mittwoch geht meine Volksschulzeit zu Ende. Am Sonntag darauf erleben wir die große Katastrophe!..... (besagter Schützengraben ist auf der Luftaufnahme, welche ein US Amerikanischer Aufklärer kurz nach der Katastrophe gemacht hat und der Chronik bei liegt, gut zu erkennen!)
Wie ich die Katastrophe von Zapfendorf am 1.April 1945 erlebte.... Karsamstag. Alle Vorbereitungen für das höchste Fest im Jahr sind fast erledigt. Die Mutter hat zwei große "Frankenkung"(Streuselkuchen) gebacken, die Großmutter schon die Kartoffeln für die Klöße geschält ,der Hammelbraten liegt bratfertig in der "irdenen" Pfanne und die Küch´n is nausgewischt. Jetzt muss nur noch der Kessel im Waschhaus mit einer Butt´n Wasser vom Brunnen gefüllt und angeschürt werden, um warmes Wasser zum Baden zu bekommen. Einer nach dem anderen schrubbt sich im Waschhaus in der großen Zink- Waschwanne, in welcher sonst beim wöchentlichen Waschtag die Wäsche eingeweicht und gewaschen wird. Alles ist vorbereitet für die zwei Feiertage und man freut sich auf das österliche Fest. Die letzte Nacht bricht an,....es sollte für uns die letzte Nacht in dem schönen über hundert Jahre alten Bauernhaus werden! Sechs Personen schlafen in dieser Nacht dem Ostermorgen entgegen. Im Untergeschoss die Großmutter in "ihr´m Stübla",auf dem frisch gefüllten Strohsack, die Mutter und meine Schwester in der "Schlofstub´n", meine Cousine und ich in der "öber´n Stub´n", die Tante Kathi in ihrer oberen Wohnung und der alte Schäfer, Herr Zöller, welcher schon den vierten Winter bei uns logierte.Er war ein Schäfer aus der Rhön. Seine Schafherde mit zwei jungen Schäfern hatte ihr Winterquartier bei uns in der Karwoche verlassen und er wollte nach Ostern auch abreisen.
Ostermorgen,1.April 1945....Fliegeralarm Meine Mutter ruft über die "Bod´nstieg" nauf: "Ihr Madla, stett auf, Fliegeralarm is, ich geh jetzt nei die Frühmess".Wir stehen sofort auf, ziehen uns an und fangen mit der Großmutter und dem Schäfer an zu frühstücken, wobei wir erfahren, das in der Nacht Militärfahrzeuge mit Kanonen draußen vorbei gefahren sind und teilweise auch noch in der Ortschaft unter gezogen stehen. Es dauert auch gar nicht lange, das wir die Tiefflieger kommen hören und ein lautes Knattern erschüttert das Haus. Neugierig wollen wir zur Haustüre rausschauen, aber der alte Schäfer hält uns zurück und drängt uns in den Gang hinter dem Hausplatz, denn er meint, die schießen auch noch zur Haustür herein...
Es brennt.. Ängstlich drücken wir uns an die Wand. Als das knattern nachlässt, schauen wir vorsichtig zur Haustüre hinaus und sehen, dass von unseren Scheunendach Feuer hinausbrennt. Schnell packen wir die Großmutter und meine behinderte Schwester zusammen und bringen sie zum Schützengraben im Garten. Auch die immer bereit stehende Tasche mit den wichtigsten Papieren und Decken und Kissen bringen wir dorthin. Etliche Nachbarn suchen jetzt hier Schutz. Die Feuerwehr, Soldaten und hilfsbereite Nachbarn kommen herbei um zu löschen. Inzwischen kommt auch meine Mutter von der Frühmesse hergerannt. Irgend jemand hatte ihr zu gerufen, das es bei uns brennt. Unter großer Gefahr retten meine Mutter und ich noch die Mähmaschine, die Kuhgeschirre und das "Handwägerla" aus der brennenden Scheune. Alles andere müssen wir zurück lassen, denn die Tenne hat bereits angefangen zu brennen. Jetzt gilt es nur noch das Wohnhaus zu retten, das an die Scheune angebaut ist. Inzwischen kommt auch die Tante Kuni mit ihrer Tochter herbei. Sie lebt als "ausgebombte" von Nürnberg hier bei uns in Zapfendorf bei ihrer Schwägerin. Sie übernimmt das Pumpen am Brunnen, denn eine Wasserleitung gibt es damals noch nicht.(sie wurde erst 1950 gebaut!)
Mit Wassereimern gegen das Feuer... Tante Kathi, meine Mutter und ich tragen mit Eimern das Wasser drei Treppen hinauf in den oberen Hausboden um die Wand abzulöschen. Unterdessen brennt auch die Scheune vom "Schell" an der Ecke Cäcilienstraße. Tante Kuni meint: "Da drüben bei uns brennt´s auch scho , ich geh nüber und bring a paar Betten in den Keller". Sie verlässt den Brunnen und geht weg. Daraufhin bietet sich der elfjährige Nachbarsbub Alfons an."Nachbara ich pump un ihr könnt weiter trong" Und so machen wir weiter. Das aber beim Schießen der Tiefflieger auch ein Munitionszug getroffen wurde, wussten wir nicht!
Die erste große Explosion Auf einmal, wir sind gerade alle drei im oberen Dachboden ,kommt die erste große Explosion. Uns reißt es zu Boden, die Ziegel prasseln auf uns herab und das Gebälk bricht zusammen. Nach einer Weile komme ich wieder zur Besinnung und rufe nach meiner Mutter und Tante. Jede kriecht aus einer anderen Ecke hervor. Wir sehen den Himmel über uns und lauter Rauch und Qualm. Alle drei sind wir verletzt, meine Mutter am Bein, Tante Kathi am Kopf und ich an Arm und Knie. Überall blutend und rußgeschwärzt suchen wir uns den Weg über die Trümmer-die Treppe war nicht mehr da, hinunter in den Hof.
Schwarze Fahnen Als sich der Rauch etwas verzogen hatte, sehen wir erst was geschehen war. Die Gebäude ringsum sind schwer beschädigt und an den Bäumen hängen überall schwarze Fahnen herab, was uns unerklärlich ist.(Erst hinterher erfuhren wir, das wohl ein Eisenbahn Waggon, der mit Stoffballen beladen war auch mit in die Luft geflogen ist) Mit dem Wasser von einen geplatzten Feuerwehrschlauch waschen wir uns erst mal das Blut und den Dreck vom Gesicht. Am Brunnen finden wir den Alfons unter einen Steinquader bewusstlos liegen. Am Schweinestall liegen ein Soldat und der 16 jährige Junge "Sommers Ferd´l", welche beim Löschen behilflich waren, tot unter den Trümmern. Der alte "Masters Schorsch", der auch mit der Feuerwehr behilflich war, kam mit dem Schrecken davon, als neben ihm ein Puffer von einen Eisenbahn Waggon einschlug... F.f.
Die Gewölbe im Stall hängen schon herunter, da binden wir noch die Tiere ab und machen sie im Garten an den Obstbäumen fest. Die Schweine können wir nicht mehr retten, vier schlachtreife Tiere verbrennen bei lebendigen Leib; ihre Schreie gehen uns durch Mark und Bein. Auch zwei Zuchtgänse, sieben Hühner, ein Hahn und einige Stallhasen finden unter den Trümmern den Tod. Meine Cousine Carola und der Schäfer sind gleich nach der Explosion in den Wald geflüchtet. Ihre Schwester Anneliese kommt von der Straße rüber gerannt und schreit um Hilfe. Sie hat sich mit Müh und Not aus dem eingestürzten Haus gerettet, aber Tante Gunda liegt schwer verletzt unter einen Stein und ringsum fängt es zu brennen an .Niemand ist da der helfen kann. Den verletzten Alfons und seine Oma -sie hat einen Beckenbruch-bringt man in den Schützengraben, bis sie ins Krankenhaus kommen, wo dann der Alfons stirbt. Unser Haus ist wohl eingestürzt, aber es brennt noch nicht zu diesem Zeitpunkt. Wir wagen uns noch einige Male hinein, obwohl die Decken herunter hängen und schaffen noch so manches aus dem Haus heraus, unter anderem die Nähmaschine.
Die zweite Explosion! Ich bin gerade mit einen Federbett unter dem Arm, auf dem Weg in den Obstgarten, als die zweite weitaus größere Explosion kommt. Ich werde durch die Druckwelle zu Boden gerissen. Als ich wieder aufstehen kann, sehe ich neben mir das Untergestell eines Eisenbahnwaggons liegen. Dem Kälble das neben mir am Baum festgebunden war, hat es dabei zwei Beine durchschlagen. Jetzt fängt es überall an zu brennen. Wir packen die Großmutter und die Schwester zusammen und flüchten hinten hinaus auf der Laufer Straße. Dort hat das Sägewerk Berbig seinen Lagerplatz wo Langholz gelagert ist. Zwischen den Stämmen lassen wir uns nieder. Kleinere Geschosse pfeifen immer wieder über uns hinweg. Das geht eine längere Zeit so, aber größere Geschosse und Einschläge sind nicht mehr darunter. Nachdem es ruhiger geworden ist, wagen sich meine Mutter und ich noch einmal in den Garten zurück, binden das Vieh los und lassen es frei weglaufen in die Flur. Die verletzte Kalbin müssen wir zurück lassen. Am Nachmittag sehen wir dann, wie ein Pferdegespann an uns vorbei fährt, mit unserer Kalbin auf dem Wagen-natürlich abgeschlachtet! Wohin sie gekommen ist und wer die Leute auf dem Fuhrwerk waren ,haben wir bis heute nicht erfahren... F.f.
Jetzt sitzen wir also auf den Stämmen an der Laufer Straße und bekommen Hunger. Da zerrt die Großmutter aus ihrer Tasche ein Paar Stücke Brösel-Kuchen, den sie früh schnell noch darin verstaut hat. Trotz Dreck und Staub darauf stillt er zusammen mit Wasser doch etwas den Hunger. Wie wir da gerade essen, es mag gegen 14.00 Uhr sein, sehen wir zu, wie unser Kirchturm brennend einstürzt. Den Anblick werde ich nie vergessen°! Ungarn mit Pferdegespannen kommen und helfen mit, die Leute in die Nachbardörfer zu bringen. Auch wir beladen ein Gespann und bringen die Großmutter, Schwester und einigen Hausrat, hintenrum über Reuthlos nach Oberleiterbach zur Tante Rettl, einer Schwester meines Vaters. Meine Mutter und ich kehren wieder nach Zapfendorf zurück, denn wir müssen uns ja um unsere Viecher kümmern.
Zurückgekommen, versuchen wir nochmals in das brennende Anwesen zu kommen, als uns ein Ebinger Bürger( die Mutter kennt ihn) mit unserer Nähmaschine entgegen kommt! " Wo willst denn du mit meiner Nähmaschin hi?"...Er "Die wollt ich rett´n!"...Sie " Des glabst doch selber net, die wör ja goar net verbrennt, weil sie im Hof gstand´n wor!" Wir stellten die Nähmaschine dann im Anwesen Diroll unter. Ich habe die alte "Singer" noch heute. Auch andere Sachen die wir in den Hof gerettet hatten, wurden uns gestohlen. Die Zapfendorfer flüchteten alle raus aus den Ort, Auswärtige kamen Nachts in den Ort und nahmen mit was sie fanden! Wer plündert wird erschossen???
Nun geht der erste Ostertag seinen Ende zu, es wird ruhiger. Wir müssen unser Vieh zusammensuchen, das sich in der Flur Richtung Lauf an dem jungen Grün vollgefressen hat. Die Euter sind prallvoll und müssen gemolken werden. Wir ziehen mit ihnen Richtung Lauf, denn bis Oberleiterbach wollen wir heute nicht mehr. Hinter uns trabt eine fremde Kuh her ,die ,wie sich herausstellt, dem Nachbarn Schell gehört. Wir nehmen sie mit und gehen in Lauf auf Herbergssuche. Bei der "Ölers-Kuni" finden wir Unterkunft. Im kleinen Stadel binden wir die vier Kühe fest an und fangen an zu melken. Als das Vieh versorgt ist gehen wir in die kleine Stube und schauen zuerst einmal in den Spiegel und sehen wie kohlschwarz wir sind. Wir waschen uns und dann werden die Verletzungen gesäubert und notdürftig verbunden. Die Kuni macht uns einen Kaffee und dann wird auf dem Stubenboden ein Matratzenlager zurecht gemacht. Der erste Feiertag ist zu Ende. Richtigen Schlaf finden wir in dieser Nacht keinen! Zweiter Ostertag: "Futterbetteln" Als erstes müssen wir uns um die Viecher kümmern! Mit dem "Futterkörbla" gehen wir von Hof zu Hof und betteln nach Futter für unser Vieh. Bei manchen werden wir abgewiesen, denn am zweiten April sind bekanntlich die Scheunen bald leer. Mit großer Ausdauer und Geduld bringen wir das Nötigste zusammen. Rüben sind ja noch daheim im Keller. Wir werden sie mit einer Robbern (Schubkarre) herbringen. Die Kuni gibt uns Kaffee und ein Brot und wir gehen wieder nach Zapfendorf. O Gott! Welch ein Anblick! Erst jetzt wird uns richtig bewusst, was gestern geschehen ist! Alle unsere Gebäude sind bis auf die Mauern zerstört und ausgebrannt. Nur der "Abtritt" neben dem Misthaufen ist noch ganz.(Auch ein Trost, wir können wenigstens dorthin gehen, wenn wir "müssen")
Hier und da rauchen noch Brandnester. Meine Mutter und ich sitzen auf einen Stein und weinen! Jetzt ist alles aus!-Ende. Drei Menschen verloren hier ihr Leben. Groß und Kleinvieh verendete auf grausame Weise.
Suche nach Verschütteten Aus der Kronacher Gegend kommen zwei Brüder-die Tante Kuni stammt von dort-und suchen nach ihrer verschütteten Schwester. Mit Pickel und Schaufel beginnen sie auf dem Platz, wo sich die Tante zuletzt aufgehalten hat zu graben. Da alles ausgebrannt ist, ist es unwahrscheinlich sie noch lebend zu finden... Nach Stunden finden sie kleine Überreste von ihrer Schwester auf der Kellertreppe. Ein trauriger Anblick. Mit einer Schubkarre werden die Überreste der 40 jährigen ins Leichenhaus gebracht und in einen der bereit gestellten Särge, welche nur mit Hobelspänen ausgelegt sind, gelegt. Mit Kreide wird der Name auf den Deckel geschrieben. Eine ganze Reihe von Särgen steht schon mit den Namen darauf dort am Boden.
"Srechstunde unter freien Himmel" Die Verletzungen von meiner Mutter und mir machen uns große Sorgen. Die Schmerzen werden immer schlimmer. Wir müssen also einen Arzt suchen. Aber wo? Nach langen Suchen finden wir dann im Oberend unseren alten Arzt, Dr .Hitzler aus Rattelsdorf. Er kam wie immer, mit dem Fahrrad herüber und hat die Leute versorgt. Auf einen Stein sitzend versorgt er unsere Wunden. Wir bitten ihn gleich einen Totenschein für unsere Tante Kuni aus zu stellen. "Ja , aber ich habe die Leiche doch gar nicht gesehen!"..."Ist sie auch wirklich tot?" ,sind seine Fragen. Wir können es ihm bestätigen und er stellt den Totenschein aus. F.f.