Thema von Christian im Forum Die Geschichte Coburge...
Die Webergasse beginnt an der Judengasse und mündet in die Mohrenstraße. Die Weber brauchten Einrichtungen, die sie nur gemeinsam unterhalten konnten, wie Spannrahmen und Walkmühlen. In Coburg siedelten sie im Westen der Stadt hauptsächlich in der Webergasse, die schon 1399 erwähnt wird. Das Handwerk spielte eine bedeutende Rolle. 1827 gab ungefähr 150 Webermeister und 200 Gesellen. Ein großer Teil der Erzeugnisse wurde in das Ausland nach Franken, Thüringen und Sachsen verkauft. Infolge der Industrialisierung hörte um die Jahrhundertwende das Weben mit dem Handwebstuhl auf. Der letzte Coburger Webermeister starb 1936.
Nur noch ein Bruchteil der alten Häuser sind heute noch in der Webergasse erhalten. Die Altstadtsanierung der 1970er Jahre und der Bau des Parkhauses Mauer hat hier eine gewaltige Schneise hinterlassen.
Anna Blüth, geborene Fechheimer, kam 1870 in Mitwitz als Tochter des Textilwarenhändlers Samuel Fechheimer und seiner Frau Emilie, geborene Lauer, zur Welt. Zu dieser Zeit lebte in dem Dorf eine kleine jüdische Gemeinde mit 36 Mitgliedern. In folgenden Jahren verließen aus wirtschaftlichen Gründen fast alle jüdischen Familien den Ort. Darunter befand sich auch die Familie Fechheimer, die 1876 nach Coburg zog. Dort eröffnete Vater Samuel ein Konfektionsgeschäft. 1890 heiratete Anna Fechheimer den aus Schmalkalden stammenden Kaufmann Julius Blüth, der in das Geschäft ihres Vaters einstieg. Aus der Ehe gingen zwei Söhne, Curt (geboren 1891) und Ernst (geboren 1895) hervor. Seit 1896 lebte sie mit ihrer Familie im Haus Spitalgasse 12. Im Jahr 1922 musste sie den Tod ihres Sohnes Ernst verkraften. Nachdem ihr Bruder Hugo Fechheimer im März 1933 verhaftet und in der sogenannten Prügelstube schwer misshandelt wurde, entschloss sich das Ehepaar Blüth zur Flucht nach Amsterdam. Dort lebte seit 1919 ihr Sohn Curt, der inzwischen eine Familie gegründet hatte. 1936 starb dort Annas Ehemann Julius. Im Jahr 1940 marschierte die Wehrmacht in die Niederlande ein, und die Nationalsozialisten begannen rasch mit der Umsetzung judenfeindlicher Gesetze. Die jüdische Bevölkerung wurde zunehmend entrechtet, gedemütigt und isoliert. Im Juli 1942 begannen die deutschen Besatzer damit, alle niederländischen Juden zu deportieren. Beteiligt an dieser Verfolgung, Unterdrückung und den Deportationen war gezwungenermaßen der Judenrat Amsterdam. Viele Mitglieder des Judenrats gerieten nach dem Krieg in die Kritik, da ihnen vorgeworfen wurde, mit den Besatzern kollaboriert zu haben. Zu den Mitgliedern des Judenrats gehörte auch Curt Blüth. Dies führte dazu, dass seine Familie von einer Deportation zunächst verschont blieb. Erst als fast alle niederländischen Juden deportiert worden waren, kam die Familie Blüth, darunter auch Anna, am 29. September 1943 ins Lager Westerbork. Seine guten Kontakte zum Judenrat verschafften Curt Blüth dort eine neue Aufgabe. Er wurde Leiter des Kleidereinkaufs, so dass seine Familie in Westerbork bleiben durfte und nicht den Weg in ein Konzentrationslager antreten musste. Anna Blüth wurde daher am 12. April 1945 von der kanadischen Armee befreit. Mit ihrer Familie wanderte sie 1950 nach Israel aus, wo sie die letzten Lebensjahre verbrachte.
Julius Blüth kam 1859 in Schmalkalden zur Welt. Im Juli 1890 heiratete er in Coburg Anna Fechheimer, die Tochter eines erfolgreichen Textilkaufmanns. Unmittelbar nach der Hochzeit trat er als Mitinhaber in das Konfektionswarengeschäft seines Schwiegervaters ein. Bereits im Dezember 1890 verstarb dieser, wodurch Blüth zunächst die alleinige Leitung des Unternehmens übernahm. Auf sein Wirken geht möglicherweise der Umzug des Geschäfts im Jahr 1891 in das Haus Spitalgasse 12 zurück. Mit diesem Schritt ging die Vergrößerung des Unternehmens zu einem Kaufhaus einher. In dieser Zeit gewann das Geschäft viel an Prestige. So verlieh Herzog Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha im Jahr 1897 dem Kaufhaus K. M. Fechheimer & Co. das Prädikat eines Herzogl. Sächsischen Hoflieferanten. Ab 1905 war Blüths Schwager, Hugo Fechheimer, Mitinhaber des Betriebs. Blüth stellte sich auch in den Dienst der Allgemeinheit. Von 1907 bis 1921 fungierte er als Geschworener (Schöffe) am Landgericht Meiningen. Zu diesem Zeitpunkt war Blüth bereits zweifacher Vater, mit den Söhnen Curt und Ernst, die 1891 und 1895 geboren wurden. Ernst Blüth starb bereits 1922 unverheiratet im Alter von 27 Jahren. Nachdem Hugo Fechheimer im März 1933 verhaftet und in der sogenannten Prügelstube schwer misshandelt wurde, entschlossen sich Julius Blüth und seine Frau zur Flucht. Sie kamen bei ihrem Sohn Curt unter, der seit 1919 in Amsterdam lebte und dort eine Familie gegründet hatte. Dort starb Julius Blüth am 12. Juli 1936 im Alter von 76 Jahren. Nach der Flucht der beiden Geschäftsinhaber wurde das Kaufhaus Fechheimer als eines der ersten jüdischen Unternehmen in Coburg von den Nationalsozialisten zerschlagen und das Haus versteigert. Den Zuschlag erhielt ein NS-Stadtrat.
Ilse Kohn kam 1906 als Tochter des aus Böhmen stammenden jüdischen Textilkaufmanns Siegfried Kohn und seiner Ehefrau Hermine in Coburg zur Welt. Zwei weitere Geschwister starben früh. Seit 1909 lebte sie mit ihren Eltern in einer Wohnung des Hauses Mohrenstraße 36. Als junges Mädchen erlebte sie in Coburg die Auswirkungen des 1. Weltkrieges und vor allem die als schmerzlich empfundene deutsche Niederlage. Viele gaben fälschlicherweise den Juden die Schuld für diese Schmach, allen voran Adolf Hitler und seine Bewegung. So wuchs Ilse Kohn in einem immer stärker werdenden antisemitischen Klima auf. Mit 26 Jahren erlebte sie Hitlers „Machtergreifung“ und das Scheitern der Weimarer Republik. Für Juden war es nun gefährlich, in Deutschland zu bleiben. Das musste die Familie schon zu Beginn des sogenannten Dritten Reiches erfahren. Vater Siegfried wurde Ende März 1933 in die berüchtigte Prügelstube in der sogenannten Alten Herberge gebracht und dort schwer misshandelt. Ein Jahr später verließ Ilse Kohn Coburg, nachdem sie zuvor den niederländischen Konditor Moses Pool in der Vestestadt geheiratet hatte. Beide ließen sich in Amsterdam nieder. Die Ehe, ob aus Liebe oder aus politischer und rechtlicher Notwendigkeit heraus geschlossen, sollte nicht glücklich werden. Ilse Kohn blieb kinderlos und wurde 1937 geschieden. Unter ihrem Mädchennamen lebte sie weiter in Amsterdam und arbeitete als Haushälterin und Pensionswirtin. Im Jahr 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus, und infolge der Kriegshandlungen marschierte die Wehrmacht 1940 in die Niederlande ein. Mit den militärischen Truppen gelangte auch die Judenverfolgung in dieses Land. Ilse Kohn geriet nach zwei Jahren Besatzungszeit in ihre Fänge. Am 24. Juli 1942 wurde sie ins Durchgangslager Westerbork gebracht. Drei Tage später wurde sie zusammen mit über 1000 anderen jüdischen Gefangenen ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Ilse Kohn erreichte Auschwitz am 28. Juli 1942 und erhielt die Häftlingsnummer 24046/1942. Am 23. August 1942, etwas weniger als vier Wochen nach ihrer Ankunft, wurde sie in Auschwitz ermordet.
Hermine Kohn, geborene Kirschner, kam 1878 in Skupsch (Böhmen) als Tochter des Ehepaars Jakob und Julie Kirschner zur Welt. Sie heiratete 1901 in Pilsen den fünf Jahre älteren Kaufmann Siegfried Kohn. Im gleichen Jahr zog das Ehepaar nach Coburg, wo Siegfried Kohn ein Textilwarengeschäft eröffnete. Die jungen Eheleute wurden Eltern von zwei Töchtern, Herta (1902) und Ilse (1906) und einem Sohn, Justin (1913). Von den drei Kindern erreichte jedoch nur Ilse das Erwachsenenalter. Die Familie lebte seit 1909 in einer Wohnung des Hauses Mohrenstraße 36. Die Familienharmonie fand ein jähes Ende mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Ihr Mann Siegfried wurde im März 1933 verhaftet und in der sogenannten Prügelstube schwer misshandelt. 1934 flüchtete Tochter Ilse in die Niederlande. Das gemeinsame Heim ging verloren und 1937 zog Hermine Kohn mit ihrem Ehemann in das Haus des jüdischen Viehhändlers Stern in der Mohrenstraße 10. Ein Jahr später ermordete dort ein fanatischer Nationalsozialist Siegfried Kohn. Ehefrau Hermine muss in der Folge das Geschäft auflösen. Schließlich wird sie im Januar 1939 in eines von drei Coburger „Judenhäusern“ zwangsweise eingewiesen. Am 24. April 1942 wurde Hermine Kohn deportiert. Die Fahrt führte zunächst nach Bamberg und von dort in einem Sammeltransport nach Izbica bei Lublin in Polen. Wenige Monate später wurden um Izbica die ersten Vernichtungslager Belzec und Sobibor in Betrieb genommen. Es ist deshalb anzunehmen, dass Hermine Kohn in einem dieser Lager umgebracht wurde. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Also das Rätsel um das Haus ist gelöst. Es handelt sich um das Gebäude Walkmühlgasse 12, welches 1970 abgerissen wurde. Es war das Nachbarhaus vom Fisch-Kupfer. Heute ist dort eine Einfahrt in eine Tiefgarage.
Siegfried Kohn kam 1873 in Scheibenradisch (Böhmen) zur Welt. Im Jahr 1901 heiratete er Hermine Kirschner in Pilsen und zog kurz darauf mit ihr nach Coburg. Dort eröffnete er AM Marktplatz ein Tuch- und Modewarengeschäft. 1909 verlegte er sein Unternehmen in den Jugendstil-Neubau Mohrenstraße 36. Zu diesem Zeitpunkt war Kohn bereits zweifacher Vater, mit den Töchtern Herta und Ilse, die 1902 und 1906 geboren wurden. Mit Sohn Justin kam 1913 ein drittes Kind dazu. Von ihnen erreichte jedoch nur Ilse das Erwachsenenalter. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde Siegfried Kohn sofort Opfer der brutalen Gewalt der neuen Machthaber. In der Nacht des 25. März 1933 wurde er verhaftet und in die alte Herberge gebracht. Einer der Mithäftlinge berichtete, dass die Nazis Kohn in die Prügelstube schleppten und er dort seine Kleider wenden musste. Anschließend zwangen ihn die Nationalsozialisten, vor dem überhitzten Ofen Freiübungen zu machen. Weil er diese Übungen nicht schön genug machte, wurde er mindestens einmal ausgepeitscht. Der Zeuge berichtete weiter, dass Kohn bei seiner Auspeitschung gebrüllt habe, wie er noch nie ein Tier habe brüllen hören. Dieses Brüllen, so der Zeuge, könne er sein ganzes Leben nicht vergessen. Kohn sei anschließend nur mit einem Hemd bekleidet zu den Mithäftlingen zurückgekehrt. Ein anderer Zeuge berichtete, dass ihn das Grauen gepackt habe, als er die Blutlachen und die Blut- und Kotspritzer am Boden und an den Wänden sah. In dieser Zeit riefen die Coburger Nationalsozialisten zum Boykott von Kohns Geschäft auf. Siegfried Kohn überlebte die schweren Misshandlungen und wurde schließlich entlassen. Er nahm auch den Betrieb seines Unternehmens wieder auf. 1937 verzog er mit seiner Ehefrau in das Haus des jüdischen Viehhändlers Stern in die Mohrenstraße 10. Zu diesem Zeitpunkt fand sich kein „arischer“ Hausbesitzer mehr, der das Ehepaar aufnehmen wollte. Kohn konnte dort sein Geschäft weiterbetreiben. Am 20. Oktober 1938 wurde er in seinem Laden von einem fanatischen Nationalsozialisten erstochen. Die Staatsanwaltschaft teilte dazu mit: „In den gestrigen Mittagsstunden, gegen halb zwei Uhr, wurde der jüdische Kaufmann Siegfried Kohn durch einen bisher noch nicht ermittelten Täter erstochen. Dieser Täter war bereits im Laufe des Vormittags zwischen elf und zwölf Uhr in dem Geschäftsraum des Kohn, um ihm geschäftliche Anerbietungen zu machen. Er ist nach etwa einer Stunde wieder gegangen. Etwa um halb zwei Uhr hörte die Hausangestellte des Kohn laute Hilferufe. Sie eilte zum Geschäftsraum und fand Kohn im Handgemenge mit dem Täter. Kohn wurde von ihm durch mehrere Stiche schwer verletzt. Er konnte sich noch bis zum nächsten Treppenabsatz schleppen, wo er tot zusammenbrach.“ Der Mörder wurde nie rechtlich zur Verantwortung gezogen.
Christiane Margarethe Ender wurde 1883 in Mitwitz als Tochter des Schreinermeisters Julius Jakob und seiner Frau Christiane Margarethe, geb. Jung, geboren. In einer Großfamilie mit sieben Kindern aufgewachsen, arbeitete sie nach Abschluss ihrer schulischen Ausbildung als Dienstmagd. Im Jahr 1904 brachte sie ihre erste Tochter Emilie zur Welt, gefolgt von zwei weiteren Kindern: Dora im Jahr 1909 und Paul im Jahr 1910. Nach dem Tod ihres ersten Ehemanns Paul Richard Naumann im Jahr 1917 heiratete sie 1924 Georg Markus Ender, der jedoch drei Jahre später verstarb. Sie wurde dadurch erneut zur Witwe. Nach dem Tod ihres zweiten Mannes zog Christiane Margarethe Ender nach Coburg, wo sie als Haushaltsangestellte ihren Lebensunterhalt verdiente. Im Jahr 1938 arbeitete sie im Haushalt des jüdischen Ehepaars Kohn in der Mohrenstraße 10. Am 20. Oktober wurde sie Zeugin des Mordes an Siegfried Kohn und erkannte den Täter. Es handelte sich um einen rücksichtslosen Anhänger des NS-Regimes mit engen Verbindungen zur nationalsozialistischen Stadtspitze. Dieses Wissen um den Täter wurde Christiane Margarethe Ender fast zum Verhängnis. Sie geriet selbst in Gefahr, als kurz nach dem Mord sämtliche Gashähne in ihrer Wohnung im Haus Steinweg 26 geöffnet wurden. Durch ihre rechtzeitige Entdeckung überlebte sie den geplanten Mordanschlag und verhinderte eine Gasexplosion, die weitere unschuldige Menschenleben gekostet hätte. Angesichts dieser lebensbedrohlichen Situation floh sie aus Coburg und fand Unterschlupf bei ihrer Schwester Wilhelmine in Zwickau, wodurch sie die NS-Zeit überlebte. Die Nachkriegszeit verbrachte Christiane Margarethe Ender in der Bundesrepublik Deutschland, lebte zwischen 1960 und 1968 in Dinkelsbühl und verstarb schließlich im Jahr 1970 im Alter von 87 Jahren in Wilburgstetten (Ldkr. Ansbach). Ihre Lebensgeschichte blieb jahrzehntelang in der Vestestadt unbekannt und wurde erst im Jahr 2020 durch eine Mitteilung ihrer Nachkommen an die Stadt Coburg öffentlich bekannt.
Anneliese Ludwig kam im Jahr 1913 in Coburg als Tochter des Viehhändlers Nathan Ludwig und seiner Frau Bella, geborene Kahn, zur Welt. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in dieser Stadt. Im Unterschied zu ihrer Schwester Erna Hilde blieb Anneliese Ludwig vorerst bei ihren Eltern. Im Jahr 1936 heiratete sie in Coburg den acht Jahre älteren Kaufmann Willy Oppenheimer aus Bad Wildungen in Hessen. Bald darauf entschied sich das Paar, vor den Bedrohungen des nationalsozialistischen Regimes zu fliehen. Sie verließen im Jahr 1937 Coburg und zogen nach Kolumbien. Dort kam 1939 ihr gemeinsamer Sohn Georg zur Welt. Die Großstadt Popayán wurde zur neuen Heimat für die junge Familie, weit entfernt von den Schrecken des Krieges in Europa und dem Holocaust. Nach dem Tod ihres Mannes kehrte Anneliese Oppenheimer 1961 über New York nach Deutschland zurück. An ihrer Seite war ihr Sohn Georg. Beide ließen sich in Köln nieder, wo Anneliese Oppenheimer erneut heiratete. Es ist nicht bekannt, ob sie jemals ihre Geburtsstadt Coburg wieder besucht hat oder am Grab ihres Vaters auf jüdischen Friedhof am Glockenberg stand. Sie verstarb schließlich 2001 im Alter von 87 Jahren in Köln. Georg Oppenheimer blieb zeitlebens unverheiratet und überlebte seine Mutter um zwölf Jahre. Mit ihm starb der letzte Nachfahre von Nathan und Bella Ludwig.
Erna Hilde Ludwig wurde 1912 in Coburg als Tochter des Viehhändlers Nathan Ludwig und seiner Ehefrau Bella, geb. Kahn, geboren. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend in der Vestestadt. Im Dezember 1934 floh sie im Alter von 22 Jahren vor dem nationalsozialistischen Terror nach Amsterdam. Dort fand sie anfangs ihr persönliches Glück und heiratete 1936 den jüdischen Handelsgehilfen Louis van Koppelen. Bereits im darauf folgenden Jahr wurde ihre gemeinsame Tochter Sara geboren. Das Glück der kleinen Familie währte aber nicht lange. Im Jahr 1940 marschierte die Wehrmacht in die Niederlande ein, und die Nationalsozialisten begannen rasch mit der Umsetzung judenfeindlicher Gesetze. Die jüdische Bevölkerung wurde zunehmend entrechtet, gedemütigt und isoliert. Im Juli 1942 begannen die deutschen Besatzer damit, alle niederländischen Juden zu deportieren. Der Weg führte dabei über das Durchgangslager Westerbork in die Vernichtungslager im Osten. Viele Juden erkannten die drohende Gefahr und tauchten unter, darunter auch die Familie van Koppelen. Am 18. August 1942 wurden sie jedoch von der Polizei aufgespürt und verhaftet. Zwei Tage später erfolgte ihre Deportation ins Lager Westerbork. Mit dem Transport „T 21-8-42“ erreichten sie und 1000 weitere jüdische Gefangene schließlich am 22. August 1942 das Konzentrationslager Auschwitz. Dort wurde die Familie getrennt. Louis van Koppelen wurde als arbeitsfähig eingestuft und musste in den nächsten drei Jahren Zwangsarbeit leisten. Im Jahr 1945 wurde er im Konzentrationslager Bergen-Belsen von der britischen Armee befreit. Erna Hilde van Koppelen und ihre 5-jährige Tochter Sara wurden dagegen als arbeitsunfähig eingestuft und kurz nach ihrer Ankunft in Auschwitz am 23. August 1942 vergast. Ihre Leichen ließen ihre Mörder sofort verbrennen.