Coburg ist reich an zahlreichen Parks und Parkanlagen. Man denke dabei nur an den Hofgarten. Leider sind auch im Laufe der Jahrhunderte auch einige Gärten wieder verschwunden. Dazu gehört auch der so genannte Prinzen- oder Augustengarten am Oberen Bürglass. Dieser befand sich auf dem Gelände des heutigen städtischen Kindergartens (dem ehemaligen Kyrill-Palais) und der Industrie- und Handelskammer (Palais Edinburgh). Schöpfer dieser Anlage war Prinz Friedrich Josias von Sachsen-Coburg-Saalfeld, der letzte Generalfeldmarschall des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Dieser kaufte im Jahre 1794 nach dessen Pensionierung das gegenüberliegende Bürglassschlösschen und baute es im klassizistischen Stil um. Nach Fertigstellung des Schlösschens konnte Friedrich Josias dort einziehen. Allerdings störte ihm der alltägliche Blick von seinem Balkon auf die gegenüberliegenden Gebäude. Diese Häuser waren durch eine Brandkatastrophe im Jahre 1775 nur notdürftig wieder aufgebaut worden und waren kein schöner Anblick. Der Prinz
entschloss sich daraufhin die Grundstücke zu erwerben und daraus eine Gartenanlage zu machen. Endlich, im Jahre 1802 konnte mit dem Abbruch der Gebäude begonnen werden. Auf dem Gelände das bis zum heutigen Schlossplatz reichte, wurden Gemüsebeete, Obstbäume und Beerensträucher angelegt. Dazwischen waren Wege aus Kieselsteinen angelegt worden um dort lustwandeln zu können. Durch die hügelige Form des Geländes sah dieser Park wie ein Steingarten aus. An der Seite zur schwarzen Allee hin, ließ Friedrich Josias eine künstliche Ruine mit Zinnen- und Ecktürmchen und einem versteckten Dach errichten. Warum gerade eine künstliche Ruine? Künstliche Ruinen wurden zunächst als Gestaltungselement in Landschaftsgärten und später auch als Aussichtsturm in der "freien Natur" errichtet. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wandte man sich auch im deutschsprachigen Raum ab vom nun als langweilig erachteten, rationalen Barockpark hin zum emotionalen Landschaftspark. Neben der Anwendung rein gärtnerischer neuer Formen begann man bald,
künstliche Grotten und Wasserfälle sowie Tempel und altertümliche Gebäude (meist Adelssitze bzw. Verteidigungsanlagen) in unterschiedlichen Verfallsstadien nachzubauen. Mit dem Erstarken des Bürgertums und dem Aufkommen der Romantik hielten die künstlichen Ruinen Einzug in die "wirkliche" Landschaft, in der Regel als neugotische Nachbildungen verfallender mittelalterlicher Burgen. Im Zuge der Naturbegeisterung wurden diese Bauwerke nun nicht mehr als vorwiegend private, zweckfreie ästhetische Elemente, sondern als Aussichtstürme an landschaftlich herausragenden Stellen dem Volk gestiftet - anfangs von einzelnen Mäzenen, später von Bürgervereinen und ähnlichen Körperschaften. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden in einer beinahe "Aussichtsturm-Manie" an nahezu jeder sich bietenden örtlichen Gegebenheit Türme und Türmchen, die Mehrzahl von ihnen als künstliche Ruinen. In Coburg wollte man einst auch auf dem Eckardtsberg eine künstliche Ruine errichten. Allerdings fehlten hierzu die finanziellen Mittel, sodass im Coburger Land
nur im Schlosspark Rosenau bei Rödental eine Ruine aus dieser Zeit zu finden ist, die nicht mal künstlich ist, sondern den Rest der ehemaligen Befestigungsanlage der Burg Rosenau darstellt. Doch zurück zum Augustengarten. Neben der Ruine wurde noch eine Wagenremise, das so genannte Kutschenhaus errichtet das auf dem Gelände des Palais Edinburgh stand. Dieses Gebäude war im gleichen Stil wie die Ruine mit Türmchen und Spitzbogen versehen. Lange konnte sich Prinz Friedrich Josias an seinen Garten nicht erfreuen. Er starb 1815. Daraufhin ging der Garten in den Besitz von Herzog Ernst I. der ihn, zusammen mit dem Bürglassschlösschen, seiner Mutter, der Herzoginwitwe Auguste Caroline Sophie überließ. Aus dieser Zeit stammt wohl die Bezeichnung „Augustengarten“. Es ist deshalb anzunehmen das Herzogin Auguste diesen Garten oft benutzt hatte. Der Niedergang der Parkanlage begann mit dem Tode Augustes im Jahre 1831. Während der Bürglaßschlößchen an die katholische Linie des Hauses Coburg ging, blieb der Garten im Besitz von Herzog Ernst I. Dieser hatte allerdings keine Verwendung für eine derartige Anlage. So kam es das während des Umbaus des Stadtschlosses Ehrenburg, der Hofstuckateur
Hofmann in der künstlichen Ruine sein Atelier einrichtete und hier die Ornamente zum inneren Ausbau des Residenzschlosses modellierte und in Gips goss. Nach der Fertigstellung der Ehrenburg wurde es auch hier wieder ruhig. Das endgültige Aus für den Garten kam im Jahre 1847. In diesem Jahr verkaufte Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha das Anwesen am Bürglass an den Coburger Staatsrat Emil Freiherr von Pawel-Rammingen, während der südliche Teil zum Schlossplatz hin, an den Freiherrn von Wangenheim ging. Von Pawel-Rammingen ließ die Anlage einebnen und einreißen und erbaute an der Stelle eine klassizistische Villa, die später unter dem Namen „Kyrill-Palais“ bekannt werden sollte. Doch dies ist eine andere Geschichte. So hat diese Gartenanlage ihr Ende gefunden. Aber wir haben ja noch viele Parks, wie in den Hofgarten oder den Rosengarten, die zu Spaziergängen oder anderen Vorhaben einladen.
Bildnachweise: Bild 1: Der Prinzen- oder Augustengarten nach Emil Maurer. Auf der linken Bildseite ist das Bürglaßschlößchen zu erkennen. Auf der rechten Seite ist hier die ehemalige Stahlhütte zu sehen (Heute steht dort das Landestheater).(Sammlung Boseckert)
Bild 2: Dieses Modell, das im Vorsaal des Schlosses Ehrenburg steht, zeigt deutlich den Standort des Prinzengartens. (hier in der linken Bildhäfte). Rechts ist das Bürglaßschlößchen deutlich zu erkennen. Desweiteren sieht man das Bürglaßtor und die alte Stahlhütte (heute steht dort das Landestheater) (Sammlung Boseckert)
Bild 3: Die heutige Situation des früheren Augustengartens, bebaut durch das Palais Edinburgh und dem Kyrill-Palais (Foto: Christian Boseckert, 2007)
Christian
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Hallo Christian,wieder ein toller Bericht! Zum "Spleen" mit den Ruinen noch ein - wahrscheinlich allen bekanntes - Beispiel: Die Giechburg bei Schgeßlitz. Hier ließ der Bischof von Bamberg die Dächer der voll funktionsfähigen Burg zerstören nur um eben auch eine Ruine vorweisen zu können. Spätere Generationen (bis heute!) versuchten und versuchen zu retten was möglich ist! Wenn der Herr Bischof wenigstens das Geld hierfür hinterlassen hätte...