In diesen Tagen fand auf dem Coburger Marktplatz wieder einmal der alljährliche Zwiebelmarkt statt. Er gilt als der älteste und traditionsreichste Markt in der Vestestadt. Wenn der Markt geöffnet hat, so bieten die hiesigen Bäcker ihren frisch zubereiteten Zwiebelkuchen an, zu dem sie auch einen Federweißen ausschenken. Diese Tradition stammt noch aus dem Mittelalter, als die Bäcker auch Bier und Wein, den sie zum Teil selbst hergestellt hatten, über die Straße verkauften. Aus dieser Tatsache heraus entwickelten sich viele Coburger Gaststätten wie beispielsweise die Loreley oder der „Goldene Hirsch“ in der Judengasse. Doch kommen wir auf die Ursprünge des Zwiebelmarktes zurück. Am 20. März 1466, dem Palmsonntag, brach in der Steinweg-Vorstadt zwischen dem Spitaltor und der Heiligkreuzkirche ein Großfeuer aus, welches der Überlieferung nach über 200 Wohnhäuser in Schutt und Asche legte. Das Feuer brach seinerzeit im Hause Steinweg Nr. 5 (heute Sitz der Hypo-Vereinsbank) aus ungeklärten Umständen aus. Um den Wiederaufbau der Vorstadt schnell voranzutreiben, beschloss der Rat der Stadt Coburg dem damaligen Landesherrn, Herzog Wilhelm III von Sachsen, genannt der Tapfere, zu bitten, einen vierten Jahrmarkt zu genehmigen. Durch die Einnahmen sollte das Geld für den Wiederaufbau gewonnen werden. Wilhelm III bestätigte in einer Urkunde vom 17. April 1466 die Abhaltung von drei Jahrmärkten in Coburg und gewährt ihr „...aufdaß sich die Unsern von Coburg ihres vorgenannten Brandschadens desto besser wieder erholen...“ einen vierten Markt. Dieser sollte entweder vor oder nach dem Feiertag Mariä Geburt am 8. September stattfinden. Dieser Jahr findet er nach dem erwähnten Feiertag statt. Aber anscheinend war dieser Zeitraum schon vorher als Markttag in Gebrauch, denn in der bereits erwähnten Urkunde von 1466 wird dies indirekt erwähnt.Während des 30jährigen Krieges viel der Zwiebelmarkt ab 1633 aus. Erst 1647 wurde er wieder veranstaltet, erstmals unter dem Namen „Zwiebelmarkt“. Später, so scheint es, muss sich der Markt auch in den oberen Teil der Ketschengasse verlagert haben. Es wird nämlich von unzähligen Säcken mit Zwiebeln berichtet, welche die Bürgersteige und Hauseingänge vom Markt bist fast zum Albertsplatz hin versperrten. Ein Durchkommen für Fahrzeuge war da kaum möglich. Feilgehalten wurden die Zwiebeln hauptsächlich von Gärtnern aus Bamberg, Schweinfurt und Hallstadt. Aus diesem Grund werden auch heute noch die Bamberger von den Coburgern als „Zwiebeltreter“ verspottet. Coburg war allein deswegen ein wichtiger Handelspunkt, da nicht nur die Coburger ihren Jahresvorrat an Zwiebeln hier eindeckten, sondern auch die Thüringer, die in Scharen hier die Zwiebeln aufkauften. Für die Kinder gab es zum Zwiebelmarkt etwas ganz besonderes: Das Süßholz zum Lutschen. Daraus wird bis heute auch Lakritze hergestellt. Der Zwiebelmarkt entwickelte sich bis 1945 zum bedeutendsten Jahrmarkt des Jahres. Ein Ereignis soll dies belegen. Am Zwiebelmarkttag des Jahres 1906 kam der deutsche Kaiser Wilhelm II nebst Kaiserin Auguste zur Taufe des Erbprinzen Johann Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha in die Vestestadt. Man wollte dem Monarchen bei einer Stadtrundfahrt nicht zumuten, durch die beengte und zwiebelduftende Ketschengasse zu fahren und beabsichtigte deshalb den Markt kurzfristig auf den Ketschenanger zu verlegen. Ein heftiger Protest erfasste daraufhin die Vestestadt. Schließlich blieb der Markt an Ort und Stelle und dem Kaiser wurde ein volkstümliches Treiben vorenthalten. Ob es damals ein Kaiserwetter gab, berichten die Chroniken nicht. Denn, so will es die Tradition, muss es am Zwiebelmarkt regnen. Erst dann gibt es die sogenannte „Zwiebelbrüh“, eine Art Dauerregen, der vornehmlich in der ersten September-Hälfte niederging. Schließlich sollten zwei Faktoren das Ende des alten Zwiebelmarktes besiegeln. Zum einen vertrieb die einsetzende Motorisierung der Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg den Markt aus der Ketschengasse und zum anderen verlor der Markt dadurch an Bedeutung, dass es möglich wurde, Zwiebeln das ganze Jahr über zu kaufen. So fand der letzte traditionelle Zwiebelmarkt im Jahre 1957 statt. Danach wurden alle Jahrmärkte auf den Gemüsemarkt und in den Unteren Bürglaß verbannt. Der Markt diente fortan vornehmlich als Auto-Parkplatz. Erst Anfang der 1980er Jahre kehrte der Zwiebelmarkt wieder zurück auf den Marktplatz. Dort ist er bis heute geblieben. Seit wenigen Jahren erinnert man sich wieder an die Bedeutung des Zwiebelmarktes, welcher durch Werbemaßnahmen zumindest einen Teil seines alten Glanzes wieder erhalten soll. Wichtig scheint jedoch zu sein, dass der Zwiebelmarkt seine alten Traditionen trotz der Veränderungen der letzten 60 Jahre erhalten hat – und sei es auch nur das regnerische Wetter!
Bildquellen: Ansichtskarte vom Zwiebelmarkt um 1900 mit Markgeschehen von der Ketschengasse (Sammlung Christian Boseckert)
Christian
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Zwiebelmarkt coloriert.jp
Wenn de Wind ueuewe Schtopplfalde schtraicht un dii Kinne dii Schuulranz suchn, de aeescht Drachn zun Himml nauf schtaicht, dou riicht de Cobarche Zwiiwlkuchn!
Wenn auf'n Fald does Kaetofflfeue brennt un dii Baeuera mit iien Hugglkarb jetz haetich in dii Schtadt nai rennt, dann is de Cobarche Zwiiwlmargt!
Wenn dii Leut durch dii Buudn genn un does reechnt scho in de Frueue, blaibt bluues de "Josias" ganz ruuich schtenn in daare Cobarche Zwiiwlbrueue!
Quelle: Oelles hat sai Zait...von Anneliese Huebner