Die Geschichte der Hut- und Mützenfabrik Ehrlich begann bereits 1894 als der aus Römhild stammende Karl Ehrlich im Hause Judengasse 3 das oben genannte Unternehmen gründete. Nach dem Tod des Betriebsgründers übernahm seine Frau Clara 1906 das Geschäft, bis es schließlich in die Hände der beiden Söhne Hermann und Sally Ehrlich überging. Unter deren Leitung wurde die Fabrik zu einem prosperierenden Unternehmen mit Geschäftsverbindungen im gesamten süddeutschen Raum. Dies führte dazu, dass die Firma in immer größeren Betriebsräumen untergebracht werden musste. Nachdem man seit 1908 im Gebäude Judengasse 45 ansässig war, verlegten Hermann und Sally Ehrlich das Unternehmen in den Zinkenwehr, genauer gesagt ins Haus Nr. 39 (heute Sally-Ehrlich-Straße 10), wo die Hut- und Mützenfabrik bis zu deren Auflösung ansässig bleiben sollte.
Insgesamt hatte Karl Ehrlich vier Söhne, Neben Hermann und Sally waren dies Julius Ehrlich, der 1914 auf den Schlachtfeldern von Verdun fiel und Max Ehrlich, der 1919 in der Löwenstraße 17a eine Zahnarztpraxis eröffnete. Die Ehrlichs genossen bei der Coburger Bevölkerung hohes Ansehen. In den Notzeiten der Zwanziger Jahre half das Unternehmen arme, Not leidende Menschen wie das Coburger Volksblatt berichtete: „Die Hut- und Mützenfabrik Karl Ehrlich hat sich in liebenswürdiger Weise bereit erklärt, für verschiedene Kinder von Kriegsbeschädigten und –Hinterbliebenen Mützen kostenlos abzugeben. Die Firma hat sich durch diesen Akt edler Nächstenliebe den Dank vieler Coburger erworben.“ Die Familie Ehrlich waren durchaus liberale Juden und vollkommen in der Coburger Bevölkerung integriert.
Dies änderte sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 grundlegend. Hermann Ehrlichs Tochter Hilde, in deren Klasse auch die Tochter eines hohen Nazi-Funktionärs war, wurde in der Schule schikaniert und diskriminiert. Das ging sogar so weit, dass die Eltern Hilde erst in ein jüdisches Pensionat und dann nach England bringen müssen. Nach der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 wurden Hermann und Sally Ehrlich festgenommen und zusammen mit anderen Juden durch die Stadt getrieben. Hermann kam schließlich nach Hof ins Gefängnis, währenddessen die Coburger Polizei seinem Bruder Sally die Gewerbekarten entzog und damit auch die Hut- und Mützenfabrik schloss. Nur durch den Verkauf des Hauses und die Überweisung des Geldes auf ein Sperrkonto kommt Hermann Ehrlich wieder frei und darf Coburg Richtung England verlassen, wo ihn seine Tochter Hilde bereits erwartete
Sally Ehrlich hingegen blieb in Coburg, da er darauf hoffte, später nachkommen zu können. Doch zu einem „Später“ kam es für ihn nicht mehr. Am 24. April 1942 wurde er als einer der letzten Coburger Juden deportiert und ins Konzentrationslager Majdanek gebracht, wo er ums Leben kam. Das gleiche Schicksal ereilte auch Max Ehrlich, der zwar 1937 nach Frankreich geflohen war, aber dort nach der Besetzung durch die Deutschen ins Konzentrationslager Gurs interniert wurde und ebenfalls ums Leben kam. Einzig Hermann Ehrlich überlebte den Holocaust zusammen mit seiner Tochter und seinem Sohn Carl, der bereits 1938 in die USA auswanderte. Als amerikanischer Besatzungssoldat kehrte Carl Ehrlich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Coburg zurück, wo er als Assistent des Militärgouverneurs die Aufgabe wahrnahm, die Voraussetzungen für eine zivile Verwaltung zu ergründen. Auf seine Initiative hin entschied der Coburger Stadtrat im Jahre 1946 einen Teil des Zinkenwehrs in Sally-Ehrlich-Straße umzubenennen. Am ehemaligen Wohnhaus der Familie wurde zeitgleich, ebenfalls auf Anregung Carl Ehrlichs eine Gedenktafel angebracht, die an das Schicksal seines Onkels und damit stellvertretend auch an das Schicksal der Coburger Juden im Dritten Reich erinnern sollte.