Es gab übrigens 1946 bis 1949 viele Zwischenfälle an der Damarkationslinie im Bereich Rottenbach/Tremersdorf:
1. Bis weit in das Jahr 1946 hinein konnten die Bewohner von Rottenbach fast täglich Schüsse in den östlich der B4 liegenden Wäldern hören, wenn Grenzgänger, Schmuggler oder Flüchtlinge die bereits bestehende Demarkationslinie auf der Werratal-Bahnstrecke von Ost nach West überwinden wollten. Häufig wurden sie von sowjetischen Soldaten gestellt, ausgeraubt, erschossen und verscharrt. Unter anderem wurde von Rottenbacher Bürgern, die wöchentlich die Wälder nach Verschollenen durchsuchten, eine jüngere Frau, vermutlich ehemalige Luftwaffenhelferin, mit ihren beiden 10- und 12jährigen Kindern erschossen aufgefunden. Diese Bluttat konnte 1997, nach über 50 Jahren, durch die Kriminalpolizei Coburg teilweise aufgeklärt und ein Opfer identifiziert werden (siehe CT vom 20.11.1997).
Mein Vater schmuggelte damals fleißig Werkzeuge von Zella-Mehlis über die Demarkationslinie nach Coburg, wurde auch von russischen Soldaten erwischt, musste mehrere Tage deren Pferde pflegen und konnte dann die Flucht ergreifen.
2. Am Abend des 08.03.1946 kam es zwischen Angehörigen des Grenzpostens der Bayerischen Grenzpolizei Rottenbach und sowjetischen Soldaten, die nach Rottenbach eingedrungen waren, zu einem regelrechten Feuergefecht. Erst nach Meldung an die US-Dienststelle in Coburg (Cpt. Northon) und Eintreffen des US-Überfallkommandos konnte der Vorfall bereinigt werden.
3. Ostern 1946 kam es bei Rottenbach zu einer Schießerei zwischen zwei Truppenteilen der Amerikaner und der Sowjets, bei der ein Sowjetsoldat getötet wurde. Sowjetische Soldaten hatten einer US-Streife mit Waffengewalt einen Jeep entwendet. Beiderseits der Damarkationslinie standen sich stundenlang gepanzerte Kräfte gefechtsbereit gegenüber.
4. Am 14.03.1946 kam es zu einem weiteren Zwischenfall, als sowjetische Soldaten mit einem ehemaligen US-Jeep nach Tremersdorf fuhren und unter Waffengewalt einen deutschen PKW des Straßen- und Flußbauamtes Bamberg stahlen. Eine Festnahme durch deutsche Grenzbeamte war nicht möglich. Eine US-Streife nahm die Russen an der Demarkationslinie fest und brachte sie nach Coburg zur Militärregierung.
5. Am 30.04.1946 nachmittags wurden zwei Angehörige des Bayerischen Grenzpolizeipostens Tremersdorf während ihres Streifenganges beim Bahnhof Görsdorf durch 5 russische Soldaten verschleppt. Auf Protest des US-Cpt. Northon wurden die beiden bayerischen Grenzpolizisten gegen 21 Uhr rücküberstellt.
6. Am 06.07.1946 raubten sowjetische Soldaten das bewohnte Stellwerk Görsdorf aus.
7. Am 10.07.1946 wurden zwei Bewohner von Tremersdorf durch sowjetische Grenzposten gezwungen, die Demarkationslinie zu überschreiten, wurden dort "kontrolliert" und wieder zurück geschickt.
8. Am 09.10.1947 überschritten zwei Angehörige der "Deutschen Grenzpolizei der Sowjetzone" unter dem Schutz sowjetischer Soldaten zwischen Rottenbach und Görsdorf die Demarkationslinie und schossen auf Zivilisten (Grenzgänger). Nach Platzverweisung durch die Posten von Tremersdorf zogen sie sich auf ihr Gebiet zurück.
9. Am 10.10.1947 verletzten russische Offiziere bei Neukirchen erneut die Damarkationslinie, um nach Coburg zu fahren und sich mit amerikanischen Offizieren zu treffen.
10. Vorfall mit Georg von Kutzleben.
11. Aufgrund der relativ unklaren Grenzverhältnisse im Bereich der 1961 abgerissene Weihersmühle zwischen Görsdorf, Truckendorf und Tremersdorf gab es in diesem Raum bis 1950 wiederholt Auseinandersetzungen zwischen Sowjets und und Bayerischer Grenzpolizei sowie dem Zollgrenzdienst. Unter anderem wurden mehrfach westdeutsche Beamte durch die Sowjets festgenommen, entwaffnet, und erst nach mehrmaligem Protest an die US-Behörden überstellt. Die Sowjets drangen hierbei bis Tremersdorf vor, wobei sie auf der Suche nach Alkohol und Uhren auch Frauen belästigten und mißbrauchten. Ein 12jähriger Junge wurde auf einem dieser Streifzüge erschossen.
Hier zur Verdeutlichung ein altes Foto der Weihersmühle:

12. (an etwas anderer Stelle im Coburger Land): Am 23.04.1949 wurde eine Drei-Mann-Streife der Grenzpolizei Rodach nördlich Lempertshausen beschossen und verschleppt. Ein westdeutscher Beamter wurde hierbei schwer verletzt und kehrte erst am 03.06.1949 aus Hildburghausen zurück.
Quelle überwiegend: Hans-Jürgen Schmidt: "An der Grenze der Freiheit"