Der Hexenturm war einst ein Bestandteil der alten Stadtbefestigung und bildete bis 1860 zusammen mit der Frohnveste das frühere Gefängnis. Woher kommt aber der Name? Ursprünglich hieß er Kiliansturm, benannt nach Dominicus Nikolaus Kilian, der in der Nähe des Turmes Grundbesitz hatte. Auf dem Isselburg-Stich von 1626 wird er noch als Kiliansturm bezeichnet. Er besaß damals ein Fachwerkobergeschoss und eine kegelförmige Turmhaube. Die Bezeichnung "Hexenturm" kam wahrscheinlich erst nach der Zeit der Hexenverfolgung auf. Könnten seine Mauern sprechen, so würden sie viel erzählen von dem unendlichen Leid unschuldiger Menschen, die man des Umgangs mit dem Teufel und der Hexerei bezichtigte. Man bezeichnete als Hexen Frauen, von denen man annahm, dass sie einen Parkt mit dem Teufel geschlossen hätten, um unter Anwendung von Zaubermitteln den Mitmenschen Schaden zuzufügen. Die planmäßige Hexenverfolgung dauerte etwa von 1400 bis 1700. Der Höhepunkt der Verfolgung war im 17. Jahrhundert erreicht. In Deutschland wurde sie gefördert durch den Papst Innozenz VIII. und die von ihm beauftragten Inquisitoren Institoris und Sprenger, deren "Hexenhammer", verfasst 1486, bald Gesetzbuch in Hexensachen und bis 1669 28mal gedruckt wurde. (Fortsetzung folgt)
Es fanden Hexenprozesse nicht nur in katholischen, sondern auch in protestantischen Ländern statt. Das Fürstentum Coburg machte da keine Ausnahme. Dort erreichten die Verfolgungen zwischen 1612 und 1616 sowie zwischen 1628 und 1632 ihren Höhepunkt. Die Hexenprozessordnung schrieb schließlich den Angeklagten ein besonderes Gefängnis vor. Das war in Coburg der Kiliansturm, der spätere Hexenturm. Hier wurden die Beschuldigen dem "peinlichen" Verhör zugeführt. Die Hinrichtungs- und Verbrennungsstätte lag indes auf dem Glockenberg. Der Weg dorthin führte durch die in der Nähe des jetztigen Steintor gelegene frühere Galgengasse (der steile Weg neben der früheren Gaststätte "Deutsches Eck") und dann am ehemaligen Glockengießerhaus vorbei (heutiges Forstamt) in Richtung Hohe Straße. Der ehemalige Kiliansturm ist in seinen Grundmauern noch erhalten. Bis zum Jahre 1853 konnte man an ihm in einer lateinischen Inschrift lesen, deren Übersetzung lautet: "Damit das Böse durch das rächende Feuer verzehrt werde, ist dieses Haus für die Bösen durch die Stadt erbaut worden." (Fortsetzung folgt)
In den bisherigen Ausführungen war auch von einer Frohnveste die Rede. Die wenigsten Coburger werden wissen, wo sie stand, was sie war und was jetzt an ihrer Stelle steht. Die Frohnveste wurde 1544 als eines der Stadtknechtshäuser erbaut. 1781/82 erfolgte wegen der schlechten Baubeschaffenheit ein Umbau, dem ein jahrelanger Papierkrieg wegen der Notwendigkeit und der Kosten voranging. Schon lange vorher diente sie als Coburger Gefängnis.
Die Frohnveste, ein Fachwerkbau, war Mitte des 19. Jahrhunderts baufällig geworden und als Gefängnis nicht mehr verwendbar. Daher wurde ein neues Gefängnis im Jahre 1862 in der Leopoldstraße gebaut. Nach dem Jahre 1800 hatten es die "Gäste" der Frohnveste leicht, aus ihr zu entkommen, denn die Eisengitter in den Fensterlöchern boten wenig Garantie gegen Ausbruchsversuche. Aber vor 1800 war das Entfliehen mit Gefahren verbunden, denn vor der Frohnveste waren Wassergräben, Teiche und Sümpfe. Diese verschwanden ab 1798, um einer Anlage "für heitere Lustgänge friedlicher Bürger" Platz zu machen. Die Frohnveste selbst wurde nach auf der Auflösung des Gefängnisses abgerissen. An gleicher Stelle wurde das Haus Ernstplatz 1 errichtet. (Fortsetzung folgt)
Was wurde aber nach 1862 aus dem Hexenturm? Er erhielt ein neues Aussehen als komplett steinerner Rundturm mit neugotischen Zinnenabschluss. Daneben entstand das Gebäude der Coburger Sonntagsschule. Als Stiftung besteht diese seit dem 30. Januar 1860, die Schule selbst existiert seit 1894 aber nicht mehr. Bis vor wenigen Jahren war sie noch Eigentümer dieses Hauses. Was war die Sonntagsschule und was veranlasste ihre Gründung? Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war der allgemeine Schulunterricht noch sehr mangelhaft, sodass viele handwerkliche Lehrlinge nach ihrer Schulentlassung sich im Lesen, Schreiben und Rechnen sehr schwer taten. Das Handwerk litt darunter und gab selbst die Anregung zu einer Fortbildung der Lehrlinge. Zwei Männer, der Polizeiinspektor Eberhardt und der Edukationsrat Bagge, der auch das Ernst-Albert-Lehrerseminar ins Leben gerufen hatte, packten das Problem nach Vorbildern in Bamberg und Nürnberg in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts in Coburg erfolgreich an. Es gab auch Gegner der künftigen Schule. Die Kirche bangte um ihren Gottesdienst und die Schuster und Schneider wollten auf die Arbeit ihrer Lehrlinge auch an den Sonntagen nicht verzichten. Doch trotz mancher Widerstände konnte der Unterricht im Mai 1821 beginnen. (Fortsetzung folgt)
Er war kostenlos und erstreckte sich auf Schreiben, Rechnen, Geometrie, Geschichte, Geografie und Singen. Finanziert wurde die Schule, abgesehen von einer geringen Eintrittsgebühr, durch die Armenkasse und durch Spenden. Die ersten Unterrichtsräume waren im nicht heizbaren Rathaussaal und in zwei Klassenzimmern der Ratsschule, später im alten Schießhaus und in der Stadtschule im Steinweglein. Wie aus dem Namen hervorgeht, fand der Unterricht an den Sonntagen vormittags und nachmittags statt, denn an den Werktagen musste gearbeitet werden. In den Anfangsjahren stellten sich die Lehrer, darunter Handwerksmeister, ohne Entgelt zur Verfügung. In vielen Fällen wurde ihre Arbeit durch einen herzoglichen Orden gewürdigt. Die Schülerzahl wuchs in den ersten Jahrzehnten seit Gründung der Schule von Jahr zu Jahr und hatte 1847 die Zahl von 330 Schülern erreicht. Dazu trug eine herzogliche Verordnung bei, wonach ohne erfolgreichen Abschluss der Sonntagsschule kein Lehrling Geselle werden konnte. Damit finden sich hier erste Ansätze des Berufsschulwesens. Alljährlich fanden Abschlussfeiern statt, wobei sehenswerte Lehrlingsarbeiten ausgestellt wurden, wie z. B. Schatullen, Kommödchen, Sporen, Hosenträger von Hirschleder, Uhrengehäuse usw. (Fortsetzung folgt)
Eine Hauptsorge des Vorstands der Sonntagsschule war die Raumnot, sodass der Gedanke an ein eigenes Haus aufkam. Die Auflassung der Frohnveste als Gefängnis brachte die Lösung. Das Gebäude war keine Zierde in der Nähe der 1798 geschaffenen Grünanlagen am heutigen Ernstplatz. Am 22. Januar 1860 bat der Vorstand den Magistrat der Stadt Coburg, das Gefängnis der Sonntagsschule zum Abriss unentgeltlich zu überlassen, um an der gleichen Stelle ein Schulgebäude zu errichten. Die Sonntagsschule hatte die Mittel dazu meist durch Spenden erhalten. Nach längeren Verhandlungen wurde die Schenkungsurkunde am 23. September 1861 unterschrieben. Bereits 1862 konnte das neue Gebäude bezogen werden. Aber schon nach einem Jahrzehnt begann der Abschwung. Das Coburger Schulgesetz von 1874 schränkte die Tätigkeit der Sonntagsschule wesentlich ein. Die Schülerzahl nahm ab und im Jahre 1894 beendete die Sonntagsschule ihre Tätigkeit. Als Stiftung lebte sie trotz vieler Schwierigkeiten weiter und hat das Coburger Handwerk und in Not geratene Handwerker immer wieder unterstützt. (Fortsetzung folgt)
Wenn Mauern sprechen könnten, so würden die des Hauses Ernstplatz 12, welches einst die Sonntagsschule beherbergte, nicht nur von dieser Lehranstalt sondern auch von der Baugewerkschule (der heutigen Hochschule), der Handelsschule, dem Kunstverein, dem Stenografenverein, der Taubstummenlehranstalt und der Handwerkskammer erzählen können. Denn alle diese Institutionen hat es im Laufe der Jahre beherbergt. Aber wohl kein Name ist so schnell in das Bewusstsein der Bevölkerung eingegangen wie der Name "Theater am Hexenturm", obwohl erst seit Beginn der Spielzeit 1979/80 des Landestheaters dort Theater gespielt wurde. Ein Musentempel blieb das Gebäude bis 1985. Danach zogen die Theaterleute in die renovierte Reithalle um. Heute hat das "Stadtbild Coburg" sein Domizil in diesem Haus. Dieser Verein hat sich in den letzten Jahrzehnten um das Aussehen vieler Altstadthäuser und dem Erhalt des innerstädtischen Flairs große Verdienste erworben. (Ende)
Hier zwei Bilder vom Hexenturm mit dem Gebäude der ehemaligen Sonntagsschule.
Der vorhergehende Text hat die Basis in drei Aufsätzen von Ernst Eckerlein. Dies hatten den Titel: Die Frohnveste in Coburg, Das Theater am Hexenturm und Der Hexenturm|addpics|avq-5f-1b4d.jpg,avq-5e-d57f.jpg|/addpics|