Aufgrund meiner Recherchen zur Radrennbahn bin ich unweigerlich auf den Namen "Carl Balzer" gestoßen. Zu erst hier im Forum. Ich hab dann mal nach dem Herrn in der "Coburger Zeitung" gesucht und möchte meine bisherigen Ergebnisse gerne hier mal posten. Wenn ich Neues erfahre, würde ich den Post entsprechend ergänzen.

Kaufmann und Stadtrat August Carl Moritz Balzer, geboren 02.03.1859 in Frankenhain bei Crawinkel (gehörte seit 1826 zum Herzogtum Coburg-Sachsen und Gotha), verstorben am 27.12.1926 um 12 Uhr Mittags, an einem Schlaganfall während einer Stadtverordneten Versammlung.
Seit 09.11.1886 verh. mit Johanne Sophie Luise geb. Weidmann. Der Vater, Ernst Weidmann verstarb 1886. Das Erbe ging an die Mutter Constanze Weidmann über. Zwei Jahre nach der Hochzeit von Sophie und Carl, übernahm Carl das Anwesen Steinweg 14.
Aus der Ehe gingen nach bisherigen Erkenntnissen keine Kinder hervor.

Carl Balzer gründete 1882 seine Firma und verkaufte Fahrräder der Marken Brennabor (zur damaligen Zeit eine der Besten Marken), Wanderer, Opel etc. Später nahm er auch Nähmaschinenteile, sowie Automobilersatzteile und Motoräder ins Sortiment auf.

Die Firma hatte ihren Sitz Anfangs im Oberen Hahnweg 4A, später im Steinweg 12 und 14. Dort befand sich auch die Drechslerei seines späteren Schwiegervaters und Drechslermeisters Ernst Weidmann. Carl Balzer und Ernst Weidmann teilten sich das Ladengeschäft im Steinweg. Auf der linken Seite wurden Schirme verkauft, rechts Fahrräder und Zubehör. Da damals Drechsler die Schirmstöcke aus Holz und Fischbein herstellten (und Weidmann Drechselmeister war), ist davon auszugehen, dass die Schirme auch vom Meister produziert wurden.

• Gemüsemarkt 2, quasi Hinterhaus von Steinweg 12 (ab 1908 Carl Balzer, ab 1926 Sophie Balzer, Witwe) -> hier befand sich die "Mechanische Werkstätte" sowie auch die Tankstelle des Carl Balzer
• Oktober 1915 Anmietung Lagerplatz Schenkgasse 7 (ehem. Dietzsches Anwesen)
• 1880er Jahre Teilnahme an div Radrennen auf Radrennbahnen mit Tricycle (2. und 3. Platzierungen)
• am 01.08.1892 fand der VII. Congress der Allgemeinen Radfahrer Union in Coburg statt
• 25.06.1893 Wahl zum I. Haupt Consul für das Haupt Consulat Thüringen der Allgemeinen Radfahrer Union (ARU)
• Beisitzer Allgemeine Radfahrer-Union 1897 Sitz: Fürth—Nürnberg.
Anmerkung: Vorgänger Verband des heutigen Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Die ARU war der Verband für die einzelnen Fahrer, wogegen die Deutsche Radfahrer Bund (DRU) der Verband für Vereine war. Aus beiden entstand 1919 der BDR.
• 29.04.1897 Balzer, Carl bittet um das Prädikat "Herzoglich Sächsischer Hoflieferant" Archivalien-Signatur: 254 Bestandssignatur: 2-99-4006 Datierung: 29. April 1897 Oberhofmarschallamt Nr. 531, Bl. 315 Coburg
• Stadtrat, Stadtverordneter, Vorsteher und Stellv. Vorsteher (Stadtrat bzw. Stadtratsvorsitzender)
• Verwaltungsmitglied der Städt. Sparkasse
• Vorsitzender (und Gründer?) Radler-Verein-Coburg e.V. von 1884
• 1886 (-1914) Pachtvertrag zw. Carl Balzer und Stadt Coburg über eine größere Wiese am Ketschenanger. Im gleichen Jahr Bau einer Radrennbahn am Ketschenanger, Eröffnungsrennen fand am 30.05.1886 statt
• Mitglied im Radler-Touren Verein 1921 Coburg e.V.
• Mitglied im Coburger Automobil und Motorrad Club - ADAC
• Mitglied im Reichsverband deutscher Mechaniker e.V. Bezirksverein Coburg
• Mitglied in der Vereinigung ehem. Jäger und Schützen Coburg e.V.
• "ersprießliche Tätigkeiten zur Förderung der Fahrrad- und Automobilindustrie, wodurch Coburg auch auswärts auf diesem Gebiete einen guten Ruf erhielt" (aus Gedächtnisrede von Herrn Pfarrer Weiß an der Beerdigung von Carl Balzer)
Anmerkung: Zum Pfingstrennen 1895 stiftete die Firma Adam Opel, Rpsselsheim 50 Mark zu einem Ehrenpreis (Coburger Zeitung vom 16.05.1895) Zum Pfingstrennen 1898 auf der Radrennbahn Coburg (Ketschenanger) haben die Firma Opel in Rüsselsheim und die Deutschen Triumph Fahrradwerke in Nürnberg je einen "prachtvollen Ehrenpreis" gestiftet (Coburger Zeitung vom 23.Mai 1898)
• 19.02.1912 "Ausleihe" seines Mitarbeiter Beck (nein, kein Verwandter von mir ) an König Ferdinand von Bulgarien für Spazierfahrt durch Bausenberg und Rosenau, Mönchrödener Tierpark und Callenberg. "Der Chauffeur Beck der Firma Carl Balzer erhielt vom König eine goldene Krawattennadel."
• Beerdigung am 30.12.1926 3 Uhr nachmittags auf dem südöstlichen Teil des Friedhofs Coburg
• 05.10.1927 Übergang der Firma Carl Balzer an Witwe Sophie Balzer


Bildquelle: coburger-magazin.de


Aus Forenbeitrag von Christian: Das Bild entstand 1925. Zu den Fahrzeugen: Links im Bild ist der Lebküchlermeister Georg Dorn vom Unteren Bürglaß mit seinem Firmenwagen zu sehen (Fabrikmarke Adler, Baujahr 1907). Rechts im Bild ist ein Motorrad, 2 Zylinder V-Motor, Marke Wanderer zu sehen.
Bildquelle: Archiv Rolf Metzner bzw. Link hier aus dem Forum

Bestattungen 1922-1927 _ Coburg-St. Moriz _ Dekanat Coburg _ Landeskirchliches A.png - Bild entfernt (keine Rechte)
Quelle: Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Hier ein Bild der Familiengruft auf dem Coburger Friedhof vom 05.02.2024. Das Grab wurde 1898 von der Familie Balzer für 1500 Mark gekauft. Im gleichen Jahr fand die Umbettung von Ernst und Sophie Weidmann statt. Beerdigt wurden hier später neben Carl Balzer auch seine Frau Sophie. Das Grab wurde 1994 aufgelassen und 2010 einem neuen Besitzer überlassen. Dieser nutzte den alten Grabstein weiter, ließ vorher aber natürlich die alte Gravur entfernen. Auf dem Bild sieht man somit den Original Grabstein.
20240205_132638.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Hier ein paar fast aktuelle (Feb. 2022) Bilder von der Rückseite des Ladens von Carl Balzer. (Eines vom ungefähr selben Standpunkt wie das von 1925):

ez.jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

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Die Tür scheint noch die selbe zu sein, wie damals. Und selbst der aktuelle Baum ist fast identisch mit dem damaligen. Vielleicht ist er´s sogar und hat nur vergessen dicker zu werden.

Diese Tür gehört zu Gemüsemarkt 2. Nach dem Tod von Carl Balzer hat die Witwe den Laden vorne weitergeführt. Alwin Blümig übernahm die Werkstatt hinten (Gemüsemarkt 2) die mind. 1937 dort noch bestand (lt. Eintrag im Adressbuch von 1937). Alwin Blümig war auch Vorsitzender des 1921 gegründeten "Radler Touren Club 1921 Coburg e.V." welcher die "Pflege im Renn-, Saal- und Wanderfahren, sowie Rasenradball" zum Zweck hatte.
Alwin Blümig zog dann mit seiner Werkstatt in die Judengasse 34. Dieses haus wiederum gehörte ab 1908 einem Adolf Gossenberg. Der war zunächst in der Kaserne als Waffenmeister tätig und verkaufte und reparierte dann auch Fahrräder.

AlwinBlümig.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) (aus Coburger Zeitung, Datum unbekannt)
CZ_08041927.jpg - Bild entfernt (keine Rechte) (aus Coburger Zeitung vom 08.04.1927)