Studiert man alte Stadtpläne von Coburg, so stellt man fest, dass früher das Gelände zwischen der Itz von der Judenbrücke bis zur Frankenbrücke und bis hinüber zum Plattenäcker eine große Wiesenfläche war. Auf einem Stadtplan von 1743 wird dieses Gelände als Angerwiese bezeichnet. Die heutigen Straßen „Sonntagsanger“ und „Neuer Weg“ bestanden damals noch nicht. Aber schon während des siebenjährigen Krieges zwischen Preußen und Österreich (1756-1763), wurde der Neue Weg auf Veranlassung des Prinzen Christian Franz von Sachsen-Coburg-Saalfeld angelegt. Dieser war ein Bruder des Prinzen Friedrich Josias, dessen Denkmal auf dem Theaterplatz steht. Christian Franz kämpfte auf der Seite Österreichs, wurde 1758 in Schlesien von den Preußen gefangen genommen und nach Coburg entlassen. Sein Vater, der damals regierende Herzog Franz Josias war zwar im siebenjährigen Krieg neutral, konnte aber die zahlreichen Durchzüge aller möglichen Kontingente durch Coburg nicht verhindern. Die fremden Truppen marschierten meist ohne Halt durch die Vestestadt und quartierten sich in den umliegenden Ortschaften ein. Wahrscheinlich erfolgte der Bau des Neuen Weges in der Absicht, für die weiteren Kriegsjahre die Märsche durch die Stadt nach Möglichkeit zu verhindern. Der Neue Weg erfüllte also ohne Zweifel schon im 18. Jahrhundert die Funktion einer Umgehungsstraße.
Lange blieb der Neue Weg unbebaut. Auf einem Katasterplan von 1860 findet sich gerade ein Wohnhaus, welches an dieser Straße lag. Dieses Gebäude, im Jahre 1856 für den Hoftheaterregisseur Julius Rochow errichtet, steht in veränderter Form heute noch. Es ist das Haus Neuer Weg 6. Damit begann eine neue Ära in der Geschichte dieser Straße. Aus der einfachen Umgehungsstraße, an der Grünflächen, Keller und auch zwei Biergärten lagen, wurde auf einmal eine vornehme Chaussee, mit zahlreichen Villenbauten und einer Lindenallee. Ein Blick ins Adressbuch verrät, wer zur damaligen Zeit im Neuen Weg wohnte. Das waren beispielsweise hohe Militärs, Privatiers oder vermögende Kaufleute. Sie errichteten Villen – eine schöner als die andere. Zwei dieser Wohnsitze stehen heute unter Denkmalschutz nämlich das Gebäude Nr. 5 (1873 für die Generalmajorswitwe Mathilde von Stein erbaut) und Nr. 7 (1889 für den Kaufmann Nikolaus Schörner errichtet). Die prächtigste Villa, das spätere Parkhotel im Neuen Weg Nr. 2, steht allerdings heute nicht mehr. Das vom Berliner Privatier Theodor Köppen im Jahre 1865 errichtete Gebäude, wurde 1978 im Zuge des Ausbaues der Stadtautobahn abgerissen. Das gleiche geschah auch mit der ehemaligen „Wagnersbrauerei“, einer Gaststätte, im Neuen Weg 1. Sie war das letzte Überbleibsel der Bierbrauerei Friedrich Wagner, welche dort von 1864 bis 1896 existierte. Neben ihr gab es noch zwei weitere Brauereien: Die Bierbrauerei Heinrich Grasser (Neuer Weg 11, heute Firma Wein-Schuhmann & Ernst Kühner OHG; existent bis 1917) und die Coburger Hofbräu AG (Neuer Weg 13; existent bis 1982). Es scheint aus heutiger Sicht etwas merkwürdig zu sein, dass hier Brauereien neben hochherrschaftlichen Villen, seit an seit, standen. Aber anscheinend störte sich niemand an Geruch und Lärm.
Im Jahre 1974 begann das dritte Kapitel in der Geschichte des Neuen Weges. Aufgrund der Tatsache, dass die Altstadt und der Markt vom Durchgangsverkehr befreit werden sollte, kam es Überlegungen, eine westliche Umgehungsstraße, an der Stadt vorbei, zu bauen. Für dieses Vorhaben war der Neue Weg geradezu ideal. So beschloss der Coburger Stadtrat den Ausbau des Neuen Weges zu einer vierspurigen Stadtautobahn. Das dabei nicht nur historisch wertvolle Häuser verloren gingen, sondern auch ein Stück Lebensqualität für die Bewohner, muss hier nicht näher erläutert werden. Von der einstigen ruhigen Chaussee war nichts mehr übrig geblieben. Auch die zahlreichen Vorgärten an den Villen, fielen dem Bau der Stadtautobahn zum Opfer.
Zu guter letzt, will ich noch auf die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges auf den Neuen Weg zu sprechen kommen. In den letzten Kriegstagen, im April 1945, wurde durch amerikanischen Artilleriebeschuss das Haus Neuer Weg 9 in Brand gesetzt. Da jedoch an den Itzbrücken Panzersperren aufgerichtet wurden, gelangte die Feuerwehr nicht an den Brandort und das Gebäude fiel dadurch der totalen Zerstörung zum Opfer. Nach dem Krieg errichtete an dieser Stelle die Evangelische Freikirche ein Gotteshaus, welches sie aber vor wenigen Jahren zugunsten einer neuen Kirche im Stadtteil Scheuerfeld, aufgab.
Bildquellen:
Bild 1: Der Neue Weg Anfang der 1970er Jahre (Bildsammlung Stadtarchiv Coburg)
Bild 2: Die Villa Köppen, welche 1978 beim Ausbau des Stadtautobahn abgerissen wurde. (Illustrierte Zeitung Nr. 1472 vom 16. September 1871, gez. B. Strassberger, Sammlung Christian Boseckert).
Bild 3: Der Neue Weg im Jahre 1997 (aus "Stadt verkehrt" in der Lehrerzeitung "die untere anlage".)