Nach der Entlassung von Alfred Sauerteig aus dem öffentlichen Dienst ernannte die US-Militärregierung den Gewerbeschullehrer Eugen Bornhauser am 12. Mai 1945 zum kommissarischen Oberbürgermeister. Warum gerade Bornhauser dieses Amt erhielt ist leicht zu erklären. Zum einem genoss er das Vertrauen der amerikanischen Besatzungsmacht. Er war in der Zeit des Dritten Reiches nie der NSDAP beigetreten und trat auch nicht politisch in Erscheinung. Zum anderen hatten viele Coburger Bürger ihn darum gebeten, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen. Da stellt sich die Frage was für eine Persönlichkeit Professor Bornhauser war? Eugen Bornhauser wurde am 31. Juli 1887 in Waldshut-Tiengen, an der deutsch-schweizerischen Grenze gelegen, geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums studierte er in Karlsruhe auf Lehramt und bestand im Jahre 1908 das Staatsexamen als Gewerbeschullehrer. 1910 folgte er den Ruf des Gewerbeschuldirektors Fritz Dürr nach Coburg zu kommen und dort an dessen Anstalt zu unterrichten. Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges promovierte er im Studienbereich Staatswissenschaft an der Universität Erlangen. Seine Doktorarbeit hatte den Titel: „Die Verfassungsgeschichte von Coburg“. Anscheinend hatte Eugen Bornhauser seine neue Heimat bereits tief ins Herz geschlossen. Von nun an widmete sich Bornhauser mit seiner ganzen Kraft dem Ausbau der Gewerbeschule mit dem Erfolg, dass die Schule im Jahre 1937 ein eigenes Gebäude in der Kanalstraße bekam. Aber auch die persönliche Anerkennung seiner Dienste blieb nicht aus. 1920 wurde er zum Gewerbeoberlehrer befördert. Aufgrund dieser Arbeit besaß er ein
hohes Ansehen in der Coburger Bevölkerung. Als schließlich im Mai 1945 ein neuer kommissarischer Oberbürgermeister gesucht wurde, fiel die Wahl auf Bornhauser. Er wusste, dass er keine leichte Aufgabe übernehmen würde, doch setzte er sich dafür ein, dass viele Härten für die Coburger Bevölkerung gemildert worden sind. So verbesserte sich in seiner Amtszeit die Versorgungslage mit Lebensmitteln. Während im Mai 1945 nach der Lebensmittelzuteilung nur 5,6 kg Brot, 800 Gramm Fleisch und 400 Gramm Fett pro Kopf zur Verfügung standen, erhöhte sich der Anteil pro Person im August 1945 auf: 10 kg Brot; 1,4 kg Fleisch und 400 Gramm Butter. Dazu sollten noch 10 kg Kartoffeln, drei Liter Milch, 62,5 Gramm Käse und 12 Gramm Quark kommen. Gleichzeitig wurde in der Ära Bornhauser durch die Amerikaner zweimal die Ausgangssperre für die Coburger Bevölkerung, die es seit dem Kriegsende gab, reduziert. Zunehmend begann auch die Demokratisierung. Durch Unterstützung der Amerikaner wurden neue Parteien gegründet und ein Stadtausschuss als Vorläufer eines noch zu wählenden Stadtrates gebildet. Aber auch mit Problemen hatte Eugen Bornhauser zu kämpfen. So wurde aufgrund der einsetzenden Entnazifizierungsmaßnahmen ca. 85% der 328 Beschäftigten der Stadtverwaltung entlassen. Einen solchen Aderlaß konnte man nicht ohne weiteres kompensieren. Außerdem stellte die Frage der ehemaligen Zwangsarbeiter, die vorwiegend aus Polen und der Sowjetunion kamen ein großes Problem dar. Sie stahlen Kleidung und Tiere am helllichten Tage und töteten sogar Menschen. So schreibt der Kürschnermeister Max Krahl in sein Tagebuch: „15. Mai 1945: Immer wieder Raub, Mord und Totschlag der Polen an die Zivilbevölkerung“. Selbst die US-Militärpolizei konnte lange Zeit dem nicht Einhalt gebieten. Erst als die Fremdarbeiter wieder in ihre Heimat verbracht worden sind, konnte dieses Problem gelöst werden.
Mit der Zeit war wohl die US-Militärregierung mit der Amtsführung von Eugen Bornhauser unzufrieden. Um seiner Entlassung zuvor zukommen, erklärte er am 19. Dezember 1945 seinen Rücktritt vom Amt des kommissarischen Oberbürgermeisters. Der im Jahre 1946 gewählte, erste Coburger Stadtrat nach dem Krieg, würdigte Bornhausers Leistungen für die Stadt ausdrücklich. Eugen Bornhauser zog sich mit seinem Rücktritt aus der aktiven Politik zurück und arbeite wieder im Schuldienst. 1947 wurde er, inzwischen zum Professor ernannt, Nachfolger seines Mentors Fritz Dürr Direktor der Gewerbeschule, die unter ihm später in Berufsschule umbenannt wurde. Im Jahre 1952 wurde er nach 42jähriger Tätigkeit im Coburger Schuldienst pensioniert. Er hatte auch in seiner fünfjährigen Amtszeit als Berufsschuldirektor in dieser schwierigen Zeit außerordentliches geleistet. Es sei auch erwähnt, das Professor Bornhauser sich in verschiedenen Positionen zum Wohle der Allgemeinheit betätigt hat. So war er von 1945 bis 1947 Vorsitzender der Coburger Landesstiftung, gehörte der Niederfüllbacher Stiftung als deren Mitglied an, war von 1946 bis 1953 Vorsitzender der Gesellschaft für Musikfreunde und beteiligte sich maßgeblich an der Wiederbegründung der Loge „Zur Fränkischen Krone“, die während der Nazizeit verboten wurde. Seinen Ruhestand konnte Eugen Bornhauser leider nicht mehr genießen. Nach langer schwerer Krankheit starb er am 07. November 1957 im Alter von 70 Jahren in Coburg.
Bildquellen:
Bild 1: Professor Eugen Bornhauser (Fotosammlung Stadtarchiv Coburg, Nachlass Walter Schneier)
Bild 2: Wohnhaus von Professor Eugen Bornhauser am Festungsberg (Foto: Christian Boseckert)
Bild 3: Die Coburger Berufsschule in der Kanalstraße, wo Prof. Bornhauser von 1947 bis 1952 als Schuldirektor wirkte. (Sammlung Boseckert)