Coburger Oberbürgermeister - Dr. Eugen Bornhauser (Beitrag vom 10.10.2009)

#1 von Christian , 09.10.2009 09:38

Nach der Entlassung von Alfred Sauerteig aus dem öffentlichen Dienst ernannte die US-Militärregierung den Gewerbeschullehrer Eugen Bornhauser am 12. Mai 1945 zum kommissarischen Oberbürgermeister. Warum gerade Bornhauser dieses Amt erhielt ist leicht zu erklären. Zum einem genoss er das Vertrauen der amerikanischen Besatzungsmacht. Er war in der Zeit des Dritten Reiches nie der NSDAP beigetreten und trat auch nicht politisch in Erscheinung. Zum anderen hatten viele Coburger Bürger ihn darum gebeten, diese schwierige Aufgabe zu übernehmen. Da stellt sich die Frage was für eine Persönlichkeit Professor Bornhauser war? Eugen Bornhauser wurde am 31. Juli 1887 in Waldshut-Tiengen, an der deutsch-schweizerischen Grenze gelegen, geboren. Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums studierte er in Karlsruhe auf Lehramt und bestand im Jahre 1908 das Staatsexamen als Gewerbeschullehrer. 1910 folgte er den Ruf des Gewerbeschuldirektors Fritz Dürr nach Coburg zu kommen und dort an dessen Anstalt zu unterrichten. Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges promovierte er im Studienbereich Staatswissenschaft an der Universität Erlangen. Seine Doktorarbeit hatte den Titel: „Die Verfassungsgeschichte von Coburg“. Anscheinend hatte Eugen Bornhauser seine neue Heimat bereits tief ins Herz geschlossen. Von nun an widmete sich Bornhauser mit seiner ganzen Kraft dem Ausbau der Gewerbeschule mit dem Erfolg, dass die Schule im Jahre 1937 ein eigenes Gebäude in der Kanalstraße bekam. Aber auch die persönliche Anerkennung seiner Dienste blieb nicht aus. 1920 wurde er zum Gewerbeoberlehrer befördert. Aufgrund dieser Arbeit besaß er ein

hohes Ansehen in der Coburger Bevölkerung. Als schließlich im Mai 1945 ein neuer kommissarischer Oberbürgermeister gesucht wurde, fiel die Wahl auf Bornhauser. Er wusste, dass er keine leichte Aufgabe übernehmen würde, doch setzte er sich dafür ein, dass viele Härten für die Coburger Bevölkerung gemildert worden sind. So verbesserte sich in seiner Amtszeit die Versorgungslage mit Lebensmitteln. Während im Mai 1945 nach der Lebensmittelzuteilung nur 5,6 kg Brot, 800 Gramm Fleisch und 400 Gramm Fett pro Kopf zur Verfügung standen, erhöhte sich der Anteil pro Person im August 1945 auf: 10 kg Brot; 1,4 kg Fleisch und 400 Gramm Butter. Dazu sollten noch 10 kg Kartoffeln, drei Liter Milch, 62,5 Gramm Käse und 12 Gramm Quark kommen. Gleichzeitig wurde in der Ära Bornhauser durch die Amerikaner zweimal die Ausgangssperre für die Coburger Bevölkerung, die es seit dem Kriegsende gab, reduziert. Zunehmend begann auch die Demokratisierung. Durch Unterstützung der Amerikaner wurden neue Parteien gegründet und ein Stadtausschuss als Vorläufer eines noch zu wählenden Stadtrates gebildet. Aber auch mit Problemen hatte Eugen Bornhauser zu kämpfen. So wurde aufgrund der einsetzenden Entnazifizierungsmaßnahmen ca. 85% der 328 Beschäftigten der Stadtverwaltung entlassen. Einen solchen Aderlaß konnte man nicht ohne weiteres kompensieren. Außerdem stellte die Frage der ehemaligen Zwangsarbeiter, die vorwiegend aus Polen und der Sowjetunion kamen ein großes Problem dar. Sie stahlen Kleidung und Tiere am helllichten Tage und töteten sogar Menschen. So schreibt der Kürschnermeister Max Krahl in sein Tagebuch: „15. Mai 1945: Immer wieder Raub, Mord und Totschlag der Polen an die Zivilbevölkerung“. Selbst die US-Militärpolizei konnte lange Zeit dem nicht Einhalt gebieten. Erst als die Fremdarbeiter wieder in ihre Heimat verbracht worden sind, konnte dieses Problem gelöst werden.


Mit der Zeit war wohl die US-Militärregierung mit der Amtsführung von Eugen Bornhauser unzufrieden. Um seiner Entlassung zuvor zukommen, erklärte er am 19. Dezember 1945 seinen Rücktritt vom Amt des kommissarischen Oberbürgermeisters. Der im Jahre 1946 gewählte, erste Coburger Stadtrat nach dem Krieg, würdigte Bornhausers Leistungen für die Stadt ausdrücklich. Eugen Bornhauser zog sich mit seinem Rücktritt aus der aktiven Politik zurück und arbeite wieder im Schuldienst. 1947 wurde er, inzwischen zum Professor ernannt, Nachfolger seines Mentors Fritz Dürr Direktor der Gewerbeschule, die unter ihm später in Berufsschule umbenannt wurde. Im Jahre 1952 wurde er nach 42jähriger Tätigkeit im Coburger Schuldienst pensioniert. Er hatte auch in seiner fünfjährigen Amtszeit als Berufsschuldirektor in dieser schwierigen Zeit außerordentliches geleistet. Es sei auch erwähnt, das Professor Bornhauser sich in verschiedenen Positionen zum Wohle der Allgemeinheit betätigt hat. So war er von 1945 bis 1947 Vorsitzender der Coburger Landesstiftung, gehörte der Niederfüllbacher Stiftung als deren Mitglied an, war von 1946 bis 1953 Vorsitzender der Gesellschaft für Musikfreunde und beteiligte sich maßgeblich an der Wiederbegründung der Loge „Zur Fränkischen Krone“, die während der Nazizeit verboten wurde. Seinen Ruhestand konnte Eugen Bornhauser leider nicht mehr genießen. Nach langer schwerer Krankheit starb er am 07. November 1957 im Alter von 70 Jahren in Coburg.

Bildquellen:
Bild 1: Professor Eugen Bornhauser (Fotosammlung Stadtarchiv Coburg, Nachlass Walter Schneier)
Bild 2: Wohnhaus von Professor Eugen Bornhauser am Festungsberg (Foto: Christian Boseckert)
Bild 3: Die Coburger Berufsschule in der Kanalstraße, wo Prof. Bornhauser von 1947 bis 1952 als Schuldirektor wirkte. (Sammlung Boseckert)


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RE: Coburger Oberbürgermeister - Dr. Eugen Bornhauser (Beitrag vom 10.10.2009)

#2 von Weinwanderer , 09.10.2009 20:16

Hallo Christian, das scheint mir in guter und wohl abgewogener Bericht zu sein. War sein Nachfolger dann schon Dr. Langer?
Ich glaube, manche Coburger Persönlichkeiten, vor allem aus der ersten Hälfte des etzten Jahrhunderts sind schwieriger zu würdigen.Besonders gilt das etwa für Herzog Carl Eduard. Ob sich da wohl jemand heranwagt? Einfacher wäre es bestimmt, über seine Gemahlin Viktoria Adelheid etwas zu schreiben.
Gruß
Helmut

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RE: Coburger Oberbürgermeister - Dr. Eugen Bornhauser (Beitrag vom 10.10.2009)

#3 von Christian , 10.10.2009 10:02

Hallo Helmut,
nach Eugen Bornhauser folgte der SPD-Politiker Ludwig Meyer als Oberbürgermeister nach. Seine Amtszeit endete 1948. Danach kam erst Walter Langer.

Einen Aufsatz von einer DINA-4-Seite über Carl Eduard zu schreiben ist nahezu unmöglich. Dazu ist Carl Eduard eine zu komplexe Persönlichkeit. Man möge sich das nochmal vor Augen führen: Carl Eduard war ein gebürtiger Brite, dessen Weg zum Nationalsozialismus führt. Dazu ist erstmal wichtig, was Carl Eduard für ein Mensch war oder umgangssprachlich gesprochen, wie hat er getickt? Bereits in den 1960er Jahren hat der damalige Vorsitzende der Historischen Gesellschaft Dr. Eugen Priesner eine Biografie über Carl Eduard herausgebracht. Eben dieser Wandlung ist es geschuldet, das die Person Carl Eduard immer noch stark polarisiert. Einen ausgewogenen und neutralen Aufsatz über den letzten Herzog hat Harald Sandner in seinem Buch "Das Haus Sachsen-Coburg und Gotha 1826 bis 2001" verfasst. Letzteres ist als Einstieg in das Thema gut geeignet.

Gruß
Christian

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RE: Coburger Oberbürgermeister - Dr. Eugen Bornhauser (Beitrag vom 10.10.2009)

#4 von Weinwanderer , 10.10.2009 18:07

Hallo Christian,
Dank für die Informaton. Dass man hier keine umfassende Arbeit über Carl Eduard verfassen kann, ist mir schon klar.Ich wollte halt den Namen mal antippen.
Das Buch von Dr. Priesner habe ich vor Jahren schon gelesen. Es erschien mir schon arg schönfärberisch.
Wahrlich schwer zu verstehen ist, wie der Brite C.E. zu einem so glühend deutsch-national Gesinnten werden konnte. Immerhin war sein Herkunftsland in zwei Kriegen Kriegen Gegner Deutschlands. Und in der Zwischenzeit waren Deutschland und England ja auch nicht gerade befreundet. C.E. müße eigentlich in erheblichen Loyalitätskonflikten sich befunden haben.Man hätte strengste Zurückhaltung und nicht intensive Unterstützung des NS-Regimes von ihm erwarten können.Merkwürdig.
Was mir noch auffiel ist, dass zu der Frage von Norbert, was denn nun die "Verbrechen" von C,E. gewesen seien, eigentlich unbeantwortet im Raum stehen blieb.
Dass C.E. polizeilich gesuchten Mitgliedern der Organisaton Consul um 1920 Unterstützung zuteil werden ließ, ist doch als Tatsache unstreitig?
Gruß
Helmut

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RE: Coburger Oberbürgermeister - Dr. Eugen Bornhauser (Beitrag vom 10.10.2009)

#5 von Christian , 10.10.2009 18:43

Letztere Aussage ist nicht ganz korrekt. Sandner schreibt dazu: "Nach dem gescheiterten Kapp-Putsch (Berlin, März 1920) bietet Carl Eduard dem am Putsch beteiligten Chef der Birgarde Ehrhardt, Kapitän Hermann Ehrhardt, auf der Veste Coburg Unterschlupf (in den Kasematten der Burg werden auch Waffen versteckt). Nachdem die Brigade Ehrhardt von der Reichswehr aufgelöst wurde (war so im Oktober 1920), gründete Erhardt mit einigen seiner Getreuen die Organisation "Consul", die für zahlreiche politische Attentate (Bsp.: Erzberger, Scheidemann, Rathenenau) verantwortlich war.

Über die Coburger Historiker vor 1990 muss man sagen, dass sie allgemein das Herzogshaus immer etwas in einem schöneren Licht und etwas überhöht darstellten. Da wurden negative Dinge ignoriert (Scheidung von Ernst I. und Herzogin Luise, die unehelichen Kinder Ernsts II. etc. etc.) Heute sieht man das anders. Man stellt sie heute als normale Menschen dar, die in ihrer Zeit lebten.

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RE: Herzog Carl Eduard

#6 von faraway , 10.10.2009 22:47

In bezug auf C.E. denke ich folgendes:

Erstens, war er, wie Christian ganz richtig ueber Mitglieder des Herzoghauses sagt, ein Mensch seiner Zeit.

Zweitens, was es einen etwaigen Zwiespalt seiner Loyalitaeten angeht: Hat man in Coburg wirklich vergessen das C.E. als ganz junger Mensch (15jaehrig) nach Deutschland gebracht wurde und das er dort, noch dazu unter der Ueberwachung des Kaisers, nach deutschem Denken fuer seine kommende Stellung als Oberhaupt des Herzoghauses erzogen wurde? Gewiss, zu der Zeit der NSDAP hatte er schon abgedankt, nicht aus freier Wahl, sondern weil die Monarchie abgeschafft wurde, aber.... man sollte sich mal ueberlegen wie die Bevoelkerung u. die Regierung einer Stadt, die zu jener Zeit schon einen, eindeutig auf der Seite der Nazipartei stehenden Stadtrat hatte, wohl reagiert haette, wenn er sich auf die Gegenseite gestellt haette!

Gibt es denn ausser einer kleinen Anzahl von Personen im Forum wirklich niemanden der sich diese damalige Situation richtig vorstellen kann und fuer die Menschen von damals Verstaendnis aufbringen koennte? Das C.E. sich in einem ganz scheusslichen seelischen Zwiespalt befunden hat, duerfte wohl nicht extra erwaehnt werden muessen. Ich finde er hat sich, den gegeben Umstaenden nach, genau so verhalten wie es von ihm erwartet wurde, wie viele andere auch. Weshalb er ja wohl auch nicht als Kriegsverbrecher verurteilt sondern als "Nur Mitlaeufer" beurteilt wurde.



 
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RE: Herzog Carl Eduard

#7 von Jürgen , 11.10.2009 13:05

Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen, die sich früher nie mit Geschichte befasst haben und erst recht nicht mit der Zeit nach 1918, den Schwachsinn der wielfach verzapft wird nur "nachlabern"!! Wäre CE zum Gegenteil übergegangen (Kommunismus usw.) würden ihn heute viele "in den Himmel heben". Aber das war Gott sei Dank nicht der Fall. Und was ist schlimm daran, Vertreter des SRK in Deutschland zu sein? Oder sollte Humanität heute nicht mehr gefragt sein? Und wenn sich heute manche Briten über ihn aufregen, dann sollten sie doch mal Fotos aus der Zeit vor dem WK II anschauen! Mir ist da ein Bild in Erinnerung, auf dem ein Umzug (nach meiner Erinnerung ein Trauerzug) zu sehen ist, auf dem als einziger CE in Wehrmachtsunkform und Stahlhelm teinehmen musste, da man ihm andere Kleidung verwehrte. Alle anderen trugen ihre altn Traditionsunformen, nur CE durfte diea nicht. Ein Affront sondersgleichen!! Denn immerhin war er ja auch ein Spross der königlichen Familie und wurde wie ein Aussätziger behandelt! Gentlemanlike??


LG
Jürgen

... unser Coburg ist doch einzig schön ...

Jürgen  
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RE: Herzog Carl Eduard

#8 von Feldwebel M , 11.10.2009 14:07

Lieber Jürgen,

daß mit dem "nachlabern" trifft den Nagel auf den Kopf. Du hast vollkommen Recht. Von denen die jetzt schimpfen, möchte ich gerne denjenigen mal fragen, was sie damals gemacht hätten. Wer ohne Schuld ist werfe jetzt den ersten Stein !

Grüße Fw M


 
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zuletzt bearbeitet 11.10.2009 | Top

RE: Herzog Carl Eduard

#9 von Gast , 11.10.2009 14:17

Zitat von Feldwebel M
Lieber Jürgen,

daß mit dem "nachlabern" trifft den Nagel auf den Kopf. Du hast vollkommen Recht. Von denen die jetzt schimpfen, möchte ich gerne denjenigen mal fragen, was sie damals gemacht hätten. Wer ohne Schuld ist werfe jetzt den ersten Stein !

Grüße Fw M



RE: Herzog Carl Eduard

#10 von faraway , 11.10.2009 16:42

Zitat von Feldwebel M
Lieber Jürgen,
daß mit dem "nachlabern" trifft den Nagel auf den Kopf. Du hast vollkommen Recht. Von denen die jetzt schimpfen, möchte ich gerne denjenigen mal fragen, was sie damals gemacht hätten. Wer ohne Schuld ist werfe jetzt den ersten Stein !
Grüße Fw M



GENAU!!!

Angelika

 
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Coburger Künstler - Die Theatermaler Brückner (Beitrag vom 06.11.2009)



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