Vom Bäckergesellen zum Professor und Hofrat – die ungewöhnliche Karriere eines außergewöhnlichen Talents. Der in geborene Theatermaler Max Brückner ist gemeinsam mit seinem Bruder Gotthold der gefragteste Bühnenbildner an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert in Deutschland. Zu den Auftraggebern der Malerfamilie gehören zum Beispiel Richard Wagner und König Ludwig II. von Bayern. Die Malerfamilie der Brückner weist seit 1700 eine lange Reihe von Tünchermeistern und Malern auf. Das Salzburger Land ist das Heimatland der urgroßmütterlichen Ahnen der Brückner, die ihre Heimat wegen ihres evangelischen Glaubens verlassen mussten. Heinrich Brückner, der Vater von Max Brückner, wurde 1805 in Coburg geboren und starb hier im Jahre 1892. 1833 trat er in den Dienst des Coburger Hoftheaters, wo er jahrelang als Theatermaschinist, als Chorsänger und auch als Theatermaler tätig war. Er wird in den Akten des Hoftheaters als ein talentierter Künstler bezeichnet, dessen Hauptleistung die von ihm im Jahre 1854 gemalte Einrichtung
des „Thannhäuser“ darstellt. Es bedeutete nach dem Misserfolg Richard Wagners in Dresden im Jahre 1845 ein Wagnis, wenn Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha die Oper sowohl in Coburg als auch in Gotha aufführen ließ. Großen Anteil am Erfolg in beiden Theatern hatten die Ausstattung und die Dekoration von Heinrich Brückner. Dieser vererbte seine künstlerische Begabung an seine beiden Söhne Max und Gotthold. Max Brückner, der schon am 14. März 1836 in Coburg im Hause Ketschengasse 14 geboren wurde, besuchte bis zu seinem 14. Lebensjahr die Ratsschule hinter der Moritzkirche. Schon als Junge hegte er den Wunsch, Landschaftsmaler zu werden, aber sein Vater, der auf dem Standpunkt stand, ein Handwerk habe immer festen Boden, gab in die Lehre bei einem Coburger Bäckermeister. Aber die Lust und Liebe zur Malerei waren schließlich stärker als der Gehorsam gegen die Eltern. Um seinen Vater umzustimmen, half Max ihm in seiner Freizeit eifrig bei den Malerarbeiten für die „Stumme von Portici“. Das brachte dem
jungen Brückner auch Lob und finanzielle Anerkennung des damaligen Theaterintendanten von Wangenheim ein. Endlich konnte der 18jährige junge Maler zur Ausbildung als Landschaftsmaler nach München fahren. Die ersten Bilder von einer Studienreise nach Tirol erwarb Herzog Ernst II. Nach zwei Jahren kehrte der junge Brückner nach Coburg zurück und arbeitete kurze Zeit im Atelier seines Vaters. Eines Tages erbat Intendant von Wangenheim von Max Brückner eine Studienmappe, um sie dem Herzog vorzulegen. Dieser wurde von da an ein väterlicher Freund des jungen Malers und legte ihm nahe, sich nicht nur der Landschaftsmalerei, sondern auch der Theatermalerei zu widmen. Dem Herzog war bekannt, dass die englische Bühnenbildkunst der deutschen weit überlegen war und schickte deshalb im Jahre 1858 den jungen Künstler nach London, wo er auf Anordnung des Prinzgemahls Albert Zutritt zu allen Ateliers und Bühnen hatte. Nach Beendigung seiner Londoner Studien kam Brückner für ein Jahr nach Berlin zu dem Theatermaler Gropius,
bei dem er das letzte Rüstzeug für sein späteres Schaffen erwarb. Im Jahre 1862 malte der junge Künstler in Köln die Ausstattung für den „Faust“ mit so großem Erfolg, dass man ihn dort fest anstellen wollte. Das verhinderte Herzog Ernst II. und gewann Max Brückner für seine Bühnen in Coburg und Gotha. Dieser erhielt im Jahre 1865 den Titel „Hofmaler“. Was aber noch wichtiger war, der Hofmaler hatte freie Hand für künstlerisches Schaffen auch an auswärtigen Bühnen. Die Folge davon war, dass Max Brückner zusammen mit seinem Bruder Gotthold in der Rodacher Straße 11 (jetzt Omnibus-Gevers) Anfang der 1870er Jahre ein Atelier für künstlerische Bühnengestaltung gründete. Das Jahr 1874 war ein Markstein im Schaffen der Gebrüder Brückner. So traf am 1. Dezember Richard Wagner mit seiner Ehefrau Cosima in Coburg ein und suchte die damals schon berühmten Künstler Brückner auf. Er und seine Gattin Cosima waren begeistert von den bereits fertig gestellten Dekorationen für den „Ring der Nibelungen“. Wagner sagte dazu:
„Ihr sollt mir ganz neue Skizzen zum „Ring“ entwerfen, in denen Ihr Euern Intentionen frei folgen könnt, denn Ihr versteht mich und ich bedarf Euer.“ Nach dem Tode Wagners im Jahre 1883 waren Max und Gotthold Brückner nach jahrelang Helfer und Berater der Frau Cosima in Bayreuth. So ist nicht zuletzt dem Drängen von Max Brückner zu verdanken, dass die Festspiele in Bayreuth nach Wagners Tod fortgesetzt wurden. Aus der Coburger Werkstätte gingen außerdem noch rund 40 Jahre lang die Dekorationen nach Bayreuth, aber auch in allen anderen namhaften Theatern auf der Welt z. B. nach New York, Zürich oder St. Petersburg waren die Brückner´schen Kunstwerke zu bestaunen. Die Dekorationen waren historische Treue und trugen allen Regiemöglichkeiten der Kulissenbühne Rechnung. Das Publikum war begeistert von den Bühnenbildern der Gebrüder Brückner. Die Weltruf genießende Bühnenmalerei von Max und Gotthold Brückner hat dem Namen Coburg seinerzeit große Ehre verschafft. Das Schicksal wollte es, dass den fast 80jährigen Max Brückner das Augenlicht verließ. Er starb am 2. Mai 1919 und fand auf dem Friedhof von Coburg in einer Gruft seine letzte Ruhestätte. Der acht Jahre jüngere Bruder Gotthold Brückner (geboren am 1. April 1844) war nicht minder begabt wie sein Bruder Max. Er studierte in Weimar und an der Wiener Akademie der Bildenden Künste. Im gemeinsamen Atelier ergänzten sich beide Brüder in hervorragender Weise. Bei einem Jagdunfall war Gotthold Brückner schwer verletzt worden und starb an dessen Folgen am 11. November 1892. Heute erinnert an diese bedeutende Künstlerfamilie eine Gedenktafel an deren Wohnhaus in der Ketschengasse.
Bildquellen:
Bild 1: Die Gebrüder Brückner (Fotosammlung HG Coburg)
Bild 2: Das Wohnhaus der Familie Brückner in der Ketschengasse (Foto: Christian Boseckert, 2006)
Bild 3: Die Brückner´schen Theaterwerkstätten in der Rodacher Straße (Foto: Christian Boseckert, 2007)