Freiherr Ferdinand Martin von Rast (Beitrag vom 13.02.2010)

#1 von Christian , 12.02.2010 09:56

Vielen werden die Begriffe „Raststraße“ und „Freiherr-von-Rast-Schule“ bekannt sein. Wer sich jedoch hinter dieser Person verbirgt, wissen nur wenigsten Coburger. Der ursprüngliche Zuname des Freiherrn Ferdinand Martin von Rast lautete Liebmann. Dieser wurde am 28. Januar 1781 in Berlin als der Sohn eines reichen jüdischen Handelsherrn geboren. Ihm wurde eine vielseitige sorgfältige Erziehung zuteil, die ihn zur Leitung der Niederlassung des väterlichen Handelsunternehmens in Hamburg vorbereitete. Als junger Mann unternahm er zahlreiche geschäftliche Reisen in Europa, lernte Land und Leute und dabei auch viele menschliche Schicksale kennen. Das war vielleicht bestimmend für sein späteres menschenfreundliches Wohltun. Ein Schlüsseljahr in seinem Leben war bestimmt das Jahr 1805. Er erwarb zum einen in Hamburg das Bürgerrecht, zum anderen ließ er sich in Halle / Saale evangelisch taufen. Nach der Schlacht von Jena und Auerstedt im Jahre 1806, die viele Menschen in Angst und Schrecken versetzte, zeigte er

Organisationstalent und Besonnenheit. Er übersiedelte nach Prag, nahm seine großen Vorräte an Garn und seine reichlichen Geldmittel mit. Die Kontinentalsperre Kaiser Napoleon I. von Frankreich, die gegen den Handel mit Großbritannien gerichtet war, umging er durch Zufuhren über Triest im heutigen Italien. Bald beherrschte er den Garnmarkt in Böhmen und erwarb sich durch geschickte Spekulationen ein beträchtliches Vermögen. 1807 verlegte er seinen Wohnsitz nach Wien. Dort heiratete er Johanna Sonnefeld, die Tochter eines Hofrates. Das Paar bewohnte das Palais des Fürsten Esterhazi. Das große prunkvolle Gebäude hatte Ferdinand Martin Liebmann vorher käuflich erworben. Die Ehe wurde nach 12 Jahren geschieden. Mit Frauen hatte er trotz seines Vermögens kein Glück. Auch spätere eheliche Beziehungen scheiterten. Als er ins gesetzte Alter kam, hatte er kein Verlangen mehr nach Frauen. 1837 löste er schließlich seinen Wiener Haushalt auf. Nicht nur mit seiner Familie, auch mit der Stadt Wien gab es Ärger, hatte er doch 26.000 Gulden Strafe

wegen angeblich unrichtiger Angabe seines Vermögens zahlen müssen. Liebmann zog nach Florenz, kaufte einige Villen und Paläste und setzte seine Spekulationen fort. Seine Bestrebungen, in Wien und in Florenz für das Gemeinwohl tätig zu sein, scheiterten an der Gleichgültigkeit der maßgebenden Personen. 1828 kaufte er die Herrschaft Faal in der Steiermark mit Hammerwerken und Eisengruben. Bereits 1829 bereitete er seine Übersiedlung nach München vor. Dort äußerte er den Wunsch, eine Nationalbank unter seiner Leitung ins Leben zu rufen. Er kaufte das Wornzofische Palais das er aber an König Ludwig I. abtrat, als er hörte, dass dieser darauf ein Auge geworfen hatte. Dieser Verzicht zu Gunsten des Monarchen war vielleicht die Ursache, dass er dafür in den Bayerischen Adelsstand erhoben wurde. Der Titel Freiherr von Rast bezieht sich auf das Dorf Rast in der Herrschaft Faal. Freiherr von Rast hat mehrere Male Coburg besucht. Anlässlich eines Aufenthaltes im Jahre 1832 wurde er zum herzoglichen Kammerherrn ernannt.

Möglicherweise spielte dabei Geld auch eine Rolle. Seinen endgültigen Wohnsitz in Coburg nahm der Freiherr im Jahre 1859. Er hat zuletzt in keinem Palast, sondern in einer schlichten Wohnung in der Gymnasiumsgasse 6 gewohnt. Hier starb er am 14. Dezember 1863 im Alter von 82 Jahren. Sein Grab existiert nicht mehr, wohl aber sein Grabdenkmal im unteren Teil unseres Friedhofes in der Nähe des herzoglichen Mausoleums. Am 13. Juni 1861 errichtete Rast eine für Coburg bedeutungsvolle Stiftung, nämlich die sogenannte Freiherr-von-Rast´sche Stiftung. Der Hauptzweck der Stiftung war, Söhne armer Eltern, die Handwerker werden wollten, bei tüchtigen Lehrherrn unterzubringen und das Lehrgeld für sie zu bezahlen. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass früher die Lehrlinge, bzw. deren Eltern, Lehrgeld in beträchtlicher Höhe an den Lehrherrn zahlen mussten. Daher wurde 1892 die in Verbindung mit der Baugewerkschule gegründete gewerbliche Fachschule durch Zuschüsse aus der Rast´schen Stiftung unterhalten.

Diese Schule wurde schließlich 1909 zur Rast´schen Gewerbeschule umgebildet. Aus ihr entwickelte sich die in der Kanalstraße befindliche Freiherr-von-Rast-Berufsschule. In der Stiftungsurkunde bestimmte Rast auch größere Zuwendungen für das im Jahre 1862 errichtete Landkrankenhaus in der Allee. In Legaten bedachte er die evangelische Kirche in Coburg, den israelitischen Frauenverein in München, die Gewerbewitwenkasse sowie den Frauenverein in Coburg. Für die jeweiligen Verwalter ergaben sich schwierige Aufgaben bei der Regelung der Stiftung, die sich fast 20 Jahre hinzogen, galt es doch, nicht nur die Ansprüche der Hinterbliebenen zu klären, sondern auch Außenstände in Österreich und Italien einzuziehen. Die Folgen zweier Weltkriege, der Inflation und der Währungsreform haben das Stiftungskapital arg zusammenschrumpfen lassen. Immerhin beträgt es noch gegenwärtig knapp 20.000 Euro. Die Zinsen werden als Prämien für fleißige Berufsschüler verwendet. Es war eine Ehrenpflicht für die Stadt Coburg, dem Stifter nicht nur zu danken, sondern ihn auch gebührend zu ehren. Der Magistrat verlieh ihm 1861 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Coburg. Am 100. Geburtstag des Stifters gedachte die Stadt in besonderer Weise ihres Wohltäters. Am Hause Gymnasiumsgasse 6 wurde am 28. Januar 1881 eine Gedenktafel zu Ehren des Freiherrn von Rast in schwarzem Marmor enthüllt. Dieses Gebäude wurde 1967 zu Gunsten des Anbaus zum Casimirianum abgerissen. Die Tafel blieb erhalten und wurde an dem Neubau wieder angebracht. Auf einer der Ehrentafeln im Rathaus wurde des Wohltäters ehrend gedacht. An in erinnert ferner ein Reliefbild am Hause Bahnhofstraße 36 an der Ecke zur Raststraße, welche 1894 den Namen des Freiherrn erhielt. So blieb der Name des Freiherrn von Rast noch bis in unsere heutige Zeit den meisten Leuten präsent, was aufgrund der Wohltätigkeit des Freiherrn auch verdient ist.

Fotos:
Bild 1: Bildnis des Freiherrn von Rast (Fotosammlung Christian Boseckert)
Bild 2: Das Haus Bahnhofstraße 36 mit dem Rast-Relief (Foto: Christian Boseckert 2007)
Bild 3: Die Freiherr-von-Rast-Schule in der Kanalstraße (Fotosammlung Christian Boseckert)


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zuletzt bearbeitet 12.02.2010 | Top

RE: Freiherr Ferdinand Martin von Rast (Beitrag vom 13.02.2010)

#2 von Jürgen , 12.02.2010 11:58

Hallo Christian,
wie immer ein hervorragender Bericht, den ich mehr als interessant finde. Etwas davon wusste ich schon - aber das Gros lag doch im Dunkeln. Ich danke Dir für diese - für mich jedenfalls - Aufkilärung und "Erhellung" und bin schon gespannt auf Deine nächsten Berichte, wohlwissend wieviel Arbeit dahinter steckt. Nochmals vielen Dank!


LG
Jürgen

... unser Coburg ist doch einzig schön ...

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