Als seinerzeit der dienstälteste Oberbürgermeister Bayerns, Dr. Walter Langer, am 30. April 1970 aus dem Amt schied, dankte ihm die Stadt mit der Verleihung des Ehrenbürgerrechtes. Damit erfuhr er die höchste Ehrung der Stadt Coburg. Sie traf einen Mann, der wie kein anderer die Coburger Geschichte der Nachkriegsjahrzehnte gestaltete und ihr seinen Stempel aufdrückte. Dr. Walter Langer wurde am 2. Oktober 1892 in Crimmitschau in Sachsen geboren. Nach dem Abitur am Leipziger Thomas-Gymnasium nahm er als Kriegsfreiwilliger am Ersten Weltkrieg teil. Im Jahre 1922 promovierte er zum Doktor der Rechte und wurde Rechtsanwalt. Diese Tätigkeit übte er bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 aus. Danach wurde er zur Reichsluftwaffe eingezogen wo er als Major im Jagdgeschwader Udet seinen Dienst tat. Nach Kriegsende wurde Langers Heimat von der Roten Armee besetzt, sodass er sich genötigt sah mit seiner zweiten Frau Maria diese zu verlassen. Beide flohen nach Coburg, der Heimat seiner Frau (Maria Langer war die Tochter des bekannten Coburger Theatermalers Friedrich Lütkemeyer), wo er wieder als Rechtsanwalt arbeitete. In den bald einsetzenden Entnazifizierungsverfahren wurde er als Verteidiger rasch stadtbekannt. Über die Freie Demokratische Partei kam er in die Kommunalpolitik. Schon bald war Dr. Langer dort einer der einflussreichsten Politiker und so bestimmte ihn die FDP, bei der ersten Coburger Oberbürgermeisterwahl nach dem Kriege, im Mai 1948, zum OB-Kandidaten. Langer betonte vor der Wahl die oppositionelle, offenbar auch auf coburgisches Selbstbewusstsein gegenüber Bayern setzende Haltung der FDP. So sagte er in einer Wahlveranstaltung: „ Die Opposition ist der Spiegel der Demokratie. Die CSU wäre noch schwärzer, noch bayerischer, wenn sie nicht Rücksicht nehmen müsste auf die unbequeme Opposition der FDP…“. Mit dieser Kombination aus Liberalismus, Nationalismus und Lokalpatriotismus gewann Langer die OB-Wahlen gegen den bisherigen Amtsinhaber Ludwig Meyer von der SPD. Er trat am 01. Juli 1948 sein neues Amt an. Dass zehn Tage zuvor durch die Währungsreform die DM eingeführt wurde, sollte für Walter Langer ein großer Vorteil sein. Endlich konnten die Probleme gelöst werden unter denen die Coburger besonders zu Leiden hatten. Das war vor allem immer noch das Flüchtlings- bzw. Wohnungsproblem. Langer versuchte das Problem damit zu lösen, die Bautätigkeit in Coburg zu fördern. Dazu gründete er die Coburger Wohnbaugesellschaft, die in den Folgejahrzehnten zahlreiche Stadtrandsiedlungen in allen Himmelsrichtungen anlegte. Schon im Jahre 1951 konnten die ersten 51 Neubauwohnungen am Schießstand fertig gestellt werden. Damit begann eine rege Bautätigkeit in der Ära Langer, die erst mit der Fertigstellung des so genannten „Demo“ am Hörnleinsgrund Ende der 1960er Jahre, ihr Ende fand. Ein anderes Problem seinerzeit war die Frage der Arbeitslosigkeit. Im Jahre 1951 lag die Erwerbslosenquote in Coburg bei 15,7%.4 Langers Ziel war es deshalb auch vermehrt Industrie in Coburg anzusiedeln, was aufgrund der geographischen Situation der Stadt an der deutsch-deutschen Grenze sich als zunehmend schwierig darstellte. Zwar wurde auch hier eine Industrieförderungsgesellschaft gegründet, doch kannte man den Weggang namhafter Unternehmen wie Zeiss-Opta oder dem Vogel-Verlag nicht verhindern. Langers Kritiker nahmen dies zum Anlass den OB als industriefeindlich darzustellen. Doch der
Wirtschaftsaufschwung der 1950er Jahre verhalf auch Coburg zu einer wesentlichen Verbesserung der Lage am Arbeitsmarkt. Ein weiterer roter Faden, der sich durch die Amtszeit von Walter Langer sich zieht, ist der Bau von öffentlichen Gebäuden wie Kirchen, Verwaltungsgebäuden und Schulen gewesen. Mit der Bevölkerung wuchs auch die Schülerzahl und somit der Raumbedarf der Schulen. So wurden in den 1950er und 1960er Jahren zahlreiche neue Schulhäuser erbaut, und Vorhandene erweitert. Doch Langers „Lieblingsprojekt“ war jedoch der Bau eines Kongreßzentrums. Er wollte Coburg zu einer Kongressstadt machen und ging dabei nicht gerade zimperlich mit seinen Gegnern um, so dass er bald als „Adenauer von Coburg“ tituliert wurde. Trotz heftiger Proteste der Bevölkerung drückte er 1959 den Bau des Kongresshauses am Rosengarten durch den Coburger Stadtrat. Als das Gebäude 1962 eingeweiht wurde waren die Coburger eher schockiert als erfreut. Schon allein der Anblick des überdimensionierten Außenaufgangs zum hauseigenen Restaurant, der so genannten Elefantentreppe ließ die Leute nur so den Kopf schütteln. Das Kongresshaus blieb neben dem Wohngebiet Demo eines der umstrittensten Projekte die in der Ära Langer. Weitere Schwerpunkte in seiner Arbeit waren die Modernisierung und der Ausbau der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, die Förderung der Kultur, des Sports und des Fremdenverkehrs. Auch wurde unter Walter Langer das erste Städtische Alten- und Pflegeheim in der Neustadter Straße eröffnet.
Langers Führungsstil war für heutige Begriffe sehr autoritär, was ihn den oben genannten Titel „Adenauer von Coburg“ einbrachte. Sein langjähriger Stellvertreter Dr. Paul Haubner sagte mal über ihn: „Wie steht er vor unser alle Augen? Unendlich fleißig, zielstrebig, vital, nimmermüde, pünktlich, gewandt, aber auch mutig, Draufgänger, geschickter Verhandlungspartner. Zäh und unnachgiebig, beweglich, vorzüglicher Redner, liebenswürdiger Gastgeber, hervorragender Vertreter und Repräsentant der Stadt Coburg.“ Es sei vielleicht noch zu erwähnen, dass er wohl der reichste OB in Deutschland war, da er in seinem Arbeitszimmer im Rathaus einen echten van Gogh hängen hatte, der nach dem Ende von Langers Amtszeit der Stiftung Pommern, zurückgegeben wurde. Das Bild war ursprünglich Teil der Stettiner Gemäldesammlung. 22 Jahre kämpfte Dr. Walter Langer dafür die Stadt Coburg aus dem Not und dem Elend herauszuführen und diese zu einer lebensbejahenden, lebensmutigen Stadt zu machen. Aus heutiger Sicht muss man sagen dass es ihm das gelungen ist. Mit 78 Jahren schied Walter Langer im Jahre 1970 aus dem Amt des Oberbürgermeisters. Doch mit dem Verlust der Macht holte ihn das Alter ein. Am 22. Juli 1977 starb Dr. Walter Langer im Alter von 84 Jahren in Coburg. Zu recht stand in seiner Todesanzeige: „Er hat Krankheit und Siechtum seiner letzten Monate ohne zu klagen hingenommen, willensstark und selbstlos, wie er das ganze Leben war.“
Bildquellen: Bild 1: Oberbürgermeister Dr. Walter Langer (Fotosammlung Christian Boseckert) Bild 2: Langers erster Wohnsitz, die von-Horst-Villa in der Festungsstraße (Foto: Christian Boseckert 2007)
Christian
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