Es ist wohl das beeindruckenste Jugendstil-Gebäude Coburgs. Gemeint ist hier das sogenannte Sonnenhaus bzw. die Sonnenburg in der Alexandrinenstraße, die inzwischen auch schon über 100 Jahre alt ist. Die Geschichte des Hauses soll nun Gegenstand des heutigen Aufsatzes sein. Ursprünglich befand sich auf diesem Gelände der sogenannte „Sturmsgarten“. Der Bierbrauer und Gastwirt Anton Sturm, der ein Lokal in der Ketschengasse besaß, schenkte hier ab 1840 in den Sommermonaten seinen selbstgebrauten Gerstensaft aus. Der Sturmsgarten war seinerzeit der größte Biergarten Coburgs und reichte von der Alexandrinenstraße bis hoch zum Glockenberg bzw. zur Hohen Straße. Nach dem Tode Sturms 1874 betrieben dessen Erben das Gartenlokal weiter, verkauften es aber schließlich 1891, um von dem Erlös ihre Brauerei an der Callenberger Straße modernisieren zu können. Der Sturmsgarten wurde dadurch zum Bauland. Dies weckte natürlich das Interesse der Architekten an dem Gebiet. Allen voran der aus Plauen stammende Jugendstil-Architekt Otto Leheis sah hier die Chance sich baulich zu betätigen. Er erwarb zu Anfang des 20. Jahrhunderts zehn Grundstücke (jeweils vier in der Alexandrinen- und Marienstraße sowie zwei Am Glockenberg), die nach dem Verkauf des Sturmsgartens dort entstanden waren. 1902 ging auch das Areal auf dem heute das Sonnenhaus steht, in seinen Besitz über. Der Bauplatz gehörte vorher dem Geheimen Finanzrat und Bankdirektor Emil Riemann. Das Ziel Leheis war es, auf diesem Grundstück eine Villa auf eigene Rechnung zu errichten. Schon Anfang 1902 hatte er dafür die notwendige Erlaubnis, seitens der Stadt, erhalten. So begannen im Herbst 1902 die Bauarbeiten an der Sonnenburg, die im Jahr darauf ihren Abschluss fanden. Unter den Jugendstil-Häusern Coburgs erhielt es sogleich aufgrund seiner üppigen Ornamentik eine Sonderstellung. Einflüsse des belgischen und Münchner Jugendstils machen sich dadurch bemerkbar. Die Annahme, das Leheis das Gebäude selbst entwarf, ist jedoch nicht ganz korrekt. Bereits sechs Jahre vorher entstand das gleiche Gebäude, allerdings seitenverkehrt, in Frankreich, so dass das Coburger Sonnenhaus nur als Kopie gesehen werden kann. Die Baukosten für dieses Gebäude waren jedoch enorm. Zu Leheis Pech hatte sich auch noch die wirtschaftliche Gesamtsituation geändert. Es gab mehr Häuser als Käufer und so blieb er auf dem Haus sitzen. Der Architekt verschuldete sich und musste deshalb 1907 das Sonnenhaus zwangsversteigern lassen. Im Rahmen dieses Verfahrens erwarb der Kaufmann Richard Burmeister das Anwesen. Im Jahre 1919 ging die Sonnenburg in den Besitz der Korbwarenfabrikantenfamilie Rädlein aus Weidhausen/Coburg über. Als Haubesitzer folgten noch die Familie Emrich, die Hofschlachtermeisterswitwe Anna Schlick und eine Familie Heydenreich. Auch in der Folgezeit wechselten oft noch die Grundstücksbesitzer, was der Pflege des Hauses keinen Abbruch tat. Sanierungsmaßnahmen erfolgten 1977/78, 1985 und 1995/96, so dass wir das Sonnenhaus gegenwärtig in einem guten Zustand vorfinden können. Otto Leheis indes verließ nach der Insolvenz seines Baugeschäfts Coburg und starb 1921 in Wüstenselbitz bei Schleiz in Thüringen.
Bildquellen:
Alle drei Fotoaufnahmen stammen von Christian Boseckert, 2010.
Bild 1 und 2 zeigt das Sonnenhaus
Bild 3 das Jugendstil-Ensemble, das Otto Leheis in der Alexandrinenstraße geschaffen hat.