Ein Einbruch ins Coburger Hofgarten-Mausoleum (Beitrag vom 20.11.2010)

#1 von Christian , 19.11.2010 09:02

Der Hofgarten und sein Mausoleum sind gegenwärtig im Besitz der Stadt Coburg. Diese ist laut Vertrag von 1919 für ihre Erhaltung verpflichtet. Der Bausenat der Stadt hatte deshalb am 18. Mai 1983 einer Sanierung des Hofgartenmausoleums zugestimmt, welche dann im Jahr darauf gründlich durchgeführt wurde. Darauf soll aber hier nicht eingegangen werden. Jedoch sind einige geschichtliche Daten und Hinweise erforderlich, die das Fürstenpaar, welches dort begraben liegt, betreffen. Das Mausoleum, dessen Architekt leider bis heute noch nicht festgestellt werden konnte, ließ Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha in den Jahren 1816 und 1817 seinen Eltern Franz Friedrich Anton (gestorben 1806) und Auguste Caroline Sophie (gestorben 1831) errichten. Dieses Herzogspaar hatte vier Söhne und fünf Töchter, von denen allerdings ein Sohn und eine Tochter im Kindesalter verstorben sind. Durch eine geschickte Heiratspolitik des Herzogshauses entstanden Verbindungen zu fast allen Königshäusern Europas. Am 9. Dezember 1817 wurde Franz Friedrich Anton und im November 1831 seine Gemahlin Auguste Caroline Sophie im Mausoleum beigesetzt. Aber schon neun Monate nach dem letzten Begräbnis, in der Nacht vom Samstag, den 18. August zum Sonntag, dem 19. August 1832, wurde die Gruft durch einen Einbruch geschändet. Ein morgendlicher Spaziergänger hörte laute Hilferufe aus dem Inneren des Mausoleums. Er stellte fest, dass die eiserne Gittertüre des Eingangs geschlossen, aber die Falltüre zur eigentlichen Gruft gewaltsam geöffnet war. Der Spaziergänger vermutete sofort, dass ein Mensch in böswilliger Absicht in die unterirdische Gruft eingebrochen war und sich aus seiner unheimlichen Lage nicht mehr befreien konnte. Kurzentschlossen eilte er zur Polizei, die den Einbrecher aus seinem grauenvollen Gefängnis herausholte, seine Personalien feststellte und ihn eingehend verhörte. Der Einbrecher war der Schlossergeselle Andreas Stubenrauch aus Hofheim in Unterfranken. Dieser hatte sich am Samstagabend in verschiedenen Wirtshäusern Mut angetrunken, sich dann mit dem notwendigen Einbrecherwerkzeug versehen und dabei auch nicht Feuerzeug und Talglichter vergessen. Man musste zu jener Zeit noch mit Stahl, Feuerstein und Zündschwamm Licht machen. Der Weg zum Hofgartenmausoleum war damals nicht so bequem wie heutzutage. Die Arkaden


mit den Treppenaufgängen und der Weg, der an der Reithalle vorbeiführt, waren noch nicht gebaut. An der Stelle des jetzigen mittleren und oberen Hofgartens lagen seinerzeit noch Privatgärten. Man konnte deshalb nur von der Festungsstraße, vorbei an den Zäunen verschiedener Gärten, zum Mausoleum gelangen. Doch zurück zum Thema. In der Dämmerung schlich sich Stubenrauch zum Hofgarten-Mausoleum. Das Schloss der eisernen Gittertür konnte er mit seinen Schlüsseln und Dietrichen nicht öffnen. Die Stäbe des Gitters ließen aber oben so viel Platz, dass er hindurch kriechen konnte. Innen boten ihm die starken Eichenbohlen der Falltüre ein so starkes Hindernis, das er nur mit einem Brecheisen zu überwinden vermochte. Beim Schein des Talglichtes erblickte er in einer Tiefe von drei Metern die beiden Särge. Aber eine Treppe führte nicht hinab. Der Einbrecher glaubte sich helfen zu können. Er holte sich aus einem benachbarten Garten einen Pfahl. Beim Versuch, daran hinab zu gleiten, stürzte er in die Gruft. Es war ihm sofort klar, dass er mit Hilfe des etwas zu kurzen Pfahles nicht mehr heraus steigen konnte. Umgeben von den Schauern der Verwesung musste er die Nacht in der Gruft zubringen. Er gab aber seinen teuflischen Plan nicht auf und machte sich daran, den Sarg der Herzogin zu öffnen, den er im Schein seines Talglichtes von dem älteren Sarg des Herzogs unterscheiden konnte. Große Schwierigkeiten bereitete ihm das Öffnen des Sargdeckels. Es gelang ihm nur, diesen etwas zu heben. Aber was er gesucht hatte, fand er nicht. Die Leiche der Herzogin war nur mit einem schwarzen Samtkleid ohne jeglichen Schmuck bekleidet. Die grauenhafte Arbeit war umsonst gewesen. Schon der nächtliche Aufenthalt war für Stubenrauch eine Strafe. Man erzählte sich später in Coburg, dass das Haar des Einbrechers in der Schreckensnacht völlig ergraut wäre. Stubenrauch, auf frischer Tat ertappt, legte ein offenes Geständnis ab und wurde 18 Monaten Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Freilassung war er wiederholt straffällig. Im Jahre 1854 fand man in einem Waldstück bei Hofheim seine Leiche. Ein leerer Geldbeutel und eine leere Schnapsflasche waren seine ganze Habe. Er hatte sich selbst gerichtet. Der Gruftschänder endete als Selbstmörder. Damit war die Geschichte des ersten Einbruchs in das Hofgartenmausoleums zu Ende gegangen. Doch 120 Jahre später, sollte sich dies noch einmal wiederholen, doch dass ist eine andere Geschichte.

Bildquellen:
Bild 1: Das Hofgarten-Mausoleum (Foto: Christian Boseckert, 2008)
Bild 2: Das Herzogs-Paar Franz Friedrich Anton und Auguste Caroline Sophie (aus Bachmann/Aumann: Coburg und Europa (Schriftenreihe der Historischen Gesellschaft 11, Coburg 1997)


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zuletzt bearbeitet 19.11.2010 | Top

RE: Ein Einbruch ins Coburger Hofgarten-Mausoleum (Beitrag vom 20.11.2010)

#2 von Schubi , 19.11.2010 11:26

Gut geschrieben, freue mich schon auf den zweiten Teil.

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