Welchen Stellenwert die ehemalige Werrabahn für Coburg hatte ,kann man an folgenden Beispielen erkennen... ...1936 wurden die Frachttarife leicht angehoben. Trotzdem wurden am Coburger Güterbahnhof täglich bis zu 130 Waggons umgeschlagen. Innerhalb von 24 Stunden wurden 45(!) Güterzüge vom Güterbahnhof abgefertigt. Davon kamen 22 an und 23 verließen die Veste-Stadt. Interessant ist, das damals schon ein Güterkraftverkehr der Reichsbahn existierte und hier ein, wenn auch nur geringer Anteil des Güteraufkommens, von einer Spedition Forkel im "Güter Schnellverkehr" zwischen Coburg und Eisfeld mit LKWs befördert wurde! Hierzu wäre anzumerken, das damals die Reichsstraße 4,spätere Bundesstraße 4,durch das Lautertal nach Eisfeld lief und eine der wenigen ausgebauten Straßen im Coburger Land war....(Wer hätte sich damals vorstellen können, das einmal die Bahn sich aus dem Stückgut Verkehr total zurück ziehen und alles dem LKW Verkehr überlassen würde?) Die Briefpost sorgte mit täglich etwa 30 bis 35,jeweils 1 Meter hohen Säcken für Aufkommen im Coburger Güterbahnhof. Die Post kam aus Nord und Westdeutschland und erreichte somit über die Werrabahn ihr Ziel.
Wie ich schon erwähnt habe, war ja die ehemalige Werrabahn mit einer Gesamtlänge von rund 150 km (Eisenach-Lichtenfels) nur auf ca. 30 km zweispurig ausgebaut worden. Um hier weiter bauen zu können, scheiterte es wohl an den finanziellen Mitteln. Wichtig für diese Bahnlinie waren wohl die frühen 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Nicht nur durch "arbeitsbeschaffende Maßnahmen", sondern auch durch Bahn-Interne Verbesserungen konnten Kosten gesenkt, die Durchlassgeschwindigkeit der Züge verbessert werden. So wurde z.B. bei der Station Grub a.F. eine Blockstelle errichtet, Ausweichgleise im Bahnhof Görsdorf, Dörfles- Esbach sowie in Seehof eingebaut werden.(Bei dieser Gelegenheit ist der kleine Bahnhof Görsdorf neu entstanden)Umfangreiche Signal Anlagen mussten hier erstellt werden. Hier konnten nun Zugkreuzungen statt finden, was sich auf die Zugfolge positiv auswirkte. Da im Lauf der Jahre die Güterzüge immer länger wurden, reichten oftmals die vorhandenen Ausweichgleise in der Länge nicht mehr aus und es mussten z.T. Waggons abgehängt werden, um nach einer Zugkreuzung wieder in den Zug eingestellt zu werden. Das erforderte eine Menge an Rangierarbeit und Zeit. Auch hier wurden die Gleisanlagen verbessert und man kam letztendlich zur Überzeugung, das ein weiterer zweispuriger Ausbau der Bahnlinie nicht mehr erforderlich sei.
Am 18. Febr. 1856 kam es in der Nähe der Schleusebrücke bei Grimmelshausen in Thüringen zum ersten Spatenstich für die neue Werrabahn. Der Ort liegt etwa genau in der Mitte der neu zu erstellenden Bahnlinie, die von Eisenach nach Lichtenfels gebaut werden sollte. Zwischen der Ortschaft Heid in Thüringen und Tremersdorf auf bayerischer Seite begannen am 22.März 1856 die Bauarbeiten. Man muss wissen, das zu dieser Zeit, sich das Deutschland über zahlreiche Länder und Herzogtümer erstreckte, welche ihre eigene Währung und Maßeinheiten hatten! Das Jahr 1866 begann für die Werrabahn, die schon 10 Jahre ihren Dienst versah, hoffnungsvoll. Ein lebhafter Aufschwung mit den damit verbundenen Einnahmen war zu verzeichnen. Allerdings kam es zu militärischen Konflikten zwischen Preussen und dem Österreichischen Bund, dem auch Bayern angehörte. Sachsen -Meiningen stand geographisch zwischen den Fronten, politisch aber auf der Seite von Bayern. Die Verlegung des Kriegsschauplatzes in die Nähe der Werrabahn machte alle Hoffnungen auf eine Besserung der wirtschaftlichen Lage aber wieder zunichte! Die feindlichen Heere nahmen an den Endpunkten der Bahnlinie Aufstellung und eine der ersten militärischen Handlungen war die Stilllegung der Strecke zwischen Eisenach und Coburg, vom 20.Juni bis 18. Juli 1866. Und auf der Strecke Coburg - Lichtenfels vom 20. Juni bis 7. August 1866. Die Zweigbahn von Coburg nach Sonneberg wurde nur vom 6. bis 11. Juli 1866 nicht befahren! Die Stilllegung wurde von der Thüringischen Eisenbahn Gesellschaft beschlossen. Auf deren Veranlassung hin , konnten noch einige Lokomotiven, sowie Waggons nach Erfurt in Sicherheit gebracht werden. Ein zeitgenössischer Bericht: " Als die Coburger Soldaten ihr Land entblößt hatten, weil sie bei den Preussen standen, hatten die Bayern das Coburger Land besetzt! Die Bayern hatten nichts schnelleres zu tun, als die Schienen von Coburg nach Ebersdorf weg zu reißen. Dann bauten sie wieder und so ging es fort, bis sie wieder in ihr Land getrieben wurden!" Das alles ging nicht ohne große Schäden für die Werrabahn ab, besonders die Telegraphenapparate in Meiningen und Walldorf wurden von den Truppen zertrümmert. Hinzu kamen Zerstörungen an Übergängen und Durchlässen .Einige Lokomotiven und Wagen, welche in Lichtenfels stehen geblieben waren, wurden auf bayerischen Strecken eingesetzt!
Die Kosten der Zerstörungen zwischen Coburg und Lichtenfels wurden aber später durch die bayerische Regierung erstattet.
Am 26. Juni 1866 wurde das Herzogtum Meiningen von bayerischen Truppen besetzt. Im Bahnhof von Meiningen wurden die Telegraphenleitungen zerstört und die Schienen entfernt. Als kurze Zeit später die Preussischen Truppen anrückten, floh Herzog Bernhard, der auf Seiten der Bayern stand ,nach Mellrichstadt. Nach dem Einmarsch der Preussischen Truppen wurden die Bahnanlagen wieder hergerichtet und der Betrieb konnte am 18.Juli 1866 wieder aufgenommen werden!
Ergebniss dieses Krieges, den die Preussen gewonnen hatten, war die Tatsache, das Herzog Bernhard von Sachsen-Meinigen abdanken musste. Sein Sohn Georg II. sollte danach der regierende Herzog des Landes werden.
Am 1. Oktober 1895 übernahm die "Königliche preußische Eisenbahnverwaltung" die Betriebsführung der Werrabahn, die ja bis dahin der "Thüringischen Eisenbahn Verwaltung" unterstand. Die Preußische Eisenbahnverwaltung wurde in "Königliche Eisenbahndirektionen" unterteilt ( KED) und die werrabahn der KED Erfurt einverleibt. Durch die Eingliederung der Werrabahn in die preußische Verwaltungsstruktur, erhielten die Stationen/Bahnhöfe Eisenach, Meiningen, Coburg und Lichtenfels den Rang 1. Klasse! Später sollte noch der Bahnhof Salzungen dazu kommen. Nachdem nun die Bahnlinie zu Preussen gehörte, nahm die Werrabahn einen nie geahnten Aufschwung! Strecke, Bahnhöfe sowie Fahrzeuge wurden grundlegend modernisiert und aus der alten Werrabahn wurde innerhalb weniger Jahre eine gut organisierte und leistungsfähige Eisenbahn!
Nachdem die Werrabahn in die Hände der KED Erfurt gekommen war, nahm diese Bahnlinie einen starken Aufschwung, wie bereits berichtet. Als im Jahre 1889 das "Coburger Tor" in Lichtenfels abgebrochen war, blieb aber die Situation dort an einen der meistgenutzten Bahnübergänge unbefriedigt. Neben täglich ca. 150 (!!)Personen und Güterzügen, die den Bahnübergang passierten, kamen viele Lokomotivfahrten zu bzw. von den beiden Lokschuppen hinzu. Außerdem fanden viele Rangiermanöver statt, sodass die Schranken über die Coburger Straße ständig zu waren. Wartezeiten von Passanten und Fuhrwerken von bis zu einer Viertelstunde und länger waren an der Tagesordnung! Daraufhin wurde dort ein Steg über die Gleise errichtet, der den Passanten dienen sollte. Zunächst von den Leuten angenommen, wurde er aber immer weniger benutzt, denn es kam öfters vor, das die Leute oben auf dem Steg waren und unten die Schranken geöffnet wurden Einzig die Kinder hatten ihren Spaß dabei, denn es war ein Wettbewerb in den Kamin einer Lokomotive zu spucken oder im Winter einen Schneeball da hinein zu werfen, was aber meistens misslang, denn bei Minusgraden war der Steg in weiße Dampfwolken gehüllt und wer oben auf dem Steg stehen blieb war binnen Kurzem schwarz wie ein Schlotfeger. Mit ähnlichen Problemen kämpften die Coburger, denn im Anschluss an die alte Judenbrücke, war ebenfalls ein Bahnübergang. Hier konnte man in Richtung Judenberg, Adamistraße und Neuer Weg die Gleise überqueren. Da sich auf Seite der Adamistraße früher Güterschuppen befanden und die produzierten Waren aus der Stadt dorthin gebracht werden mussten, staute sich der Verkehr ebenso wie in Lichtenfels. Als man später dann die Bahnlinie vom Schlachthof Bahnübergang in Richtung Bahnhof höher legte, geschah dies aus mehreren Gründen. Die Judenbergunterführung schaffte Abhilfe für den dortigen Bahnübergang. Ebenso gestaltete sich die Situation bei der Callenberger Unterführung, denn dort war zunächst ebenfalls eine Schranke! Auf dem Bahnhofsgelände gestaltete sich die Situation teilweise sehr gefährlich, denn verschiedene Bahnsteige konnten nur durch Überschreiten der Gleise erreicht werden, was immer wieder zu Unfällen führte! Durch die Anhebung der Gleise im Coburger Bahnhof konnte der Tunnel als Zugang zu den Bahnsteigen geschaffen werden, wie er bis heute besteht. Bei Bodenbohrungen dort im Bahnhofsbereich kam Flusskies und Schwemmsand zum Vorschein. Deshalb liegt es nahe, das dort früher Wasser der Itz und der Lauter geflossen ist. Obwohl der neue Bahnhof dann im Eingangsbereich höher gelegt wurde, kam es bei Hochwasser, welches die Itz und ihre Nebenflüsse heran brachten ,stets zu Überschwemmungen. Erst der Bau des Schönstett Speicher im oberen Itzgrund brachte dann Entspannung für den Bahnhof.(Erinnert sei dabei an das Hochwasser Weihnachten 1967, als dort "Land unter " war!