Als es noch keine Hindenburg- und keine Löwenstraße gab

#1 von Christian , 01.09.2020 08:40

Durch den Nord-Süd-Straßenzug Hindenburgstraße-Löwenstraße rollt heutzutage ein großer Teil des Durchgangsverkehrs. Die Hindenburgstraße, nach dem Feldmarschall und Reichspräsidenten Hindenburg bekannt, wurde erst 1917 als einfacher Feldweg angelegt und 1925 zur Straße ausgebaut. Die Löwenstraße entstand schon Ende der 1880er Jahre. Ihr Name bezieht sich auf den Löwen im Wappen der Markgrafen von Meißen, denen im Jahre 1353 die Herrschaft über Coburg durch Heirat zufiel. Eine erste Löwenstraße gab es bereits in Coburg um 1880. Sie war damals noch fast unbebaut und wurde in Raststraße zum Andenken an den Freiherrn von Rast, dem Wohltäter und Begründer der Rast´schen Stiftung, umgetauft.

Wo jetzt der asphaltierte Straßenzug Hindenburgstraße-Löwenstraße verläuft, grünte einst ein idyllisches Wiesengelände mit Hecken und einzelnen Bäumen. An dessen Südostrand floss bis zum Jahr 1968 der Hahnfluss. Er er war ein tüchtiger Helfer vieler Handwerksbetriebe, wie z. B. der Gerber, Müller oder Tuchmacher. In gleicher Richtung mit ihm, in einer durchschnittlichen Entfernung zwischen 10 und 50 Metern, verlief ein zweites Flüsslein. Es handelte es sich dabei um den Lautergraben. Nun wissen wir, dass die Lauter etwa 80 Meter von der Heiligkreuzkirche entfernt in unsere Itz mündet. Bis zum Jahr 1874 ergoss sich ein Seitenarm der Lauter etwa 40 Meter noch weiter unten in die Itz, verließ diese wieder am gegenüberliegenden Ufer und floss zwischen dem Augustenstift und dem Haus Bahnhofstraße 14 dorthin, wo heute die Hindenburgstraße beginnt. Die im Jahre 1861 angelegte Bahnhofstraße überquerte dieses Flüsslein. Wie der Hahnfluss beendete es bei der Judenbrücke seinen Lauf. (Fortsetzung folgt)


Christian  
Christian
Beiträge: 7.896
Punkte: 8.344
Registriert am: 03.12.2004


RE: Als es noch keine Hindenburg- und keine Löwenstraße gab

#2 von Christian , 02.09.2020 08:43

Beim Studium alter Grundbuchauszüge stellt man staunend fest, dass der Lautergraben mit angrenzenden Wiesen der Privatbesitz des Lautermüllers war. Die Lautermühle stand dort, wo sich heute das Haus Mühlgasse Nr. 12 befindet. Der damalige Lautergraben floss im Zuge der heutigen Häuserfront bei der Volkshochschule usw. an der westlichen Seite der Lautermühle vorbei und setzte dort das Mahlwerk der Mehlmühle in Bewegung. Sie richtete dann ihren Lauf hin zum Gelände der heutigen Rückertschule, die 1888 erbaut wurde, und vereint sich danach zusammen mit dem Hahnfluss bei der Judenbrücke mit der Itz.

In den Häuserbüchern von Ernst Cyriaci wird die Lautermühle erstmals 1317 erwähnt. Das älteste Coburger Stadtbuch aus der Zeit zwischen 1388 und 1453 erwähnt die Mühle im Jahre 1404 als "Luttermühle". 1772 wurde sie umgebaut und vergrößert. Sie war von 1677 bis 1873 im Besitz der Müllerfamilie Roschlau. Der letzte Müller hieß Georg Roschlau, der seinen gesamten Grundbesitz im Jahre 1873 an die Stadt Coburg für 18.000 Gulden veräußerte. Der Magistrat zögerte zunächst mit dem Kauf, griff aber dann zu, weil das umfangreiche Gebiet nach dem Bau der Werrabahn im Jahre 1858 und der Nähe des Bahnhofs für eine Bebauung reif und geeignet war. Und so wurde der Lautergraben 1875 zugeschüttet. Löwenstraße, Mohrenstraße und Seifartshofstraße entstanden in den 1880er Jahren.

An die einstige Lautermühle erinnert heute nur noch die Mühlgasse, die bis zum Jahre 1823 "Weg zur Lautermühle" hieß. Der Weg zur Mühle führte einst durch das Tor eines Wachturms, der 1812 abgebrochen wurde. Im Zusammenhang mit dem Turm stand wahrscheinlich eine halbmondförmige Befestigungsanlage, die mitten im 30jährigen Krieg 1640 errichtet wurde und möglicherweise dem Schutz der damals einsam gelegenen Mühle vor Plünderungen diente. Die Befestigung ist längst verschwunden, längst vor dem Abbruch der Lautermühle, der 1875 folgte.

(ENDE)


Christian  
Christian
Beiträge: 7.896
Punkte: 8.344
Registriert am: 03.12.2004


   

Historische Aufnahmen
Conrad Rüger



Xobor Einfach ein eigenes Forum erstellen
Datenschutz