Franz Schwede, 1. nationalsozialistischer Bürgermeister von Coburg und späterer Gauleiter von Pommern schreibt in seinen 1939/1941 im Zentralverlag des NSDAP erschienenen Erinnerungen „Kampf um Coburg“, im Kapitel „Festigung der Macht“, S. 200 “ In der Zwischenzeit haben wir die städtische Polizei so ungefähr „gleichgeschaltet“, da nach der bayer. Gemeindeordnung der Bürgermeister die Polizeigewalt hat. Diese Polizeigewalt in den Händen der Nazis, noch bei einer Polizei, deren Leiter und deren Angehörige meist Mitglieder der NSDAP sind „. Dieser Zugriff auf die Behörden der „Inneren Sicherheit“, insbesondere aller Sparten der deutschen Polizei, ihr organisatorischer Mißbrauch als Machterhaltungs- und Unterdrückungsorgan des NS-Staates unter dem Vorwand der staatlichen Vorsorge und Sicherung der öffentlichten Sicherheit und Ordnung fand ihren Höhepunkt in einem Runderlaß vom 17.06. 1936 , mit dem der „Reichsführer SS“ zugleich „Chef der Deutschen Polizei im Reichinnenministerium wurde.“ Sie führte zu einer grausamen mißbräuchlichen Überschreitung humaner Rechtsgrenzen, sie endete in der Perverttierung der gefahrenabwehr und verbrechensbekämpfung.“ (Peter Nitsche.“ Die Deutsche Polizei und ihre Geschichte“, Schriftenreihe der deutschen ges. f. Polizeigeschichte ,Band 2). Dieses Phänomen des ideologisch verbrämten Machtmissbrauchs der Polizeien ist jedoch nicht nur ein Kennzeichen der Diktatur des 3. Reiches und des Nationalsozialismus gewesen, sie war ebenso ausgeprägt in der kommunistischen Diktaturen der Sowjetunion und des gesamten Ostblocks. Mit welcher Brachialgewalt „zum Wohle der Arbeiter und Bauernmacht“ in der von der Sowjetarmee „befreiten“ vormaligen DDR die neu formierten Polizeiorgane der Diktatur des Proletariats unter dem Führungsanspruch der kommunistischen Partei Deutschlands, dann SED, als staatstragende Organe neu organisiert wurden,kann man in den beiden Bänden der „Geschichte der Deutschen Volkspolizei“, herausgegeben vom Ministerium des Innern der DDR1986/88 ,nachlesen. „Die Anstrengungen der Leitungen der KPD und der anderen antifaschistischen-demokratischen Kräfte führten dazu, daß bereits im Sommer 1945 etwa 80% der Polizeiangehörigen in der gesamten sowj. Besatzungszone ihrer sozialen Herkunft nach Arbeiter und werktätige Bauern waren.“Band 1 ,Kap1 „Der Aufbau einer neuen volksverbundenen Polizei zu Beginn der antifaschistisch demokratischen Umwälzung.“
Als am 11. April 1945 die amerikanischen Streitkräfte mit ihrer 11. Panzerdivision und der 71. Infanteriedivision des XII. Corps der 3. US-Armee aus Richtung Hildburghausen/Rodach und Suhl/Eisfeld/Lautertal über die Langen Berge nach Coburg vorstießen und es ohne größere Kampfhandlungen besetzten, erwarb sich der damalige Leiter des Polizeiamtes Coburg, Polizeihauptmann Hans Gerber, zusammen mit dem Stadtamtmann und späteren Oberbürgermeister, Alfred Sauerteig, ebenso große Verdienste um den Schutz von Stadt und Bevölkerung von Beschuss und Zerstörung wie die um damaligen Zeitpunkt in Coburg verantwortlichen Wehrmachtsoffiziere, Hauptmann Sotte und die Oberleutnante Müller, Maurer und Steigenberger.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges löste die amerikanische Militärregierung zunächst alle bestehenden Polizeieinrichtungen in Bayern auf und ordnete deren Neuaufstellung nach demokratischen Grundregeln an. Neben 150 Gemeinde- und Stadtpolizeien in Stärken von 2 bis 3.000 Beamten wurde in den Regierungsbezirken die Landpolizei, die „Landjägerei“ sowie die Bayerische Landesgrenzpolizei gegründet. Zugleich trat mit Ende des Krieges ein Besatzungsrecht in Kraft, dessen Schärfe noch heute erschreckt. Dass es dennoch 1945 nur wenig abschreckte, erscheint kaum vorstellbar. Die Verordnung Nr. 1 der US-Militärregierung (OMGUS) führte 43 Tatbestände auf, 20 „mit dem Tode bedrohte Verbrechen“ und 23 „sonstige strafbare Handlungen“ (vgl. Amtsblatt für Land- und Stadtkreis Coburg Nr. 1 vom 11. August 1945).
Eine besondere Gefahr bildeten die in Coburg in der Hindenburgkaserne einquartierten „Displaced Persons“, ehemalige Zwangsarbeiter und Konzentrationslagerhäftlinge, die teilweise in bewaffneten Banden das Land terrorisierten und auch von der Besatzungsmacht nur mit Mühe in Schach gehalten werden konnten. Mehrere Morde erschütterten das Coburger Land. So wurde auf dem Lauterberg der Gendarmeriemeister Zuleg ermordet, ebenso ein auf Schloss Eichhof lebender ehemaliger Major der Wehrmacht. Die Coburger Polizei war diesen Personen gegenüber hilf- und machtlos. In die Kaserne durfte sie nicht, sie durfte auch keine Durchsuchungen und Festnahmen durchführen. Erst nach und nach wurde sie wieder bewaffnet.
Unter Führung des US-Generals Ernest H. Hermon wurde nach dem Leitbild der amerikanischen Bundesstaatspolizeien ab Februar 1946 die „US-Constabulary“, die so genannte „Blitzpolizei“, die den Spitznamen „Kartoffelkäfer“ erhielt, aufgestellt. Sie übernahm die „Patenschaft“ für die neue deutsche Polizei, in Coburg die 6th Squadron, 6th Constabulary Regiment. Die Führungsvorschrift der US-Constabulary forderte dabei schon 1946, die deutsche Polizei zu unterstützen, ohne sie einzuengen oder zu bevormunden. In Kap. 13c wies die Vorschrift darauf hin, dass, „obwohl die deutsche Polizei in der Zeit des Nationalsozialismus missbraucht und korrumpiert wurde, sie zu den besten Polizeien der Welt gehört habe und in ihren Reihen die besten Köpfe der Nation Dienst getan hätten.“ Bereits 1947 gab es gemischte deutsch-amerikanische Streifen. Im heutigen Stadtcafé am Spitaltor hatte die Constabulary eine eigene Wache.
Die Coburger Stadtpolizei mit ihrer Dienststelle in der Rosengasse bestand im Dezember 1945 aus 54 uniformierten Polizisten und acht Kriminalbeamten. Zivilkleidung, Armbinde und Holzknüppel bildeten die erste Uniformierung, bis aus Wehrmachtsuniformen eingefärbte blaue Uniform getragen werden durften. Die Dienstgradabzeichen bestanden zu diesem Zeitpunkt aus silbernen Ärmelstreifen. Als einzige kommunale Polizei Bayerns trugen die Angehörigen der Coburger Stadtpolizei ab 1955/56 bis zu ihrer Verstaatlichung – in Anlehnung an die Dienstgradabzeichen des seit September 1951 in Coburg stationierten Bundesgrenzschutzes – Schulterstücke (Stadtratsbeschluss vom 2. November 1955, TP. 9b.).
1948 wurde zeitlich begrenzt in der von-Berg-Kaserne (benannt nach dem 1915 gefallenen ersten Kommandeur des auch in Coburg stationierten 6. Thüringischen Infanterieregiments Nr. 95) ein 2. Polizeirevier sowie eine Verwaltungsschule geschaffen, während das Polizeiamt mit Schutzpolizei und Kriminaluntersuchungs-Abteilung weiterhin in der Rosengasse verblieben. Nur eine Abteilung der Schutzpolizei, die Verkehrspolizei, wurde in die von-Berg-Kaserne ausgelagert.
Die uniformierte Stadtpolizei wurde bis zur Verstaatlichung von folgenden Chefs geführt: Gerber, Todtenhaupt, Fischer, Lorenz, Ströhlein; die Kriminalpolizeiinspektion wurde von den Beamten Geese und E. Knoch geleitet.
Mit dem 1. Oktober 1972 kam dann unwiderruflich das Ende der eigenständigen Coburger Stadtpolizei. Auf Antrag der Stadt Coburg wurde die Stadtpolizei als vorletzte städtische Polizei Bayerns – als letzte kommunale Polizei wurde die Stadtpolizei München überführt – verstaatlicht und in die Bayerische Landespolizei eingegliedert. In der Außenwirkung für den Bürger änderte sich zunächst kaum etwas, denn die Aufgabenwahrnehmung durch die Polizeibeamten blieb bis auf unbedeutende Ausnahmen die gleiche. Allerdings hatten die bisher blauen Uniformen ausgedient, sie wurden der Stadtkapelle und der Feuerwehr Coburg übergeben, da die Beamten nunmehr die bayern- und dann bundeseinheitliche grüne Uniform trugen.
Coburg erhielt nach dem Polizeiorganisationsgesetz Bayerns jetzt eine Landespolizei-Inspektion mit Sitz in der Rosengasse. Ihr unterstellt waren drei Stationen. Hier befand sich auch die Landespolizei Station Coburg-Stadt, zuständig für das Stadtgebiet. In der von-Berg-Kaserne war die für den Landkreis zuständige Landespolizei-Station Coburg-Land sowie die Verkehrspolizeistation untergebracht. Die Kriminalpolizei der Stadt Coburg und die Kriminalaußenstelle der Landespolizei wurden zusammengefasst und sowohl in der Rosengasse als auch in der Neustadter Straße untergebracht.
Polizeidirektion Coburg
Am 1. Oktober 1977 wurde in Coburg die heutige Polizeidirektion errichtet. Dies bildete den vorläufigen Abschluss der im Jahre 1972 begonnenen Umorganisation der Bayerischen Landespolizei. Damit wurden in Bayern insgesamt 32 „Schutz-Bereiche“ festgelegt.
In Coburg wurden die Stationen Coburg-Stadt und Coburg-Land zur Inspektion Coburg zusammengeführt, die Verkehrspolizeistation wurde zu einer selbstständigen Inspektion angehoben. Der Standort Rosengasse verlor mehr und mehr an Bedeutung und im Herbst 1984 konnten alle Polizeidienststellen zentral in der neu renovierten von-Selle-Kaserne unter einem Dach zusammengeführt werden.