Festungsconstabler

#1 von gerd , 15.08.2004 14:32

Im Jahr 1981,ist beim damaligen Verlag Coburger Blattla,Fiedler Verlag, das Buch erschienen: Die Geschichte der Veste Coburg von Prof.Dr. Thilo Krieg,aus dem Jahr 1924.
Der Autor schreibt auf Seite 39:....dem Zeugmeister, jenen vormaligen Pfälzer
Philipp Heinrich Reinhard, wurden auf fürstlichem Befehl...3 junge Constabel
in die Lehre gegeben,Coburger Bürgerskinder,die Lust und Liebe hierzu trugen das Handwerk der "Artollerey" zu erlernen.Es waren Hans Ebner,Conrad Rüger und Johann Hübner.

Weiter hinten in dem Buch ist nachzulesen:....Nicht wenig Not erlebte der Festungshauptmann Hans Hartmann von Erffa mit den Festungsconstablern Rüger und Ebner.
Den beiden hatte Herzog Johann Casimir,da sie zweimal unter Lebensgefahr ihr Amt ausübten (eimal bei der Belagerung von Kronach und einmal bei der Belagerung der Veste durch Wallenstein)je 100 Gulden jährlich zugewandt.
Der Nachfolger vom Herzog jedoch hatte die Summe heruntergesetzt.
Dabei waren sie nicht gänzlich aus dem Festungsdienst entlassen worden!
Dem wurden sie aber nicht mehr gerecht.Schon 1643 klagte Erffa,sie kämen ihrer Pflicht nicht mehr nach,sich öfters auf der Veste sehen zu lassen,
die Kanonen und Waffen mußten andere reinigen und in Schuss halten.
Demungeachtet hatten sie die Dreistigkeit,Jahr für Jahr um angeblich rückständige Besoldung zu betteln.(Unter Zugrundelegung der erwähnten Casimirschen Bewilligung)
Erffa schreibt:" Der alte Hans Ebner,Pfannschmied,ist zu nichts Nutz,säuft sich alle Tage in der Früh voll mit Branntenwein,hernachmals mit Bier und hat doch wenig zum Besten. Der andere,Rüger,welcher feine Mittel,wäre noch zu gebrauchen,hat aber schwere Sachen uff sich geladen,ideme er vor meiner Ankunft,einen Defensionshauptmann auf der Gassen erstochen.(gemeint ist hier die Spitalgasse und das Duell soll vor der alten Gaststätte "zum Bären" stattgefunden haben.)(der Bären-später Kaufhaus Mohren.bzw.Weka)

Rüger und Ebner wurden von Erffa verhaftet,krochen allerdings zu Kreuze und leisteten Erffa öffentliche Abbitte,erklärten sich bereit,anstelle einer Strafe,gewisse brauchbare Personen ohne Entgeld in der Ausbildung der Artillerie zu schulen,jedoch sollten ihnen die Kosten für anstehende Materialien ersetzt werden.
Freilich hielt Rüger auch dann noch nicht Ruhe und als er 1661 auf die angeblich geschuldeten Gelder zurückkam,wurden Kanzler und Räte beordert,
ihm sein"ohnverschämte abermalige praetensiones" ernstlich zu verweisen.Noch 1675 war der einstmals doch verdient gewesene Störenfried am Leben.
Wo Rüger seine Grabstätte fand ist nur spekulativ--er könnte allerdings auf dem Salvatorfriedhof beerdigt sein.
So wissen die Akten von Rüger und Ebner wenig Rühmliches zu erzählen!

Zu Defensions(hauptmann) Im 30 jährigen Krieg wurden sogenannte Defensionswerke geschaffen.Das waren von den Städten aufgestellte Einheiten,die bewaffnet und ausgebildet waren und gegen die durchziehenden
Soldatenhaufen beider Konfessionen gegebenenfalls angehen sollten um Haus und Hof vor Plünderungen zu schützen.Der Wert dieser Einheiten war aber so gut wie null!(Defension-Defensive-=Verteitigung)



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RE: Festungsconstabler

#2 von Feldwebel M , 20.09.2009 16:26

Lieber Gerd, hier noch einige Ergänzungen zu deinem tollen Bericht.

Aus dem Buch Bertelsdorf und seine Höhe von Eva Herold, Herausgeber: Kultur und Schulamt der Stadt Coburg 1. Auflage 1997

Der Held unseres Dorfes: Konrad Rüger

Constabler Konrad Rüger, bekannt geworden durch seinen legedären Schuß auf Wallenstein, ist zum Helden unseres Dorfes geworden. Aus Berteldorf stammend, erwarb der Großvater Konrads, der Schneider Nicolaus Rüger, 1577 das Bürgerrecht in Coburg. Bestimmt war er kein kleines Dorfschneiderlein, sondern so wohlhabend, daß es seinem Enkel eine umfassnde, überdurchschnittliche und gründliche Bildung ermöglichen konnte. Die allgemeine Schulbildung begnügte sich damals mit dem Ziel der Fähigkeit des Lesens der Heiligen Schrift. Geübt nicht nur im Umgang mit Kanonen, war er es ebenso mit der Schreibfeder. Anschaulich schildert er in seinen Aufzeichnungen die Kriegserlebnisse unserer Heimat.

Bericht des Konrad Rüger:

1632, zur Verstärkung der Besatzung, kam Obrist Taupadel mit 9 Compagnien Dragoner, jede 50 Mann, zu Scheuerfeld an, die Vestung Coburg, nebst 200 inhabenden Landvölkern zu defendieren. Montags den 25. September brachen Ihre Hochfürstl. Durchl. sammt dem ganzen Hofstaat nach Römhild und Tenneberg auf. Donnerstag den 28. September früh um zwei Uhr kam das Geschrei, daß sich der Feind (Wallenstein) in vollem Marsch der Stadt nähere, worauf mit 2 Stücken auf der neuen Bastei Salve gegeben wurde, welches die schwedische Losung war. Davon wurde jedermann munter und parat zum Gewehr zu greifen. Die Dragoner, Bürger, Studenten, auch Handwerksburschen wurden nach eines jeden Belieben im Zeughaus mit Gewehr wohl versehen und ausgerüstet.
Daß die zusammengewürfelte Coburger Mannschaft gegen die kampferprobten Truppen Wallensteins nichts ausrichten konnten, hat man wohl eingesehen und die Stadt übergeben. Der Baier. Kurfürst Maximilian, nahm sein Quartier im Bachstädtischen Haus in Coburg; der Herzog von Friedland in Ketschendorf.
Die Festung jedoch sollte gehalten werden. Obrist Taupadel verweigerte die von Wallenstein geforderte Kapitulation. Nun begannen die Kaiserlichen mit der Belagerung. Von Fürwitz aus (heute steht dort das Hotel Festungshof) sollten die Mauern der Festung sturmreif geschossen werden. Einen Tag später, "den 30. September ritt der Herzog von Friedland, mit 2 Laquaien bei sich laufend, aus der Stadt, die Festung zu recognosciren, auf welche, als er von den Dragonern erkannt wurde, alsbald eine Feldschlange von mir gerichtet und Feuer gegeben wurde und traf dasselbe Stück gerade vor ihm in die Erde, daß diese um ihn herum und auf den Leib sprang, worauf er seinem Pferd, welches davon stutzig worden und still gestanden, die Sporen gegeben und durchgegangen. Er hat aber, wie man nachher erfahren, heftige Drohworte ausgestoßen, nämlich selbige Bestie, die ihm das getan, gleich aufhängen zu lassen, wenn er solche in seine Hände bekam. Das war aber das beste, daß er sie nicht hatte".
Die Belagerung, verbunden mit wiederholenden heftigen Angriffen, dauerte bis zum Oktober und brachte keine Erfolg. Am 5. Oktober befahl Wallenstein den Abmarsch seiner Truppen, denen er die Stadt zur Plünderung freigegeben hatte und ließ aus Wut über sein Mißlingen die halbe Vorstadt am Stetzenbach niederbrennen, ebenso die Nachbarstädte Eisfeld, Rodach, Heldburg, Ummerstadt sowie fast alle Dörfer des Coburger Landes. Ob nun wirklich Wallenstein von dem Beinahetreffer Rügers so erschreckt war, daß er deshalb den Rückzug seines Heeres befahl, ist nicht bewiesen. Doch sollten die Coburger den Konstabler Konrad Rüger als Retter der Stadt gefeiert haben und feiern ihn heute noch, und für Bertelsdorf wurde er zum "Helden des Dorfes" den einzigen, den wir je hatten.

Konrad Rüger Sölden in Berteldorf.
Aus Berteldorf stammend, erwarb 1577 der Schneider Nicolaus Rüger, der Großvater des tapferen Konstablers Konrad, auch Kürschnermeister, Zeugwart und Feuerwerker auf der Festung, das Bürgerrecht in der Stadt Coburg. Noch im Jahr 1727 waren lt. Steueranschlag die Rügers Eigentümer einer Sölde in Bertelsdorf, eine zweite trug den Hausnamen Friedrich Rüger Sölden.

Konrad und eine drei Frauen.
Unser 1612 geb. Held Konrad überlebte sowohl den Krieg als auch seine drei Frauen, er starb 1689 siebenundsiebzig Jahre alt. Von seinen 10 Kindern überlebten nur 2 das Kindesalter. Zum ersten mal heiratete er 1634 die Witwe Catharina Wolff; seine 2. Frau, die Witwe des Neustadter Bürgermeisters, starb als Sechswöchnerin 1637 im Jahr ihrer Eheschließung. Bereits ein Jahr später hielt er wieder Hochzeit, mit Catharina Krug, von den 8 Kindern dieser Ehe sind 7 früh verstorben. Es muß ein zäher Bursche gewesen sein, der Konstabler und Feuerwerker.

Die Beurteilung des Vorgesetzten.
Wenig schmeichelhaftes urteilt Hans H. V. Erffa, damals Kommandant der Festung und somit sein Vorgesetzter, über ihn: Kein sauberer Charakter. Für sein tapferes Verhalten in den 30er Jahren sollte der Konstabler lt. Vergünstigung von Herzog Casimir jährlich 100 Gulden erhalten, doch bereits der Nachfolger Casimirs setzte die Summe herunter, und nicht lange darauf bekamen Rüger und sein Kriegskamerad Ebner keine neue Bestallung mehr, doch waren beide verpflichtet, sich öfter auf der Festung sehen zu lassen; was beide unterließen, statt dessen bettelten sie um ihren rückständigen Sold. Über die Dreistigkeit der Tonart in den Bettelbriefen berichtet Kommandant Erffa an den Herzog, er bezeichnete "Ebner als Nichtsnutz, er saufe sich alle Morgen voll Brandwein und Bier und habe doch wenig zum besten (kein Einkommen). Der andere, Rüger, der feine Mittel (gemügend Geld) habe, wäre noch zu gebrauchen, habe aber schwere Sachen auf sich; vor seiner, Erffas Auskunft habe er einen Defensionshauptmann auf der Straße erstochen, was er hernach als Notwehr habe anziehen wollen, so daß er hierüber frei kam. Auch habe er sich bei währender Belagerung und Visitierung der Kisten und Fässer betreten (erwischen) lassen und nach Übergabe ziemlich Restitution tun (dafür bezahlen) müssen.

Soweit die Ausführungen von Frau Eva Herold.

Die Bertelsdorfer waren ihrem Helden so dankbar, daß sie einen Weg nach ihm benannten: den Conrad Rüder Weg.


 
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zuletzt bearbeitet 04.10.2009 | Top

RE: Festungsconstabler

#3 von Feldwebel M , 20.09.2009 16:29

Es ist selbstverständlich der:

Conrad-Rüger-Weg.

 
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RE: Festungsconstabler

#4 von gerd , 20.09.2009 17:54

hallo,läßt sich noch feststellen,wo das Haus lag,in dem Rüger in Bertelsdorf wohnte? Oder gibt es das nicht mehr?
gruß gerd


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RE: Festungsconstabler

#5 von Feldwebel M , 20.09.2009 19:15

Hallo Gerd,

1727 gab es weder Straßennamen noch Hausnummern. Eva Herold schreibt unter Nr. 7 Friedrich Rüger, ein Sölden, die Friedrich Rügers Sölden genannt, wird versteuert: 202 fl. mit:- 16 gr. 10,5 pf. Ein neues Haus von 2 Stockwerk, ein alter Stadel samt Schopfen und Hofrecht item
Ein Gras- und Baumgärtlein hinter Hans Wöhners Stadel, an diesen Stadel und den Fluß stoßend, zwischen Georg Bach und dem Gottes Kasten Hof. usw.

Wenn ich nun den Plan von Bertelsdorf um 1860 (der dem Buch Bertelsdorf und seine Höhe beiliegt) heranziehe, muß das Haus der Rügers im Unteren Mühlenweg gestanden haben. Es grenzte also wie beschrieben direkt an die Lauter an und wurde zumindestens in Teilen abgerissen oder umgebaut. Es liegt hinter der heutigen Mühle und gehörte zum Anwesen Herold Nr 2 im Unteren Mühlenweg.

 
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RE: Festungsconstabler

#6 von Christian , 20.09.2009 21:48

Rüger besaß noch ein Wohnhaus in Coburg.
Laut Cyriaci war dies das heutige Gebäude Spitalgasse Nr. 26 (Juwelier Stahl)

Gruß
Christian

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RE: Festungsconstabler

#7 von gerd , 21.09.2009 07:14

Wieder was dazu gelernt!!..Danke
gerd


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RE: Festungsconstabler

#8 von gerd , 21.09.2009 07:19

Ist zufällig bekannt,was der Constabler noch alles können mußte,ausser mit den diversen "Stücken" zu schießen?Gibt es da etwas zum nachlesen?
Ich denke doch,das da irgendwo etwas stand,finde es aber nimmer?Könnte mir vorstellen,das Rüger auch Schwarzpulver herstellen konnte!?
gerd


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RE: Festungsconstabler

#9 von Christian , 21.09.2009 09:18

Gerd, schau dir mal diesen Link an:

http://de.wikipedia.org/wiki/Konstabler

Es ist übrigends bei Cyriaci nachzulesen, dass Rüger, nachdem er für die Tätigkeit als Konstabler zu alt geworden war, Zeugmeister geworden ist. Er war also wohl verantwortlich für die Waffenkammern Coburgs (siehe Bezeichnung Zeughaus).

Christian  
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RE: Festungsconstabler

#10 von gerd , 21.09.2009 09:49

danke Christian,sehr informativ
gruß gerd


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