Altstraßen

#1 von gerd , 16.01.2005 15:35

Meine Gedankengänge zu dem vom Norbert im Fotoalbum eingestellten Bild,mit dem Modell der Itztalquerung durch den ICE sowie der neuen Autobahn und den von mir gefundenen Bericht über die "Altstraßen",liegen garnicht so weit auseinander.-Damals wie heute ,die Erschließung des Landes durch Straßen,ohne die ein Staat nicht existieren könnte!

Bei Walter Eichhorn,im Jahresheft aus dem Jahr 1972,hier wiederum das Heft Nr. 8 findet sich folgender Aufsatz, den ich hier Stichpunktartig wiedergeben will:
Nach bambergischer Anordnung mußte(sollte) die Straße 3 Sperre (5,5-6m) breit (!!)und beiderseits mit Gräben und Hecken versehen sein.Grenzsteine, Höhenbäume als Richtpunkte,seichte Flußübergänge,Flurnamen kennzeichnen den Verlauf von Altstraßen.
Die Entwicklung vom Einzelhof zum Dorf setzte feste Verkehrsadern vorraus.

Vorspann,Geleit(Geleitstraße),Wegebau,Versorgung,Beherbergung,Zoll und Markt wurden zwingende Notwendikeiten solcher Straßen.(Mit all seinen Vor und Nachteilen!)

Geleit: Reisende konnten im MA das Recht in Anspruch nehmen,sich gegen Entgeld von Bewaffneten .
schützen zu lassen.

Regeln: Der Verkehr war in Hohlwegen nur in einer Richtung gleichzeitig möglich.Vormittags Bergfahrt
Nachmittags Talfahrt!

Warte : Anlagen von Warten auf Bergen in der Nähe der alten Straßen,ergänzten und unterstützten die
Burgen in der Aufgabe,die diese für die Sicherung des Verkehrs hatten.

Zollgebühren:(1666) Ein beladener Güterwagen - 3 Groschen
1 Herdochse oder Pferd - 1 Groschen
1 Jude zu Fuß 3- Groschen
1 Jude zu Pferd 6-Groschen
Der Autor geht hier auch auf die Strecke:Coburg, Neustadt, Köppelsdorf, Judenbach - Sattelpass -Probstzella,Saalfeld ein.An der sogenannten "Sattelpass" Straße muß wahrlich einiges los gewesen sein!So wird berichtet, das hier Wagenzüge von 70-80 und mehr Gespannen,mit vielen Hundert Pferden,auf einmal,Reisende zu Fuß oder zu Pferd oder in Kutschen hier täglich(!)in großer Zahl durchkamen!

Man erkennt daraus, das damals wie heute schon Probleme entstanden sind, was die Straßen betrifft.

Die "Warte",welche sich oft auf weithin sichtbaren Bergen befanden, sollten auch der "Fernvermittlung" dienen,konnten doch durch große Feuer hier "Nachrichten" weitergegeben werden.(Z.B. wenn sich fremdes Kriegsvolk näherte.



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RE: Altstraßen

#2 von Christian , 07.05.2007 22:29

Ich möchte mal ein altes Thema aufgreifen. Es ist ja allgemein bekannt das Coburg an der Handelsstraße zwischen Nürnberg und Leipzig lag und diese die Ketschen- und Spitalgasse überquerte.

Doch gab es auch unzählige Geleitstraßen über die ich berichten möchte. Jeden Tag stelle ich eine vor.

1. Trübenbacher Geleitstraße
Route: Coburg (Steintor) - südlich Seidmannsdorf - Ebersdorf - Neuensorg - Weidhausen - Trübenbach - Landesgrenze.
Die Straße hatte keine Bedeutung für den Fernhandelsverkehr, war aber die direkte Verbindung von Coburg nach Kulmbach.

2. Lichtenfelser Geleitstraße
Route: Coburg (Ketschentor) - Ketschendorf - Creidlitz - Niederfüllbach - Weißenbrunn am Forst - Buch am Forst - Mainbrücke in Lichtenfels.
Auch diese Straße diente ausschließlich dem Regionalverkehr, war aber wegen des Lichtenfelser Forstes und des Mainüberganges sicher von Wichtigkeit.

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RE: Altstraßen

#3 von Christian , 08.05.2007 21:30

3. Unnersdorfer Geleitsstraße
Route: Coburg (Ketschentor) - Ketschendorf - Creidlitz - Niederfüllbach - Meschenbach - Untersiemau - Zilgendorf - Altenbanz - Unnersdorf (unterhalb von Kloster Banz)
Die Straße hatte ebenfalls nur für den Binnenverkehr der dortigen Dörfer und als Mainübergang nach Staffelstein ihren begrenzten regionalen Wert.

4. Bigener Geleitsstraße
Route: Coburg (Ketschentor) - Ketschendorf - Creidlitz - Niederfüllbach - Meschenbach - Untersiemau - Großheirath - Rossach - Gleußen - Kaltenbrunn - Lahm - Busendorf - Hilkersdorf - Speiersberg - Medlitz - Rattelsdorf - Bigen am Main
Die über Bamberg nach Nürnberg führende Fernstraße hatte sich ihre herausragende Bedeutung im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit erhalten und lebt heute als Bundesstraße fort. Hierbei ist zu erwähnen, daß es sich bei Bigen am Main um einen abgegangen Ort handelt, der nördlich von Breitengüßbach an der großen Mainschleife lag. Geleitsgrenze war auch hier der Main.

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RE: Altstraßen

#4 von bobo ( Gast ) , 08.05.2007 22:56

Die von Euch beschriebenen Geleitstraßen sind heute noch stellenweise zu erkennen. Kann ja mal bei Bedarf ein Overlay von Waypoints und einem aktuellen LuBi einstellen. Dauert aber noch bis zum WE, da ich noch den Router Linux beibringen muß (nicht das mal eine Tür offen steht ).
Kann es sein, das es da aber noch eine fünfte gab?

bobo

RE: Altstraßen

#5 von Jürgen , 09.05.2007 11:05


Hallo Christian,
ist Dir bekannt, dass in Ketschendorf ein "Knüppeldamm" errichtet wurde, da auf Grund der Bodenverhältnisse die "Straße" stabilisiert werden musste? Man hat hier Äste oder "Knüppel" nebeneinander gelegt, um eine geringere Bodenpressung zu erhalten. Älteren Ketschendorfern ist dies noch heute bekannt (habe ich von einem Mitarbeiter meines Sachgebietes erfahren)
Gruß Jürgen

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RE: Altstraßen

#6 von Christian , 09.05.2007 20:22

Hallo Jürgen,
das war mir nicht bekannt, nur dass die alte Ketschendorfer Straße sehr hochwassergefährdet war und bei solchem die Wagen durch das Steintor und danach über den Glockenberg und die Hohe Straße nach Ketschendorf geleitet wurden, wo man weiter nach Creidlitz gelangte.

Im übrigen gab es 11 Geleitstraßen die von Coburg aus gingen.

Christian  
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RE: Altstraßen

#7 von Christian , 09.05.2007 20:28

5. Eltmanner Geleitsstraße
Route: Coburg (Ketschentor) - Ketschenbrücke - Wüstenahorn - Eicha - Witzmannsberg - Krumbach - Seßlach - Heilgersdorf - Buch - Ebern - Kirchlauter - Ebelsbach - Mainbrücke nach Eltmann
Auch diese Strecke war keine Fernhandelsstraße, aber für die Verbindung des würzburgischen Seßlach nach Ebern und zum Main wichtig. Wahrscheinlich ist die Straße zwischen Seßlach und Eltmann vom Coburger Geleitsmann im Auftrag des Würzburger Fürstbischofs mitbetreut worden.

6. Haßfurter Geleitsstraße
Route: Coburg (Judentor) - Judenbrücke - Scheuerfeld - Hergramsdorf - Altenhof - Tambach - Neundorf - Dietersdorf - Oberelldorf - Hafenpreppach - Ibind - Königsberg - Unterhohenried - Haßfurt
Neben der Aufgabe dieser Straße für den Binnenverkehr ist sie als eine wichtige Route für den Weintransport vom Main nach Coburg anzusehen, wie auch der Name "Weinstraße" für diese Route hinweist. Der Umfang der Transporte lässt sich zwar nicht ermitteln, da Wein zu den geleitfreien Gütern zählte.

Christian  
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RE: Altstraßen

#8 von Jürgen , 10.05.2007 13:23


Hallo Christian,
ich kann mir vorstellen, dass die alte Straßentrasse nicht der heutigen zwischen Ketschendorf und Creidlitz entspricht, sondern über die Parkstraße verlief, da diese etwas höher liegt als die Straße unterhalb der Teiche. Mein Mitarbeiter, der mir vom Knüppeldamm berichtete, wohnt gegenüber der Schlosseinfahrt. Ich nehme an, dass der Knüppeldamm im gesamten Bereich der Ketschendorfer Straße (eventuell sogar bis zur Karchestraße) und im Bereich von der Ketschendorfer Straße bis zur Parkstraße (vielleicht nicht auf ganzer Länge und mit "knüppeldammfreien" Strecken) angelegt war.
Ist Dir bekannt, dass die Furt durch die Itz im Norden sich im Bereich der Heiligkreuzkirche befand? Weiterhin war dort neben einem Rastplatz für die Wagenzüge auch eine Andachts- bzw. Gebetsstelle, aus der dann die Heiligkreuzkirche entstand, vorhanden. Es wurde auch schon vermutet, dass diese Lagerstelle auch Grund für das dortige Kranken- bzw. Siechenhaus gewesen sein soll, da man hier die Kranken zur Pflege zurückließ. Auch soll damals die Heiligkreuzkirche (ich vermute, der Name kommt von der ehemaligen Andachtstelle, einem Kreuz) durch Spenden der Kaufleute zumindest zu einem großen Teil finanziert worden sein. Es wurde auch schon vermutet, dass sich an der Nordseite der Kirche ein Außenaltar befunden habe und man deshalb nur zweischiffig gebaut habe. Dieser kann aber aufgrund fehlender Beweise bzw. Belege und wegen des durchgängigen Mauerwerks als nicht existent angesehen werden. Meine Vermutung ist, dass die damaligen finanziellen Mittel nicht zum Bau eines dritten Schiffes reichten und man dieses später noch anhängen wollte. Soweit ich mich erinnern kann, ist dies auch aus der Dachkonstruktion ersichtlich.
Gruß
Jürgen

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RE: Altstraßen

#9 von Christian , 10.05.2007 21:13

Jürgen ich habe letztes Jahr für die Historische Gesellschaft einen Beitrag über die Heiligkreuzbrücke, welcher auch hier im Magazin veröffentlicht wurde. Ferner ist in diesem Zusammenhang das Buch von Aumann/Pachale - Die Itz interessant, wo über die Bedeutung verschiedener Brücken an dem Fluss berichtet wird.

Christian  
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RE: Altstraßen

#10 von Christian , 10.05.2007 21:42



Die Heiligkreuzbrücke um 1820

Im Hintergrund, das alte Spital in der Wiesenstraße, die Heiligkreuzschule und ganz rechts am Bildrand die Alte Heiligkreuzschule

Christian  
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