Pfarrer Johnson

#1 von gerd , 29.09.2006 10:12

Der "Jungdeutsche Orden"
oder wer den Nationalsozialisten mit den Weg ebnete.
Im Jahr 1920 gründete sich in Kassel der sogenannte "Jungdeutsche Orden",der sich das Deutschtum auf seine Fahnen geschrieben hatte.
Aus Gram über den Kriegsausgang und den Versailler Vertrag, sinnt er auf Rache gegen Frankreich außenpolitisch und innenpolitisch auf die Ausmerzung alles Fremdrassigen!
Der Pfarrer Helmuth Johnson,1881 in Neustadt/C. geboren,ist Mitte der 20er Jahre der populärste Politiker im Coburger Raum!
Er besuchte das Gymnasium in Coburg,studierte Theologie,war begeisterter Frontsoldat des 1.W.K.und danach in Freikorps tätig.!1919 als Pfarrer in Gauerstadt.
Die Nachkriegswirren des verlorenen 1.W.K.lassen ihn politisch tätig werden.
Er wird Obermeister der Bruderschaft des Jungdeutschen Orden.
Johnson benutzt die Kanzel für seine deutliche Sprache,-er ist ein gern gehörter großartiger Redner
und findet ein offenes Ohr bei den rechtsstehenden Kreisen in Coburg!
Wo der Jungdeutsche Orden auftritt kommt es zu Reibereien mit sozialdemokratischen Arbeitern.
Im Sommer 1923 ist Johnson das klassische Beispiel eines politischen Pfarrers.
"Er findet Unterstützung des Herzogs und das Wohlwollen der Coburger Polizei.Zahlreiche Vereine und Verbände sympatisieren mit ihm!"
Die Abdankung der Monarchie,ausgelöst durch die Revolution nach dem 1.W.K.wurde vom Adel als ein Dorn im Auge empfunden.
Der Deutsche Adel sieht im Jungdeutschen Orden wieder einen "Silberstreif" am Himmel für seine Sache und unterstützt den Orden vielfältig!!-Auch der Coburger Herzog.
Johnson und sein Jungdeutscher Orden,der nach den Richtlinien des Deutschen Ritterorden`s in Bruderschaften und Balleien gegliedert ist,gibt sich mit romantizistisch-militärischen Charakter.
Ihr Ziel ist:"die Verwelschung" im Westen Deutschlands,die "Verslawung"im Osten D. und die "Verjudung" im inneren Deutschlands zu bekämpfen!
Die Sozialdemokratische Weimarer Republick stellte sich bis zu ihrem Niedergang schützend vor die deutschen Juden.Trotzdem kam es in Coburg immer öfters zu Ausschreitungen gegen die Juden.Selbst die Cob. Polizei griff manchmal nicht ein.
"der Antsemitismuss wird von der Ev. Kirche wachgehalten und in Krisenzeiten von politischen Pfarrern in die Gesellschaft hineingetragen!"(nach Wolfgang Gerlach)
Johnson wird in Coburg Kanditat des "Völkischen Blocks"für die Landtagswahlen im April 1924.Er geht als Sieger daraus hervor und lässt sogar den populären Franz Klingler(SPD) hinter sich zurück.
Im Jahr 1924 ist Johnson der Politiker mit dem größten Rückhalt in der Bevölkerung hier in Coburg.
(fragt man sich:wo stand die Mehrheit der Bevölkerung unseres Gebiet`s politsch zu dieser Zeit???)
Johnson ist bis 1928 Abgeordneter in München,während der "Völkische Block" hier im Coburger Gebiet langsam auseinander fällt.
Die Nazis übernehmen mehr und mehr die Führung,konkurierende Gruppen werden nicht (mehr) geduldet!
Johnson überwirft sich mit Franz Schwede und geht auf Distanz zu den Nazis.
Bei den Wahlen 1928 erhält Johnson nur noch wenige Stimmen!
Er kehrt nach Gauerstadt zurück.1929 übernimmt er in Lübek das Dompfarramt.Er wird Landesbischof von Braunschweig und stirbt 1947 in Kriegsgefangenschaft in Jugoslawien.
Die Völkische Bewegeung verliert im Raum Coburg mehr und mehr an Gewicht.
Die vom DVSTB (Deutschvölkischer Schutz und Trutzbund)und vom Jungdeutscher Orden mobilisierten Massen strömen nun der NSDAP zu!


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RE: Pfarrer Johnson

#2 von Exil-Coborcha , 29.09.2006 13:17

danke gernd für den interessanten beitrag. abe rmal eine frage: was heist genau: Trutzbund?


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RE: Pfarrer Johnson

#3 von kilroy ( gelöscht ) , 29.09.2006 14:35


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RE: Pfarrer Johnson

#4 von gerd , 29.09.2006 16:20

Chris,Helmut hat mir die Erklärung vorweg genommen.
Wie radikal dieser Pfarrer Johnson damals aufgetreten ist,wird u.A. in den Büchern."Coburg,Bayern und das Reich"-(Autor Erdmann) und in dem Buch "Die Coburger Juden"-(Autor Fromm)ausgiebig behandelt.Interessant,was damals so alles in Coburg los war,bzw. passierte!
So kam es z.B. am 26.Nov.1920 bei einer Veranstaltung im Hofbräusaal,den der DVSTB veranstaltet und bei dem zum ersten Mal die Coburger Juden keinen Zutritt hatten, unter den ca.2000 Teilnehmern zu einer Saalschlacht,wobei es Verletzte gab.
Unter den Zuhörern befinden sich ca. 200 den sozialistischen Parteien angehörende Arbeiter,welche sich mit den Aussagen des Redners aus Nürnberg keinesfalls einverstanden erklären,sondern lauthals ihren Protest artikulieren!Daraufhin Eskulation zur Saalschlacht!-Der Bericht der Polizei liegt hier vor.
Der JDO(Jungdeutscher Orden)zählte dann in den Monaten Oktober und November 1923 zu jenen Verbänden,die von den staatlichen Behörden für die Verstärkung des nordbayerischen Grenzschutzes herangezogen wurden.Er beteiligte sich hier mit dem sogenannten Jungdo-Regiment!
(Übrigens :seit der zweiten Novemberhälfte des Jahres 1922 bestand in Coburg eine Ortsgruppe der NSDAP!!)
Welche Rolle das Coburger Herzoghaus in Verbindung mit dem DVSTB und dem Jungdeutschen Orden spielte ist ebenfalls bei Fromm nachzulesen und ausserordentlich interessant !


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RE: Pfarrer Johnson

#5 von Christian , 29.09.2006 17:09

Als Ergänzung zu Gerds Beitrag sei anzumerken, dass die Ortsgruppe der NSDAP 9 Tage nach Beendigung des Deutschen Tages in Coburg gegründet wurde, wo auch Hitler und seine Freunde teilgenommen hatten. Gründungslokal war die Gaststätte "Weißes Ross" in der Judengasse.


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RE: Pfarrer Johnson

#6 von gerd , 30.09.2006 10:28

Sehr bald nach ihrer Gründung stand die Ortsgruppe der Coburger NSDAP unter der Leitung von Franz Schwede.Im April 1923 zählten zur NSDAP im Coburger Bezirk ca. 300 Mitglieder!
Einer der Pächter der Gaststätte "Weisses Ross" war ein "Überzeugter"!Er ist uns Älteren hier im Forum noch gut bekannt!(Man braucht ja keine Namen zu nennen!)
Zu diesen Thema hat Harald Sandner in seiner Chronik auf der Seite 123 ein eindrucksvolles Bild von der Gaststätte "Weisses Ross" in der Judengasse 36,es war als Wahllokal eingerichtet.


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RE: Pfarrer Johnson

#7 von gerd , 30.09.2006 13:55

Im Juli 1923 läd der Jungdeutsche Orden zu einem "Deutschen Tag" nach Coburg ein.Was sich an den Beiden Tagen in Coburg abspielt,ist ein riesiges Volksfest,mit allen erdenklichen Zutaten:ein Feldgottesdienst auf dem Schlossplatz,die Weihe der Balleifahne,ein Festzug durch die Straßen der Stadt.Die Coburger Zeitung schrieb damals:"Die Zugteilnehmer wurden von Tausenden der Bevölkerung an den Fenstern und in den Straßen harrend, mit Hoch und Heil Rufen begrüßt".
In der Ketschegasse marschierten die ca.6000(!) "Sturmtruppen" des JDO im Paradeschritt an den Komturen und Ehrengästen vorüber",zu denen auch der Herzog gehörte.
Alfred Roth,der Vorsitzende des DVSTB hielt am Eröffnungsabend im Hofbräusaal eine flammende Rede gegen die Juden und auf der Bühne wurde ein "lebendes Bild" sichtbar.
"Deutschlands Untergang und Erneuerung."Im Hintergrund steht auf höchstem Stand die Gestalt der Germania,eine Jungfrau mit herabwallenden blonden Haar.Von links und rechts drängt sich Jungdeutschland,Jünglinge,junge Frauen und Kinder herzu,die Hände hoffnungsvoll erhebend zur Germania.Ein junger Mann blickt traurigen Auges auf sein zerbrochenes Schwert.Im Vordergrund erhebt sich eine Rheintochter aus den Fluten des Rheins,eine Krone mit beiden Händen erhebend.
Das ergreifende Bild mußte mehrmals gezeigt werden.

Diese Nationale Stimmung im damaligen Deutschland sollte man immer im Auge behalten,wenn es darum geht,warum konnten die Nationlsozialisten dann an die Macht gelangen!

Ich glaube,das jetzt die Beziehung des Adel`s in Deutschland zu diesen (Völkischen) Gruppen besser verstanden werden kann!


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RE: Pfarrer Johnson

#8 von Christian , 30.09.2006 14:42

Gerd, zum Jungdeutschen Orden gibt es eine relativ bekannte Ansichtskarte, die sich direkt auf Coburg bezieht.

Gruß
Christian


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RE: Pfarrer Johnson

#9 von gerd , 30.09.2006 16:27

Christian,hast du die Karte?Kann man die mal sehen?
Wollte auch mal wissen,obs von dem Pfarrer Johnson ein Bild gibt?


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RE: Pfarrer Johnson

#10 von Christian , 30.09.2006 17:24

Wenn du dich mit dem Zeitabschnitt beschäftigst dann schon Norbert


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