Also die Entnazifizierungsakten finden sie im Staatsarchiv Coburg (Herrngasse 11). Wenn sie einen berechtigten Anlass haben (also Geschichtsforschung oder Familienforschung) dürfen sie die einsehen. Es gibt allerdings, so meiner Erinnerung nach auch Sperrfristen (m. W. 30 Jahre nach dem Tod des Betreffenden). Aber die Archiv-Mitarbeiter können Ihnen da sicher weiter helfen.
Hallo Stammbus, hallo Christian,, erst mal herzlichen Dank für die Äußerung und die Hinweise. Sicher waren bei Land und Reich die Prozentzahlen ähnlich. Stammbus schreibt, es gehörte Mut dazu nicht mitzumachen und NS-Parteigenosse zu werden. Das ist völlig richtig. Aber wie warenden die Folgen, wenn man sagte,iich habe keine Lust der Partei beizutreten? Man verlor, denke ich, wenn man sonst nicht unangenehm aufgefallen war, aeinen Beamtenstatus wohl nicht (geschweige denn seine Freiheit). Beförderungen konnte man vergessen, man mußte sich wohl immer rechtfertigen, was riskant sein knnte und war vielleicht gewissen Schikanen ausgesetzt.Aber mehr doch wohl nicht? Es war eben einfach bequemer sich anzupssen.Die Gleichung PG ist gleich überzeugter Nazi stimmte so allgemein nicht (siehe Sauerteig). Und da komme ich auf den zweiten Punkt, der Stammbus offenbar ebenso beschäftigt wie mich. Warum wurde in den Schulen in der Zeit von 45 bis etwa 68 nicht über die NS-Zeit aufgeklärt? Bei uns am Casi z.B. (ich bin Jahrgang 1937) endete der Geschichtsunterricht mit dem ersten Weltkrieg. Ich glaube, ich stand schon kurz vor dem Abitur, als ich das erstemal vom Holocaust hörte. Es war halt so, dass unsere Lehrer fast ausnahmslos aus der Zeit des 3. Reichs und teilweise noch aus der Weimarer Zeit stammten. Manche waren wohl einmal von der Hitlerei überzeugt gewesen (viele Menschen waren es damals immer noch, konnten es nur nicht mehr zugeben;ich hörte öfters den Spruch "aber der Hitler hat doch die Autobahn gebaut"). Die Mehrzahl waren wohl halt auch Mitläufer (ein treffendes Wort) aus Opportunismus. Man schämte sich wohl darüber zu reden und glaubte bei den heranwachsenden kein Verständnis zu finden. So galt die Devise: die Vergangenheit muss man endlich (!) ruhen lassen. Wir hatten einen Lehrer, der von einem Sondergericht in Bamberg zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war und dem man in der Haft einen bleibenden körperlichen Schaden zugefügt hatte.Auch er sprach nicht über das, was er erlebt hatte. Auch Eltern und Verwande sprachen bei mir (aber ähnlich war es sicher in zahllosen Fällen) nicht über die NS-Zeit. Wohl aus ähnlichen Gründen. Es war eine "bleierne Zeit". So kommt es, dass wir jetzt in das Staatsarchiv pilgern und versuchen an Hand der Entnazifierungsakten noch etwas über die eigene Familie heruszubringen..... Zum Thema Carl Eduard vielleicht noch ein andermal einige Anmerkungen. HerzlicheGrüße Helmut
stimme Ihnen voll zu und habe (am Albertinum) die gleichen Erfahrungen mit dem Geschichtsunterricht gemacht. Es lag aber nicht (nur) an den Lehrern selbst, sondern offensichtlich auch an den Lehrplänen: Ich habe noch mein Geschichtsbuch aus jener Zeit. Wie da die Nazidiktatur am Rande behandelt wird, ist schon mehr als oberflächlich.
Das mit der eigenen Familiengeschichte möchte ich der guten Ordnung halber nur gerade rücken: Es gibt in einer Akte wahrscheinlich geliehene und nie zurück gegebene Zeitungsartikel über meinen Großvater, den die Nazis 1933 wegen seiner Logenmitgliedschaft in der Öffentlichkeit attackiert hatten. Über das, was meine Vorfahren zwischen 1933 und 1945 getan oder gelassen haben, bin ich glaube ich recht gut informiert und würde, wenn es anders wäre, danach wahrscheinlich auch nicht forschen.
Hallo Stammbus, wann wurde das denn besser mit den Lehrern und ja, natürlich auch den Lehrplänen? In meiner Schulzeit wurde auch unter uns Schülern nicht über das dritte Reich gesprochen (auch nicht über Väter, die im Krieg blieben usw.). Natürlich haben wir selber auch den Fehler begangen unsere Lehrer bzw. Eltern nichtzu befragen. Es war einfach ein Tabuthema.
Mein Vater war eben so ein PG wie Sauerteig und viele andere ab etwa 1937. Er war dann 1948 als "Mitlaüfer" eingestuft worden. Ich würde mich gerne heute mit ihm über das ganze Thema unterhalten. Aber das habe ich vesaümt. Darum das Interesse an den Akten.
Über die Vorgänge vom Frühjahr 1933 gibt es ja zahlreiche Berichte. Die lieben Coburger haben weggehört, wenn im Rathaus oder im Brauhof die Schreie der Mißhandelten zu hören waren. Lobend erwähnen muss man den Direktor des Krankenhauses Zapf, der sich - erfolgreich- geweigert hat, einen der krankenhausreif Geprügelten an die "Hilfspolizei" (SA) herauszugeben. Recht aussagekräftig fand ich die Schilderungen des damaligen Vikars und späteren Pfarrers Rößler, der recht mutig diese Prügelorgien in einer Predigtin Heiligkreuz angesprochen hat. Das Buch ist wohl nicht besonders bekannt. Wie war das mit Mitgliedern von Logen, galten sie auch als potentielle Regimeegner?
> wann wurde das denn besser mit den Lehrern und ja, natürlich auch den Lehrplänen?
Jedenfalls nach meiner Zeit, ich habe 1970 die Schuile verlassen. Das wird sicherlich nicht von heute auf morgen so gegangen sein.
> In meiner Schulzeit wurde auch unter uns Schülern nicht über das dritte Reich gesprochen (auch nicht über Väter, die im Krieg blieben usw.). > Natürlich haben wir selber auch den Fehler begangen unsere Lehrer bzw. Eltern nichtzu befragen. Es war einfach ein Tabuthema.
Das habe ich genau so in Erinnerung. Wie wollen Sie, ausgestattet mit der "Gnade der späten Geburt", auch von selbst auf ein tabuisiertes Thema kommen?
> Mein Vater war eben so ein PG wie Sauerteig und viele andere ab etwa 1937. Er war dann 1948 als "Mitlaüfer" eingestuft worden. Ich würde mich gerne > heute mit ihm über das ganze Thema unterhalten. Aber das habe ich vesaümt. Darum das Interesse an den Akten.
Ich habe ja auch nur für mich gesprochen.
> Über die Vorgänge vom Frühjahr 1933 gibt es ja zahlreiche Berichte. Die lieben Coburger haben weggehört, wenn im Rathaus oder im Brauhof die Schreie > der Mißhandelten zu hören waren. Lobend erwähnen muss man den Direktor des Krankenhauses Zapf, der sich - erfolgreich- geweigert hat, einen der > ankenhausreif Geprügelten an die "Hilfspolizei" (SA) herauszugeben.
Vielleicht kommt der Stadtrat ja mal auf die Idee, eine Straße nach Herrn Zapf zu benennen oder ihm posthum eine Auszeichnung zu verleihen. Der Mann war echt mutig.
> Recht aussagekräftig fand ich die Schilderungen des damaligen Vikars und späteren Pfarrers Rößler, der recht mutig diese Prügelorgien in einer > Predigt in Heiligkreuz angesprochen hat. Das Buch ist wohl nicht besonders bekannt.
Ich habe davon in der Tat noch nicht gehört.
> Wie war das mit Mitgliedern von Logen, galten sie auch als potentielle Regimegegner?
Potenziell ja, zumindest galten sie als unerwünscht. Die Verfolgungen waren aber bei weitem nicht so hart wie die gegen Juden, Sinti, Roma, die linken Parteien und die Gewerkschaften. Siehe
Meine Erinnerung bezüglich des "Buchs" von Hans Rößler hat mir wohl einen Streich gespielt. Ich habe nochmals nachgesehen, es gibt anscheinend lediglich eine 30-seitige Abhandlung von ihm im Jahrbuch der Courger Landesstiftung 1975 mit dem Titel "Erinnerungen an den Kirchenkampf in Coburg". Ausleihbar bei der CoburgerLandesbiblothek. Zum Thema Direktor Zapf, Herzog Carl Eduard und anderen Namen, die so in dem Forum auftauchen, eine Anregung an Moderatoren des (wirklich gut gemachten,vor allem auch sehr übersichtlichen und leicht zu bedienenden!) Coburg-Forums: Könnte es nicht sinnvoll sein, eine eigene Threadabteilung (wie zu den Straßen)über Coburger Persönlichkeiten (mit einem gewissen Bekanntheitsgrad natürlich) zu eröffnen? Weinwander
Über den Kirchenkampf im Coburger Land gab es ja auch mal ein eigenes Büchlein. Dass darin die Predigten in der Heiligkreuzkirche gegen die Folterung von Nazigegnern erwähnt worden, entzieht sich meiner Erinnerung. Ich habe das Buch nicht mehr.