Nachdem Christian über die 9 Keller unter'm Plattenäcker berichtet hat, habe ich jetzt mal die Marschbergkeller in den Fokus genommen, an denen ich viele Jahre fast täglich achtlos vorbei gefahren bin.
Es handelt sich um drei beieinander liegende Keller, von denen der rechte - bis auf eine kleine Lüftungsöffnung - zugemauert ist:
Die Fotos vom Inneren des mittleren Kellers stammen nicht von mir, sondern von zwei jungen Leuten, die diesem Keller kürzlich einen Besuch abgestattet haben.
Was mich beeindruckt, ist die architektonische Ästhetik dieses Kellergewölbes.
@Christian oder andere kundige Forumsleser: Weiß jemand etwas über die Geschichte dieser drei Keller
Also ich habe mich mit den Kellern noch nicht beschäftigt. Dennoch hat der Blick auf den Urkatasterplan von 1862 erste Hinweise erbracht.
Auf den genannten Grundstücken findet sich jeweils die Adresse des Kellereigentümers: VI 97, I 33 und II 5. Man muss dazu sagen, dass Straßennamen als Teil von Adressen erst 1875 in Coburg eingeführt wurden. Vorher erfolgte die Aufteilung der Stadt in Stadtbezirke. So war der Besitzer des linken Kellers im VI. Stadtbezirk Haus Nr. 97 zuhause.
Jetzt kann man richtige Forschungsarbeit betreiben und nach diesen Nummern suchen. Ich erspare euch das. Und sage euch die heutigen Adressen:
VI 97 = Webergasse 30 I 33 = Rosengasse 14 II 5 = Judengasse 4
Alle drei Häuser haben nun etwas gemeinsam: In ihr wurden Gaststätten mit einer eigenen Hausbrauerei betrieben.
Webergasse 30 = Restaurant & Brauerei Schaffner, heute Bierlokal "Weberstüble" Rosengasse 14 = Gasthof "Zum Goldenen Anker" Judengasse 4 = Gasthof "Zur Blauen Ruppe" später als "Thüringer Hof" bekannt.
Bei weiteren Infos zu den Keller wäre ein Gang ins Staatsarchiv und die Einsicht ins Grundbuch von Nöten. Die dazu benötigen Flurnummern kann ich liefern.
Danke, Christian, für die raschen und interessanten Informationen zu den Marschbergkellern (und das an Heiligabend).
Wenn man jetzt mal Fakten mit etwas Phantasie mischt (ohne gleich in die Archive zu gehen):
Die Keller unter'm Plattenäcker und die Marschbergkeller liegen nur ca. 200 m auseinander. Beide Kelleranlagen gehen auf die 1830er-Jahre zurück. Die Einlagerungsmöglichkeit von Bier scheint für den Bau beider Kelleranlagen eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Im Umfeld beider Kelleranlagen gab es auch viel landwirtschaftliche Flächen: Die Plattenäckerkeller lagen unter der "Platte" (damalige Flurbezeichnung); es gab also die Äcker auf der Platte. Der Postgrund war ebenfalls landwirtschaftliches Gebiet. Auch oben am Marschberg war Landwirtschaft angesiedelt. Ich vermute also, dass die beiden Kelleranlagen nicht nur der Biereinlagerung, sondern auch der Einlagerung von Lebensmitteln und Feldfrüchten gedient haben. Die Zufahrt von der Stadt zu den genannten Kelleranlagen erfolgte wohl über die Ketschenbrücke (Vorläufer der Schlachthofbrücke). Zu den Kelleranlagen unter dem Plattenäcker hat uns Christian berichtet, dass es dort Bierausschank gab, der sich dann zu Biergärten entwickelte. Vielleicht war das bei den Kellern vom Marschberg auch der Fall. Von Bamberg wissen wir ja, dass die Bauern und vor allem Gärtner nach der Arbeit "auf den Keller" gegangen sind, weil dort im Keller gelagertes Bier ausgeschenkt wurde. Daraus entwickelten sich dann die bekannten Bamberger Kellerbiergärten, die es heute noch gibt (z.B. "Greifenklau", "Wilde Rose", Spezial"). Vielleicht war die Entwicklung an diesen Coburger Bierkellern sehr ähnlich, nämlich dass sich die Bauern nach der Feldarbeit erst mal ein Bier am Bierkeller gegönnt haben, bevor sie heim sind. Der Marschberg war m.W. eine Coburger Ausfallstrasse Richtung Westen (Maintal/Eltmann); vielleicht sind dann auch Fuhrleute kurz "am Keller" eingekehrt.
Jetzt zur Spekulation, dass die Marschbergkeller im 2. WK. als Luftschutzkeller gedient haben: Wir wissen, dass entlang der Bahnlinie und im Bereich Güterbahnhof verstärkt Bomben abgeworfen wurden (ich meine gehört zu haben, dass es auf Häusern am Marschberg sogar Flak-Geschütze gegeben hat). Also müssen dort Luftschutzanlagen für die Anlieger, aber auch für die Arbeiter des Güterbahnhofes vorhanden gewesen sein. Diese Hypothese wird m. E. dadurch gestärkt, dass es in allen drei Marschbergkellern Elektroinstallation gibt. Vielleicht kann jemand einschätzen, ob die Elektroinstallation im linken Marschbergkeller wirklich aus der Zeit des 2. WK. stammt:
Auf dem zweiten Foto vom Keller, wo man die Treppe sehen kann ist in der linken Mauer eine kleine Nische eingelassen. Ich meine irgendwo gelesen zu haben, das man dort Laternen mit Kerzen oder nur Kerzenleuchter/Petroleumlampen und die "Zündmittel" abstellte/legte. Das es dort später El. Licht gab, könnte man annehmen, aber die sichtbare Installation ist m. M. nach neueren Datums! Immer wieder interessant , wenn man an solchen Kellertüren vorbei fährt, was sich manchmal dahinter verbirgt.
Also ich habe noch mal nachgeschaut. Ich finde aber nirgendswo eine Nutzung der Keller für den Luftschutz.
Einen Biergarten in dem Bereich kann ich ebenfalls ausschließen. Man bedenke die Keller sind nach Norden gerichtet. Im Bereich westlich der Altstadt liegen alle Keller prinzipiell gen Osten oder gen Süden.