Erinnerung an eine böse Zeit vor 100 Jahren - Die Hyperinflation: Hierzu Zeitzeugenberichte:
Der Heimatforscher und Lehrer Walter Schneier berichtete, dass sein Vater nach dem Ersten Weltkrieg eine kleine Wohnung für 30 Mark am Marienberg gemietet hatte. Als er Ende Oktober 1923 beim Vermieter anfragte, wieviel Millionen er nun zahlen müsse, sagte dieser: „Bringen Sie mir halt heute Abend dafür eine Semmel mit!“. Ernst Eckerlein, damals Bankangestellter und späterer Heimatforscher erinnerte sich: „Wir haben gegen Ende der Inflation täglich unseren Ofen mit 1000-Mark-Scheinen und anderen „kleinen“ Banknoten angeheizt. Sie waren ohnehin nichts mehr wert.“
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Dazu passt auch die Erinnerung von Walter Landefeld, der ebenfalls als Heimatforscher und Lehrer in Coburg tätig gewesen war. „Am Ende der Inflation gab es so viel Notgeld in Coburg, daß dieses in Säcken in das Gaswerk zum Verbrennen geschafft wurde. Die Hitze trieb jedoch viele Geldscheine durch den Schornstein hinaus und der Wind wehte sie in Richtung Hutstraße. Dort waren die Menschen erstaunt und erfreut zugleich, als sie Geldscheine vom Himmel flattern sahen. So hub denn ein eifriges Fangen und Grabschen an und mit dem leicht angesenkten Papierchen stürmten zahlreiche Anwohner der Hut die Geschäfte, um noch etwas zu ergattern. Aber das war vergebliche Liebesmüh. Die Geldscheine hatten tatsächlich nur noch Papierwert.“
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Tragik-komisch mutet die Geschichte von Albert Metzner an. „An einem Sommertag des Jahres 1923 sah ich in dem Schaufenster eines Schreibwarengeschäftes am Oberen Bürglaß eine Schachtel mit Farbstiften […] Auf meine Frage nach dem Preis, nannte mir die Verkäuferin oder Besitzerin 4000 Mark. – Nun nichts wie heim in die Rodacher Straße, um das Geld zu holen. Zurück in das Geschäft! Freudestrahlend blätterte ich 4000 Mark auf den Ladentisch. „Ja“, sagt die Frau, „der Geldwert ist gesunken; die kosten jetzt 5000 Mark!“ – War das eine Enttäuschung. Doch es half nichts. Also nochmals nach Hause, um bei der Mutter 1000 Mark zu erbitten. Zurück in den Laden „Ach Gott, Jüngle“, sagt da die Frau, „die kosten ja inzwischen 6000 Mark!“ – Gesagt habe ich nichts, aber ausgesehen habe ich wohl wie das heulende Elend. Und das rührte sicher auch das Gute. Mit den Worten „Da hast du deine Farbstifte für 5000 Mark!“ machte sie mich zum glücklichsten Jungen dieses Tages. Und das alles geschah in einem Zeitraum von knapp zwei Stunden.“
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Im November 1923 erreichte die Hyper-Inflation ihren Höhepunkt. Folgende Preise für Brot, Fleisch und Bier wurden damals aufgerufen:
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Am 1. November: 500 Gramm Brot für 3 Milliarden Mark 500 Gramm Fleisch für 36 Milliarden Mark 1 Glas Bier (0,5 Liter) für 4 Milliarden Mark
Am 15. November: 500 Gramm Brot für 18 Milliarden Mark 500 Gramm Fleisch für 900 Milliarden Mark 1 Glas Bier (0,5 Liter) für 52 Milliarden Mark
Am 1. Dezember: 500 Gramm Brot für 260 Milliarden Mark 500 Gramm Fleisch für 3,2 Billionen Mark
Das mit der Inflation von vor hundert Jahren hat mein Opa auch oft erzählt. Da haben die Frauen jeden Tag bei der Arbeit der Männer gewartet, die damals jeden Tag ihren Lohn bekommen haben. Und dann sind sie alle gerannt, zum Bäcker, zum Metzger, zum Lebensmittelladen.
Wenn wir den Kaufkraftverlust zur Zeit anschauen und wir alle merken wie die Zeiten härter werden, wie muss das erst damals für die Leute gewesen sein? Schwer Vorstellbar das da überhaupt noch eine Form von Wirtschaftssystem funktioniert hat. Wie soll da ein Rohstoffmarkt oder sonstiger Transfer noch gehen?