Coburger Oberbürgermeister - Ludwig Meyer (Beitrag vom 05.12.2009)

#1 von Christian , 04.12.2009 13:28

Er war der erste gewählte Oberbürgermeister von Coburg nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war einer der bedeutendsten Kommunalpolitiker, die es nach 1945 in unserer Region gab. Trotzdem ist sein Name heute fast völlig vergessen. Oder wer kann sich noch an die Amtszeit des Oberbürgermeisters Ludwig Meyer erinnern?

Geboren wurde Ludwig Meyer als Sohn eines Handwerkers am 15. April 1886 in Neustadt bei Coburg. Nach dem Besuch der Volksschule ging er an die Neustadter Industrieschule und ließ sich dort zum Modellier ausbilden. Meyer war Schüler des bekannten Künstlers und Pädagogen Professor Max Derra, der schon den bedeutenden Karikaturisten und Zeichner Karl Arnold prägte. Nach der Beendigung der Schullaufbahn ging Meyer auf Wanderschaft und legte seinen Militärdienst ab. Er ließ sich danach in Coburg nieder und arbeite als Augeneinsetzer für Puppen. Schon in der frühesten Jugend hatte er Kontakt zu den Arbeitermilieus. So führte sein Weg zur Sozialdemokratischen Partei, in der er bald Mitglied wurde. Aber erst in Coburg sollte er kommunalpolitisch aktiv werden. Bei den Coburger Stadtratswahlen von 1924 zog Meyer für SPD in das Gremium ein. So wurde er hautnah Zeuge des Aufstiegs des Nationalsozialismus in Coburg. Nachdem die NSDAP im Jahre 1931 die Macht in Coburg endgültig an sich gerissen hat, war Ludwig Meyer immer größeren Anfeindungen ausgesetzt. Als schließlich im Jahre 1933 Hitler die Macht ergriff, waren Meyers Tage in Freiheit gezählt. Er und seine sozialdemokratischen Parteifreunde wurden aus dem Stadtrat entfernt und Meyer selbst in das Konzentrationslager Dachau gebracht, wo er einige Jahre interniert war. Nach seiner Freilassung war er aufgrund seiner Vergangenheit lange arbeitslos, so dass er in ärmlichen Verhältnissen leben musste. Seine Stunde schlägt erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Auf der Suche nach unbelasteten Deutschen stieß die US-Militärregierung in Coburg auf Meyer. Sie ernannte ihn am 18. Mai 1945 zum Zweiten Bürgermeister von Coburg. Gleich nach Ende des Krieges betrieb er mit anderen die Gründung eines sozialdemokratischen Ortsvereins in Coburg an, der schließlich auch am 29. September 1945 unter seiner Mitwirkung entstand. Als am 19. Dezember 1945 der kommissarische Oberbürgermeister Bornhauser zurücktrat, ernannten die Amerikaner Ludwig Meyer zum neuen Stadtoberhaupt. Die Probleme die er vorfand waren katastrophal. Er beschrieb das später so: „Die gesamte militärische, zivile und juristische Gewalt lag in den Händen der Besatzungsmacht. Erst viel später gab man die Rechte nacheinander an die Zivilbevölkerung frei. Die Offiziere der Militärregierung waren unterschiedlich. Vernunft und Rachsucht lagen oft nahe beisammen, wenn auchder einsichtige Teil mit der Zeit überwog.“ Das größte Problem seiner Zeit war die Frage der Flüchtlinge. Nach Kriegsende drängten sich in Coburg an die 17.000 Flüchtlinge vor allem aus Schlesien und dem Sudetenland. Die Einwohnerzahl schnellte von rund 30.000 vor dem Zweiten Weltkrieg vorübergehend auf 50.000 hoch, womit Coburg in punkto Überbelegung nach München und Nürnberg den dritten Platz einnahm. Wohnraum war dadurch zur Mangelware geworden. Es ist vollkommen klar, dass die ersten Schritte in ein geregeltes Nachkriegsdasein unter derartigen Bedingungen nur in Maßnahmen zur Behebung der schlimmsten Not bestehen konnten. Das hieß konkret, das Alteingesessene und Neubürger zusammenrücken mussten. Die Flüchtlinge wurden in bereits belegte Privatwohnungen, Baracken und Kasernen untergebracht. Ein weiteres Problem das Meyer bewältigen musste war die Lebensmittelversorgung der „alten“ und „neuen“ Coburger.

Aber auf der anderen Seite gab es aber auch Fortschritte. Im Januar 1946 erschien mit der NEUEN PRESSE erstmal wieder eine Zeitung in Coburg. Auch die Demokratisierung machte weitere Fortschritte. So fand am 26. Mai 1946 die erste Wahl zum Coburger Stadtrat nach dem Ende des Krieges statt. Zwar lag die Wahlbeteiligung bei 94%, aber waren Flüchtlinge und ehemalige NSDAP-Mitglieder nicht wahlberechtigt, sodass nur eine Minderheit zur Wahl gehen durfte. In Zahlen waren das 16.000 Wahlberechtigte Coburger, bei einer Einwohnerzahl von 46.000. Der neue Stadtrat wählte schließlich Ludwig Meyer zum Oberbürgermeister. Eine OB-Wahl gab es damals noch nicht. Aufgrund seiner guten Kontakte berief ihn der bayerische Ministerpräsident Hoegner in die bayerische Landesversammlung, dem Vorgängergremium des bayerischen Landtages. Es hatte sich auch München herumgesprochen das Meyer alles versuchte, das Nazi-Image seiner Stadt zu entkräften. Dies tat er zum Beispiel mit der Gründung einer Internationalen Volksakademie in Coburg. Bei der ersten Landtagswahl in Bayern, im Dezember 1946, wurde er als Abgeordneter der SPD in das Landesparlament direkt gewählt. Meyer blieb eine Legislaturperiode im Amt und schied 1950 aus. Als im Jahre 1948 die Coburger Bevölkerung erstmals die Möglichkeit hatte, den Oberbürgermeister direkt zu bestimmen, stellte sich Meyer als Kandidat der SPD zur Wahl. Er unterlag allerdings seinem Gegenkandidaten Dr. Walter Langer von der FDP. So endete am 30.06.1948 die Amtszeit Meyers als Oberbürgermeister. Er nahm allerdings sein Stadtratsmandat, das er errungen hatte, an. Als es im Jahre 1952 darum ging einen neuen Stadtrat zu bestimmen, stellte er sich nicht mehr zur Wahl und zog sich von der politischen Bühne zurück. Nach langer, schwerer Krankheit starb Ludwig Meyer am 11. August 1957 im Alter von 71 Jahren in Coburg. In einem Nachruf war über ihn zu lesen, dass er sich immer treu geblieben sei und sich immer wie der einfacher Mann aus dem Volk gefühlt habe. Sein Vermächtnis als Oberbürgermeister war es doch, das er in vielen Fällen die Voraussetzungen dafür schuf, dass in den späteren Jahren der Wiederaufbau in der Stadt so erfolgreich durchgeführt werden konnte.

Bildquellen:
Bild 1: Ludwig Meyer (Fotosammlung Stadtarchiv Coburg: Aus dem Nachlaß Walter Schneier)
Bild 2: Neustadt bei Coburg zu Ende des 19. Jahrhunderts (Sammlung Christian Boseckert)
Bild 3: Meyers letztes Wohnhaus in der Mohrenstraße 36


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RE: Coburger Oberbürgermeister - Ludwig Meyer (Beitrag vom 05.12.2009)

#2 von faraway , 04.12.2009 18:51

Christian,

ein guter und interessanter Bericht.

Gruss,
Angelika

 
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RE: Coburger Oberbürgermeister - Ludwig Meyer (Beitrag vom 05.12.2009)

#3 von gerd , 04.12.2009 20:24

Ludwig Meyer hatte meines Wissens 2 Söhne.Einer dieser Söhne Victor war Porzellanmaler bei der Fa. Grießbach in Cortendorf.Seine Frau,eine geb. Pauli,war ebenfalls als Malerin dort tätig.Ihr Bruder,Paul Pauli,war ein guter Glasmaler,der bei Brinkmann und Schmidt in der Victoriastraße tätig war.Fam. Meyer wohnte mit uns zusammen am Brauhof Nr.1 und hatten wie wir einen Garten gepachtet.Über den anderen Bruder von Victor Meyer ist mir allerdings nichts bekannt.


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RE: Coburger Oberbürgermeister - Ludwig Meyer (Beitrag vom 05.12.2009)

#4 von Claudia2018 , 13.05.2018 12:56

Ich schreibe Ihnen heute für meine Mutter Mechtild Hagen. Sie möchte die Biografie ihres Großvaters Ludwig Meyer vervollständigen.

Er war verheiratet mit Ernstine, geb. Büchner, geboren am 04.09.1888. Sie beide hatter 4 Kinder, zwei Mädchen und 2 Buben (Zwillinge).
1. ihre Mutter Martha, verheiratet mit Dr. Michael Schmitt, (2 Kinder) meine Mutter Mechtild und deren Bruder Hubert.
2. ihre Tante Hilde, verheiratet mit Willi Schorn, die einen Sohn Manfred hatten.
3. zwei Söhne Viktor und Ludwig (Zwillinge):
Ihr Onkel Viktor hatte zwei Kinder (Christine und Ludwig)
Ihr Onkel Ludwig ist am 10.10.1942 in Russland gefallen. Die Großeltern meiner Mutter haben den Tod Ludwigs nie überwunden.

Die Familie meiner Mutter lebte in München und wurde bei einem Angriff auf München ausgebombt. Die Großeltern boten sofort Hilfe an. So konnte
die Familie nach Coburg umziehen. Meine Mutter blieb dort bis 1953 und kehrte dann aus beruflicher Gründen wieder nach München zurück.

Mechtild Hagen und Claudia Hagen-Katzer, beide bis 1975 wohnhaft in München und seitdem in Gröbenzell bei München

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RE: Coburger Oberbürgermeister - Ludwig Meyer (Beitrag vom 05.12.2009)

#5 von Stammbus , 13.05.2018 15:51

Vielen Dank für die wertvolle Ergänzung und beste Grüße an Ihre Mutter.

 
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