In den letzten Tagen ist das Gelände der Spindler-Villa wieder in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt. Bagger und Bauarbeiter sind angerückt, um das verwilderte Gelände der ehemaligen Villa zu urbar zu machen. Hier entsteht in wenigen Monaten die Notunterkunft das Gymnasiums Casimirianum. Durch eine Sanierung weiter Gebäudeteile wird der Schulbetrieb an der Gymnasiumsgasse nur eingeschränkt möglich sein, so dass ein Provisorium außerhalb der engen Schulmauern nötig wurde. Dafür scheint der Platz der ehemaligen Spindler-Villa ideal zu sein.
Die Ursprünge der Villa gehen ins Jahr 1846 zurück. Damals ließ der Kammerrat Carl Hofmann an dem neuen Promenadeweg vorm Ketschentor (der heutigen Alexandrinenstraße) eine spätklassizistische Villa errichten. Zum Wohnhaus gehörten ein eigenes Salongebäude, ein Waschhaus, ein Gewächshaus und ein Stadel. Das Grundstück selbst hatte eine ungeheure Ausmaße. Es reichte von der Alexandrinenstraße bis an die Hohe Straße heran und endete im Süden auf Höhe des Anwesens Alexandrinenstraße Nr. 8. Dieses Haus steht ungefähr auf Höhe der Mitte des Rosengartens. Man kann hier deshalb schon von
einer großen Parkanlage sprechen, die einst am Westhang des Glockenbergs existierte. 1865 erwarb der Privatier Johann Gustav Adolph Schauer aus Berlin das Anwesen. Coburg war zu jener Zeit ein Magnet für vermögende Berliner, die sich hier ihren Sommer- oder Ruhesitz schaffen wollten. Im Jahre 1878 erfolgte ein erneuter Besitzerwechsel. Der Rentier Franziskus Johannes Hallo von Cannenburg kaufte die Villa vom Privatier Schauer, der inzwischen nach München verzogen war. Doch
Cannenburg starb bereits zwei Jahre nach dem Kauf des Anwesens. Seine Kinder erbten das Grundstück und behielten es bis 1919. Danach gelangte es in den Besitz des Kaufmanns Viktor Spindler, der zum Namenspaten der Villa wurde. Spindler betrieb eine Lebensmittel- und Kolonialwarengroßhandlung mit der er viel Geld verdiente. Die Adressbücher der 1920er und 1930er Jahren verraten, dass seine Familie nicht alleine in dem riesigen Gebäude wohnte. Es mag erstaunen, dass in einem
Seitenflügel des Hauses sogar eine Korbwarenfabrik untergebracht war. 1961 erwarb die Stadt Coburg das Areal samt Villa. Ursprünglich stand die Idee dahinter, hier die Stadtbücherei unterzubringen. Jedoch genügte die Statik des Hauses den Anforderungen nicht die schweren Bücher zu tragen. Man wählte stattdessen das Haus Herrngasse Nr. 17 als neues Bibliotheksgebäude. Stattdessen richtete die Stadt dort Sozialwohnungen ein. Dies hatte zur Folge, dass Villa und Garten
dem Vandalismus ausgesetzt waren. Die Wohnungen sind nach zehn Jahren nicht mehr vermietbar. Die Situation änderte sich erst, als ab 1970 der damalige Oberbürgermeister Wolfgang Stammberger das immer noch 3000 Quadratmeter große Grundstück für den Bau eines Kongresshotels favorisierte. In der Folgezeit werden notwendige Renovierungen unterlassen. Die Sanierungskosten für die Stadt stiegen dadurch, was wohl auch beabsichtigt war. Schlussendlich wurde ein Betrag von
577.000 DM genannt, um die Villa zu renovieren. Viele Coburger, darunter die „Gemeinschaft Stadtbild Coburg e.V.“, versuchten das Gebäude zu retten. Auch war es für die Aufnahme, der im Jahre 1973 eingeführten Denkmalschutzliste vorgesehen. Doch es kam anders. Stammberger setzte sich mit seinem Vorhaben durch und der Stadtrat beschloss in seiner Sitzung vom 20. September 1973 die Spindler-Villa abzureißen. An ihrer Stelle sollte ein Hotel entstehen, das aber
schlussendlich nie gebaut wurde. Die Spindler-Villa wurde einen Tag nach dem Stadtrats-Beschluss um 7 Uhr morgens abgerissen. Eile war damals geboten, denn der Abbruch geschah einen Tag vor Inkrafttreten des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes, welches den Abriss verboten bzw. stark hinausgezögert hätte. So war gegen 12 Uhr mittags bereits das Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. Seitdem war das Gelände unbebaut und diente als Parkplatz für das Kongresshaus und das Landgericht.
Bildquelle: Illustrierte Zeitung Nr. 1472 vom 16. September 1871, gez. B. Strassberger (Sammlung Boseckert).