Die Erinnerung eines Gendarmen an die Schmuggelzeit
Einer, der von Berufs wegen den Schmuggel und das Hamstern eindämmen sollte, ist der ehemalige Grenzpolizist Johann Gerhäuser aus Mellrichstadt. Er berichtete 1994:
Nachdem ich meine Heimat im Sudentenland verlassen mußte, beabsichtigte ich, mir in Bayern eine neue Existenz aufzubauen. Ich bewarb mich in München bei der neu aufgestellten Bayerischen Grenzpolizei, wurde eingestellt und sollte als erste Stelle Eckartshausen erhalten. Als ich kaum dort war, wurde ich schon von den Amerikanern abgeholt, die von der Aufstellung einer Grenzpolizei wie auch anderswo, nicht verständigt worden waren. Ich beschwerte mich lautstark, wurde jedoch daraufhin am 6.2.1947 nach Willmars versetzt. Ich meldete mich beim Bürgermeister Karl Rothhaupt und bekam Unterkunft beim Bäcker Rothhaupt, wo ich zwei Jahre wohnte, bis ich eine Wohnung bei Familie Heß bekam und meine Frau nachholen konnte. Vom 1.2.bis 1.3.47 machten wir keinen Dienst. Bis dahin kamen noch Herbert Landgraf und noch einige Beamte nach. Wir hatten zunächst keine polizeiliche Ausbildung. Mein erster Fall war am Stedtlinger Schlagbaum, wo wir einen jungen Mann aufgriffen, der uns ,als wir näher kamen, eine Flasche Schnaps entgegen hielt , gleichsam als Obolus. Durch Zufall kamen wir darauf, daß dieser Mann zwei Registrierscheine besaß, einen für Thüringen, einen für Bayern, also als Grenzgänger nicht zu erkennen war. Wir schickten ihn nach Thüringen zurück.
Grenzgänger kamen täglich aus Thüringen. Diese Leute versuchten in Bayern Lebensmittel einzutauschen. Dazu kam die Verfügung, daß alle Gegenstände, die nicht zu einer Reise gehören, zu konfiszieren seien. Das tat mir manchmal weh. Der eine kam mit einem Wassereimer, der andere mit einem Kleid, mit Schuhen ,Schnaps usw. Das alles sollte
gegen Beleg sicher gestellt werden und wurde auch bei uns gemacht. Allerdings hatte ich zu meinen Kollegen gesagt: " Ich möchte keinen erwischen, der einen Grenzgänger Kartoffeln oder Brot wegnimmt" . Kollege Albert Müller protestierte: " Wir haben auch nichts zu essen! "Ich blieb bei meiner Linie
Die Bevölkerung war nicht gut auf uns zu sprechen. Wir waren ein Fremdkörper. Ein Grund war folgender:
Als die Russen 1945 die Grenzschneisen geschlagen hatten, hatten sie das Holz nur geschlagen und liegen lassen. Dieses Holz im Seifertsberg und Lappberg eigneten sich die Wilmarser an . Ab und zu erwischten wir einen.Es gab die Abfuhrscheine, das Holz mußte eine Nummer haben. Da jedoch die Beschwerden von drüben immer größer wurden, mußten wir eine Hausdurchsuchungsaktion durchführen. Da gab es Leute, die 15-20 Festmeter Holz im Hof liegen hatten und keinen Nachweis führen konnten. Das Holz konnte dann gegen ein geringes Entgeld behalten werde.
In Willmars wurden uns Vorwürfe gemacht, wir kümmerten uns um jeden Dreck, merkten aber nicht, wenn ganze LKW´s verschoben würden. Dann kamen wir dahinter ,daß von Völkershausen nach Hermannsfeld tatsächlich einige neue LKW´s über die Grenze geführt wurden.
Dann merkten wir : Bremen hatte mit Thüringen einen Vertrag über die Lieferung von Holz geschlossen, gegen die Lieferung von LKW. Die Firma Nattermann und Kirchner lieferte das Holz an die Firma Nix und Zinn. Nachdem das Geschäft aber nicht offiziell abgewickelt werden konnte, mußten solche Wege eingeschlagen werden, mit Wissen des Völkerhäuser Stationsleiters Riedle, der aber dann sofort nach Oberbayern versetzt wurde.
Unsere Arbeit stabilisierte sich aber immer mehr, die Bevölkerung fand sich allmählich mit unserer Anwesendheit ab.
..24.Juni 1948...
In den Nachtstunden zum 24.6.1948 wird wegen "technischer Schwierigkeiten" der Betrieb auf der Eisenbahnstrecke Berlin-Helmstedt-Hannover eingestellt. Beginn der Blockade Berlins.
...3.Juli 1948...
Die SMAD befiehlt die Aufstellung kasernierter bewaffneter Bereitschaftsverbände der deutschen Polizei, später kasernierte Volkspolizei(KVP) genannt. Angeblich sollten diese Verbände nur den "Schutz der Zonengrenze" übernehmen..
...1.September 1948...
In den Nachmittagsstunden unternimmt ein ostzonaler Grenzpolizist R. auf einen Streifengang gegenüber von Tettau einen Fluchtversuch. Er wird dabei von seinem Postenführer, der ein Schulkamerad des Flüchtigen war, angeschossen und in den Unterleib getroffen. Während der Postenführer seine Dienststelle verständigt, kann sich der Getroffene auf Westgebiet schleppen und bis in die Nähe der ersten Häuser von Tettau kriechen. Seine Hilfeschreie werden im ersten Haus gehört. Auf einen Handwagen wird der Schwerverletzte zum Anwesen transportiert und dann ins Krankenhaus eingeliefert. Zwei Kugeln haben das Becken zertrümmert und die Blase verletzt. Erst nach neunmonatlichen Krankenhausaufenthalt und mehreren Operationen kann R. entlassen werden.....
f.folgt