Der nun entstandene Platz, genannt Bürglaßplatz, erhielt als zentralen Mittelpunkt einen Brunnen. Erreichbar war der Platz über den alten Zugang des Spitalhofes vom Unteren Bürglaß und über einem Fußweg vom Steinweg her. Mit dem Abbruch der alten Mädchenschule entstand ein weiterer Zugang vom Theaterplatz. Damit wollte man einen uneingeschränkten Zugang zum neuen Gemüsemarkt gewährleisten. Auf Anregung Julius Martinets wurde auch die städtische Waage dorthin verlegt. Noch während des Jahres 1867 und Anfang 1868 wurden die Gebäude des Spitalhofes abgerissen und der neue Platz angelegt. Eine Ausnahme bildete lediglich das Pächterhaus, das erst im Januar 1869 von der Stadt an den Kürschner Christian Kühn auf Abbruch verkauft wurde. Der Baumeister Hermann Kühn, ein Sohn Christian Kühns, errichtete anstelle des Pächterhauses ein dreigeschossiges Wohngebäude, an welchem er die Türrahmung mit der Darstellung des Drachen tötenden Heiligen Georgs - dem Schutzpatron des alten Coburger Spitals anbringen ließ. Sie stammte noch vom Vorgängerbau und ist dort 1737 angebracht worden. Der Kühn´sche Hausbau bildete den Auftakt einer optischen Verschönerung des Gemüsemarkts. Die Neugestaltung der Ostseite war bereits 1869 mit der Errichtung einer Gartenmauer zum Haus Oberer Bürglaß 9 abgeschlossen. Langwieriger gestaltete sich die Verschönerung der Westseite. Erst 1927 wurde diese mit dem Neubau des Hauses Gemüsemarkt 4, in dessen Vorgängergebäude seit 1813 das städtische Spritzenhaus untergebracht war, zu einem guten Ende geführt.
Schließlich, am 23. Oktober 1869, fand hier der erste offizielle Gemüsemarkt mit 22 Anbietern statt. Ausgelegt war der Platz für 38 Gemüsebauern. (Fortsetzung folgt)
Die vor allem aus Bamberg und Hallstadt stammenden Händler waren zunächst von ihrem neuen Standort wenig begeistert. Die Bodenverhältnisse waren für den Gemüseverkauf nicht zumutbar. Die Wägen mit dem Gemüse versanken bei schlechtem Wetter im Dreck. Die Händler drohten sogar nach Hildburghausen und Sonneberg weiterzufahren, wenn die Stadt hier keine Abhilfe schaffe. Tatsächlich erfolgte 1870 die Pflasterung des Platzes, sodass sich die Gemüter wieder beruhigten. Zwischen den Gemüsefrauen und den Coburger Hausfrauen entwickelte sich fortan ein herzliches Verhältnis. Die Beliebtheit des Marktes stieg und aus dem Bürglaßplatz wurde nach 1875 auch offiziell der Gemüsemarkt. Die Beliebtheit belegte auch eine Zählung der Besucher, die 1895/96 über den Fußgängerweg vom Steinweg her den Markt frequentierten. Ein Spitzenwert konnte dabei am 15. August 1896 verzeichnet werden, als zwischen 7 und 9 Uhr morgens 485 Personen diesen Weg zum Gemüsemarkt benutzten. Die gute Resonanz, welche der Markt erfuhr, zwang aber auch zu strukturellen Investitionen. Da der Markt von auswärtigen Besuchern sehr frequentiert wurde, kam 1880 die Forderung nach einer Toilettenanlage auf, der man 1890 mit dem Bau eines gusseisernen Bedürfnishäuschens nachkam. Dieses wurde bereits 1910 durch eine neue Abortanlage im städtischen Spritzenhaus ersetzt, wo sie sich noch gegenwärtig befindet. Daneben siedelten sich zwei Gaststätten an, welche den Markt attraktiver machen sollten: Die Restauration "Zum Gemüsemarkt" im Haus Gemüsemarkt 3 (1897-1905) und die Gastwirtschaft "Stadt Bamberg" im Haus Gemüsemarkt 1 (1887-92), denen allerdings kein langer Bestand beschieden war.
Der Gemüsemarkt dagegen blieb als Institution erhalten. Noch 1931 boten hier 23 Gemüsehändler ihre Waren an. Eine einschneidende Entwicklung für den Markt bewirkte allerdings die zunehmende Motorisierung der Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg. Schon 1928 eröffnete hier eine der ersten Tankstellen Coburgs (Carl Balzer, Gemüsemarkt 2). Das Areal wandelte sich in der Folge zusehends zu einem Parkplatz um, wobei auch der zentrale Brunnen 1969 entfernt wurde. Ein zweites Mal vertrieb der Verkehr die Gemüseverkäufer, die diesmal auf dem Markt einen neuen Verkaufsplatz fanden. Bis 2008 verkauften zweimal die Woche (Dienstag und Freitag) noch einige Gemüsehändler und Gärtner aus der Bamberger Region ihre Produkte auf dem Gemüsemarkt. Zwischendurch fanden hier auch einige Jahrmärkte statt. Doch der wirtschaftliche Niedergang des Platzes, der nach 1945 einsetzte, blieb davon unberührt. Der Coburger Markt avancierte zur zentralen Verkaufsstelle der Bamberger Gärtner, während auf der anderen Seite Supermarktketten und Discounter durch ihre Gemüseabteilungen die Produkte billiger den Kunden anboten. Unter diesen Rationalisierungsprozessen konnte der Gemüsemarkt langfristig nicht mehr erhalten werden. Nach 2008 hatte noch das im St. Georgen-Spital untergebrachte Obst- und Gemüsegeschäft "Gemüsemarkt" versucht, die alte Tradition wach zu halten. Nach fünf Jahren (2012-17) schloss dieses Geschäft. Auch die Zukunft des Areals als Autoparkplatz steht gegenwärtig in der Diskussion.
Es folgt nun der dritte Teil dieser Reihe: Der Zwiebelmarkt.
Bis vor einigen Jahrzehnten hätte man die Ketschengasse auch Zwiebelmarktgasse nennen können. Der Dichter Wilhelm Raabe kannte im Jahre 1860 als Teilnehmer an der Tagung des Deutschen Nationalvereins in Coburg unsere Ketschengasse, nannte sie aber in seinem 30 Jahre später geschriebenen Roman "Gutmanns Reisen", der größtenteils in Coburg spielt, "Zwiebelmarktgasse", wahrscheinlich in Kenntnis, dass dort alljährlich ein Zwiebelmarkt stattfand. Für diesen Markt waren früher der zweite Dienstag und der darauffolgende Mittwoch im September als Verkaufstage bestimmt. Unzählige Säcke mit Zwiebeln versperrten vom Markt an bis fast zum Albertsplatz die Bürgersteige und Hauseingänge. Für Fahrzeuge war kaum ein Durchkommen möglich. Feilgehalten wurden die Zwiebeln hauptsächlich von Gärtnern aus Bamberg und Hallstadt sowie aus der Schweinfurter Gegend. Die Bamberger nannte man damals scherzhafterweise "Zwiebeltreter". In der Ketschengasse nahegelegenen Gasthäusern, wie zum Beispiel im "Grünen Baum" am Markt (heute Schuhhaus Putschky), im "Anker" in der Rosengasse und im "Goldenen Kreuz" in der Herrngasse nächtigten die Gärtner und Händler und stellten ihre Gespanne ein. Vom Thüringer Wald kamen Aufkäufer in Scharen und deckten ihren Jahresbedarf an Zwiebeln ein. Das taten auch die Coburger. Für die Jugend gab es zum Zwiebelmarkt etwas ganz Besonderes: Das Süßholz zum Lutschen. Das Süßholz ist die Wurzel eines Schmetterlingsblütlers, welcher in Südwesteuropa und Asien beheimatet ist. Vereinzelt wurde die Pflanze auch um Bamberg angebaut. Der aus dem Süßholz zu schwarzen Stangen eingedickte Saft heißt Lakritze. (Fortsetzung folgt)
Der Coburger Zwiebelmarkt ist wahrscheinlich hochmittelalterlichen Ursprungs. Eine verheerende Feuersbrunst im Steinweg im Jahre 1457, der zahlreiche Häuser zum Opfer fielen, veranlasste Herzog Wilhelm III. von Sachsen, der Stadt Coburg einen dritten Markt zu bewilligen, um die durch den Brand entstandene Not zu lindern. Das könnte die Vorgeschichte des Zwiebelmarktes gewesen sein, aber erst 1647 erfolgte dessen namentliche Nennung. Zwiebeln aus Bamberg sind jedoch schon vor dem Dreißigjährigen Krieg auf einem Zwiebelmarkt gehandelt worden, der nach den Akten wegen der Pest während des großen Krieges eine Unterbrechung erfuhr. Seit wann ausschließlich nur Zwiebeln in der Ketschengasse verkauft wurden, ist aus den Unterlagen im Stadtarchiv Coburg leider nicht ersichtlich. Andere Waren wurden an Zwiebelmarkttagen auf dem Marktplatz feilgehalten. Der Name Zwiebelmarkt hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Der Zwiebelmarkt ist der bedeutendste Jahrmarkt des Jahres. Der wachsende Verkehr vor dem Zweiten Weltkrieg verdrängte den Markt aus der Ketschengasse. Geblieben ist der Brauch einiger Coburger Bäckereien, zur Zwiebelmarktzeit Zwiebelkuchen zu backen, der ofenwaren gegessen wird. Zwiebeln mit Speck bilden den Belag. Zum Zwiebelkuchen trinkt man der besseren Verdauung wegen ein Glas Federweise dazu. Traditionell soll es an den beiden Markttagen auch regnen. Dies wird dann als "Zwiebelbrüh" bezeichnet.
Berühmt gewesen sind aus der Zeit um das Jahr 1900 die Wintervergnügen der Turngenossenschaft, der jetzigen Coburger Turnerschaft. Einen Höhepunkt bildete die Veranstaltung "Die Zwiebelmeß" im Februar 1914. Dabei wurden nicht nur bekannte Persönlichkeiten der Stadt, aktuelle Ereignisse und die Stadtväter auf die Schippe genommen, sondern der Zwiebelmarkt in der Ketschengasse zu einer wirtschaftsfördernden "Zwiebelmeß" erhoben.
Zitat von Christian im Beitrag #15 ................ Berühmt gewesen sind aus der Zeit um das Jahr 1900 die Wintervergnügen der Turngenossenschaft, der jetzigen Coburger Turnerschaft. Einen Höhepunkt bildete die Veranstaltung "Die Zwiebelmeß" im Februar 1914. Dabei wurden nicht nur bekannte Persönlichkeiten der Stadt, aktuelle Ereignisse und die Stadtväter auf die Schippe genommen, sondern der Zwiebelmarkt in der Ketschengasse zu einer wirtschaftsfördernden "Zwiebelmeß" erhoben. ................
Hier ein Foto von der Turngenossenschafts-Veranstaltung "Zwiebelmeß" im Februar 1914:
Salz war als lebensnotwendiger Würzstoff früher ein wichtiges Handelsgut. Salzstraßen waren die Handelswege, auf denen es befördert wurde. Neben dem Räuchern war das Einsalzen einer der wenigen Konservierungsmöglichkeiten früherer Zeiten. Es sei nur an das Pökelfleisch, an den Salzhering und das Einsalzen der Felle erinnert. Die Landesherren besteuerten diesen Handelsartikel. Um den Handel und die Besteuerung besser überwachen zu können, durfte Salz nur an bestimmten Plätzen gelagert und verkauft werden. In Coburg waren es die Salzgasse, die 1840 in Theatergasse umbenannt wurde, und der Salzmarkt. Eine wissenschaftliche Abhandlung des Salzhandels in Coburg fehlt bisher.
Wie sah früher ein Marktjahr in Coburg aus? Davon berichtet das Herzogliche Regierungsblatt im Jahr 1852. Die Liste erwähnt einige Märkte, die es heute noch gibt. Teilweise werden auch die Plätze erwähnt, an denen die Märkte stattfanden. Die Liste sieht wie folgt aus.
13. Januar: Der Neujahrsmarkt auf dem Marktplatz
24. Februar: Der Petrimarkt auf dem Marktplatz
24. März: Ross- und Viehmarkt im Heiligkreuz (heute Kreuzung Bahnhofstraße/Hindenburgstraße) 20. April: Der Ostermarkt auf dem Marktplatz
26. Mai: Ross- und Viehmarkt im Heiligkreuz (heute Kreuzung Bahnhofstraße/Hindenburgstraße)
29. Juni: Der Petri- und Paulimarkt am Marktplatz
28. Juli: Der Ross-, Vieh- und Schafmarkt auf dem Ketschenanger
14. September: Der Michaelis- oder Zwiebelmarkt auf dem Marktplatz
13. Oktober: Ross- und Viehmarkt im Heiligkreuz (heute Kreuzung Bahnhofstraße/Hindenburgstraße)
16. November: Der Martinimarkt auf dem Marktplatz
11. bis 23. Dezember: Der Weihnachtsmarkt auf dem Marktplatz
Bei jedem Jahrmarkt auf dem Marktplatz findet gleichzeitig ein Viehmarkt vor dem Judentor (heute Kreuzung Judengasse/Webergasse) statt.