Kuno Hirsch

#1 von Christian , 26.03.2021 08:49

Der 1868 in Coburg geborene Kuno Hirsch war Sohn eines jüdischgläubigen Kaufmanns. Er besuchte das Gymnasium Casimirianum und nahm als einer der besten Schüler an der Bekränzung des Standbildes Herzog Johann Casimirs teil. Nach dem Studium ließ er sich in seiner Geburtsstadt als Rechtsanwalt und Notar nieder. Seine Kanzlei befand sich am Theaterplatz. Äußerst aktiv nahm Hirsch am öffentlichen Leben der Stadt teil. Er war in verschiedenen Organisationen tätig. So war er ab 1897 Syndikus der Industrie- und Handelskammer. Darüber hinaus betätigte er sich als Kommunalpolitiker. So saß er für die liberale DDP bis 1924 im Coburger Stadtrat und war dort Mitglied im Theaterausschuss. Zudem war er Vorsitzender der Bezirksgruppe des Deutschen Anwaltvereins.
Als Jurist ist er Rechtsvertreter von Zar Ferdinand I. von Bulgarien. Über die geschäftliche Beziehung hinaus entwickelt sich zwischen den beiden Männern auch eine Freundschaft. Man borgt sich gegenseitig Bücher aus zum Beispiel und führt lange Gespräche über Musik und Theater.
Nach der Machtübernahme durch die Nazis kühlt diese Freundschaft ab. Der Zar entbindet ihn sogar von seinen rechtlichen Aufgaben. Bei der Gleichschaltung der IHK wird Hirsch aus dem Amt gedrängt. In seine Kanzlei kommen immer weniger Mandaten. 1938 entschließt sich Hirsch sein Büro zu schließen und mit seiner Frau nach München zu ziehen, wo schon seine Tochter lebt. Seine Hoffnungen nach Amerika auswandern zu können, zerschlagen sich. 1942 wird Kuno Hirsch in das KZ Theresienstadt deportiert. Er wird dort am 30. November 1943 ermordet.


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RE: Kuno Hirsch

#2 von Zugereister , 28.03.2021 20:23

Seine Frau Elisabeth Hirsch wurde am 7. November 1944 ermordet und die Tochter Gertrude Mayer konnte mit ihrem Mann Eugen Mayer noch in den USA auswandern.

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RE: Kuno Hirsch

#3 von Albertine , 29.03.2021 06:39

Ich habe eine Frage zur Familie Hirsch:

Da Kuno Hirsch bereits fünf Jahre vor Gründung der neuen Israelitischen Kultusgemeinde geboren wurde, wie war der Status der Eltern zu dieser Zeit?

Wie lange waren sie schon in der Stadt ansässig? Galten sie noch als "Schutzjuden", als sie nach Coburg kamen? Gab es eigentlich Matrikelnummern für Coburg, und wenn ja wie lange? Weiß man, wie es ihm während seiner Schulzeit ergangen ist, denn es wird sicher nicht viele jüdische Mitschüler gegeben haben?

Sorry, ist jetzt doch mehr als eine Frage geworden... :-)

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RE: Kuno Hirsch

#4 von Christian , 29.03.2021 08:59

Mit diesen Fragen beschäftigt sich die aktuelle Forschungsarbeit der Historischen Gesellschaft Coburg.

Da geht es darum, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für Juden vor Gründung des Deutschen Reiches 1871 vorherrschten. Hubert Fromm verweist hierbei auf das Judenpatent von 1850. Nach der Dissertation von Carl-Christian Dressel von 2007 ist dieses Patent aber nie in Kraft getreten, sondern der Landtag verwies auf die Paulskirchenverfassung, die eine eigene Judengesetzgebung unnötig machen würden. Das müsste man noch näher untersuchen.

Bei der Forschungsarbeit geht es dann auch darum zu schauen, ob es Judenmatrikel in Coburg gab, ab welchem Zeitpunkt Juden verstärkt nach Coburg kamen und wieweit Juden staatliche Schulen besuchen durften. Im Falle von Kuno Hirsch wird erwähnt, dass er am Casimirianum seinen Schulabschluss machte.


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