Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#1 von Christian , 16.09.2005 19:44

Nun ist das Ende des 2. Weltkrieges schon 60 Jahre her. Die Menschen, die sich daran erinnern können werden älter und immer weniger. Die Schäden die einst der Krieg in Coburg hinterließ sind längst verschwunden. Doch noch immer ist das Interesse gewaltig, besonders bei jungen Leuten. Aus diesem Grunde habe ich mich zu diesem Artikel entschlossen. Es werden Punkte innerhalb der Coburger Innenstadt genau unter die Lupe genommen, wo einst die Zerstörungen am Größten war.

Im heutigen ersten Bereich gehen wir zur Westtangente,genauergesagt in den Bereich der Viktoriastraße und des Ernstplatzes. Am 8. April 1945, nachmittags zwischen 17 und 18 Uhr wurde Coburg von acht amerikanischen Tieffliegern beschossen. Dieser Beschuss richtete vor allem im Bereich Viktoriastraße / Ernstplatz großen Schaden an. Größtenteils handelte es dort um Dachstuhlbrände, aber auch ganze Häuser wurden zerstört. Eines davon war das Haus Viktoriastraße 12, indem die bekannte Coburger Glasmalerei Bringmann ihren Sitz hatte. Durch den Beschuss wurde alles zerstört, vor allem sehr viele wertvolle Materialien und bemalte Glasfenster. Die Zerstörungskraft dort war so stark, daß sogar die Hinterhäuser der Gebäude an der Judengasse vernichtet worden sind.


Die Reste des Anwesens Viktoriastraße 12 im Jahre 2005

Weiter Richtung Süden war die Kleine Judengasse ein einziger Trümmerhaufen. Eine Bombe zerstörte die Scheune und Teile des Hauptgebäudes in der Kleinen Judengasse 5. Durch den Brand der entstand kam es zu unzähligen Dachstuhlbränden. Diese Brände reichten auf der südlichen Straßenseite bis zum bekannten Lokal "Rizzibräu" und auf der nördlichen Seite bis zur ehemaligen Bäckerei Hofmann in der Judengasse.
Die gleiche Situation wie in der Kleinen Judengasse fand man an diesem Tage auch auf dem Ernstplatz vor. Das Adolf-Hitler-Haus, an der Ecke Viktoriastraße/Ernsplatz stehend, war durch den Beschuss komplett ausgebrannt, das gleiche Schicksal ereilte das Hotel "Goldene Traube" am Viktoriabrunnen. Hier war das Feuer besonders stark und fraß sich vom Ernstplatz bis kurz vors Judentor hinauf, den Viktoriabrunnen entlang.
Die entstandenen Brände wurden nach einigen Stunden u.a. von der Freiwilligen Feuerwehr Coburg, der Werksfeuerwehren Trutz, Waldrich und Brose, und F-Kompanie der Luftschutzpolizei gelöscht. Gegen 24 Uhr waren die Feuer gelöscht.
Was wurde nun aus den Ruinen ?



Die Reste des Hauses Viktoriastraße 12, sind heute noch zu sehen, auch die Beschädigungen am Hause Kleine Judengasse 5 lassen sich klar erkennen. Die Ruine des Adolf-Hitler-Hauses wurde 1956 dem Erdboden gleich gemacht. An dessen Stelle entstand das Verwaltungsgebäude der AOK. Das Hotel Goldene Traube wurde neu, in veränderter Form wieder aufgebaut.


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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#2 von Christian , 17.09.2005 12:42

Zusätzliches Bild:
Es zeigt das Haus Kleine Judengasse 5



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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#3 von gerd , 17.09.2005 21:42

Christian,in dem Haus war Dr.Rebhahn mit seiner Praxis.Das war aber in den 50er Jahren.Ob der zu Kriegsende auch schon seine Praxis hatte?-Rechts von dem Haus stand ein altes Gebäude,in dessen rechten Teil die Glaserei Fischer beheimatet war.Die sind dann in ihr Anwesen in die Webergasse umgezogen.(Das könnte Anfang der 60er Jahre gewesen sein?)-Da ging man direkt von der Gasse aus in die Glaserei,wo sie ihre Maschinen stehen hatten.Hinter dem Haus,zur AOK hin,war denen ihr Glaslager.Zur Einmündung der kleinen Judengasse bis zur Victoriastraße waren es nur wenige Meter.Es stand auch ein mächtiger (Kastanien?)Baum dort.-Hier dürfte auch das "Eselstor"(?) gestanden haben,das auf manchen Stadtansichten zu sehen ist.


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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#4 von gerd , 17.09.2005 21:48

Ich nehme mal an,das daß Haus Kleine Judengasse Nr.5 von seiner ehemaligen Ansicht her symmetrische Aufteilung hatte(Fenster links wie rechts) usw.Der hässliche Anbau über der Garage dürfte die Notlösung gewesen sein??


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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#5 von Christian , 17.09.2005 22:51

Schließe mich deiner Meinung an Gerd. Es geht deutlich aus den Unterlagen hervor, das der Stadel der zum Hause Kleine Judengasse 5 gehörte total zerstört wurde. Aus diesem Grund wird auch das Hauptgebäude stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein.



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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#6 von Christian , 21.09.2005 22:12

Kurz zur Info: Auf dem Anwesen Webergasse 22/24 befindet sich heute das Möbelhaus Hirsch


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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#7 von Christian , 21.09.2005 22:27

Ein weiterer Ort der Zerstörung war der Bereich Oberer Bürglaß / Steinweg / Allee. Am Dienstag den 10. April 1945 erfolgte um 17.36 Uhr ein Bombenabwurf der Amerikaner. Um 18 Uhr detonierten Granaten in den Nachbarhäusern Steinweg 64 (Buchhandlung Schubert) und Oberer Bürglaß 40 (ehemals Parfümerie Sellner)und zerstörten diese total. Das gleiche Schicksal ereilte das Hinterhaus Allee 10 neben dem Gustav-Dietrich-Haus.


Das total zerstörte Haus Allee 10 (im Hintergrund ist der Giebel der ehemaligen Drogerie Zimmermann, Steinweg 66 gut zu erkennen)

Schwer beschädigt wurden das Haus Steinweg 66 (ehemals Drogerie Zimmermann) das Haus Oberer Bürglaß 38 (ehemals Zigarrengeschäft und Probierstube Reißenweber)und der Nordturm des Finanzamtes.
Am Vormittag des 10. April wurde bereits das Haus Unterer Bürglaß 9 (heute Naturalien-Shop) durch Bomben den Erdboden gleichgemacht. Die Zerstörungskraft dieser Bomben war immens. So wurden auch die Nachbarhäuser schwer beschädigt. Im Steinweg selbst trugen noch die Häuser 27 (heute Reformhaus Hofmann) und 35 (heute Fotogeschäft Wiesner) beträchtliche Schäden davon.
Am Oberen Bürglaß erlitt das Bürglaßschlößchen schwere Beschädigungen. Dabei stürzen Teile des Dachstuhls ein. Ferner erwischte es noch die Häuser Nr.7 (ehemals Pelzhaus Kusch) und Nr.28 (ehemals Schlosserei Weibrecht)


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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#8 von Christian , 21.09.2005 22:36


Die Häuser Steinweg 64 und Oberer Bürglaß 40 nach dem Wiederaufbau im Jahre 2005


Das Haus Unterer Bürglaß 9


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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#9 von bobo_1 , 22.09.2005 02:55

Interessant für mich wäre noch zu erfahren, wer genau seine Bomben abgeladen hat. Wieviel Anflüge gab es wirklich. Ich meine jetzt mit Bomber und nicht mit Jabo´s?
MfG BOBO


 
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RE: Orte der Zerstörung - Coburg am Ende des 2. Weltkrieges

#10 von Christian , 15.10.2005 09:36

Hier ein Auszug der Chronik der katholischen Pfarrkirche St. Augustin

Während der auf diesen Weißen Sonntag folgende Montag ruhig verlief, schildert die Chronik am Dienstag wie folgt:
Am Dienstag, den 10. April 1945, um 10 Uhr ertönte Fünfminutenalarm, der jedem sagte: Die Amerikaner sind auf wenige km Entfernung herangekommen. Die ganze Bevölkerung suchte die Keller auf. Wir begaben uns in die Gruft unter der St. Augustinkirche, wohin auch schon allerlei Güter verbracht worden waren. Es waren ca. 50 Leute mit 15 Kindern dort. Bei Beginn des Beschusses holte Pfarrer Holzmann das Sanktissimum aus der Kirche hinunter, wo der alte Tabernakel bereits vorbereitet war. Mit den ehrw. Schwestern, die auch die wichtigsten Akten des Pfarramts und alle guten Paramente und Kelche geborgen hatten, beteten wir vor dem Allerheiligsten den schmerzhaften Rosenkranz. Der Tag brachte teilweise starken Artilleriebeschuss. Eine Anzahl Granaten trafen die Kirche oder schlugen in unmittelbarer Nähe am Oberen Bürglaß ein. Wir waren in großer Sorge um unser Gotteshaus, zumal wir verschiedentlich Steine und Glas fliegen hörten und die Erschütterungen, auch in der Gruft, beträchtlich waren.
Die Nacht hindurch war nicht viel an Schlaf zu denken, obwohl sich die meisten mit Betten vorgesehen hatten. Die Beschießung ließ nur zwischen 1 Uhr und 2.30 Uhr nach. Kurz nach 3 Uhr feierte Pfarrer Holzmann das hl. Opfer, nach ihm auch gleich der Kaplan. Es folgten noch Granaten und Beschuss durch Jagdbomber. Auch eine Anzahl Bomben. Gegen 11 Uhr drang die Nachricht von der Übergabe der Stadt und Veste Coburg durch, und alle entstiegen nach und nach den Kellern.
Die Kirche sah außen und innen recht wüst aus, so daß einem das Herz weh tat. Jedoch sie steht.



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