Orte der Veränderung - Die Kreuzung in der Bahnhofstraße
Ein Ort stetiger Veränderung war der Kreuzungsbereich zwischen Bahnhof- und Seifartshofstraße, in welchem auch die Hintere Kreuzgasse und die Hindenburgstraße mündete. Aus diesem Grunde blicken wir 100 Jahre zurück und vergleichen die Situation der Kreuzung von damals mit der von heute. Einen Platz an dieser Stelle gab es bereits in der Frühen Neuzeit. 1858 erhielt das Areal den Namen „Heiligkreuzplatz“. Erst 1875 verschwand dieser Namen zugunsten der Bezeichnung „Bahnhofstraße“. Die hier zu sehende Aufnahme dieses Platzes stammt aus der Zeit um 1900. Der Fotograf blickte dabei gen Osten, Richtung Festungsberg und der Veste Coburg. Diese war zu jener Zeit noch nicht vom Architekten Bodo Ebhardt umgebaut worden, sodass auch der Rote Turm hier auf diesem Foto fehlt. Die Bauarbeiten an der Burg begannen im Jahre 1909. Auf der rechten Bildseite fällt sofort ein großes dreistöckiges Gebäude auf, welches die Abzweigung des Seifartshofes von der Bahnhofstraße weg erahnen lässt. Dieses Haus entstand um 1875 für den Handelsgärtner Wilhelm Kurth. Schon bald darauf zog in die Erdgeschoss-Räume des Gebäudes eine Gaststätte ein. Sie trug anfangs den Namen „Bayerische Bierstube“. Als im Jahre 1904 der Gastronom Johann Scheler das Anwesen käuflich erwarb, erfolgte die Umbennenung des Lokals in „Altdeutsche Bierstube“. In diesem Hause eröffnete Scheler in der Folgezeit auch eines der ersten Coburger Kinos. Allerdings fiel der „Scheler´sche Kinematograph“ im Jahre 1913 einem Brand zum Opfer. Danach fanden hier keine Filmvorführungen mehr statt. Der Gaststätte tat dies keinen Abbruch. Sie wurde noch lange von der Familie Scheler weitergeführt. Neben dem Gasthaus sehen wir ein kleines zweistöckiges Wohnhaus, welches schon im 18. Jahrhundert dort stand. Es handelte sich dabei um ein altes Töpferhaus, dessen Ursprünge sich bis ins Jahr 1604 zurückverfolgen lassen. Im Heiligkreuz lebten damals zahlreiche Coburger Töpfer, man kann sogar hier von einem Zentrum des Töpferhandwerks sprechen. Zum Zeitpunkt der Fotoaufnahme gehörte dem Kaufmann Wilhelm Stüpfert das Anwesen. Stüpfert, dessen Vorfahren selber Töpfer waren, betrieb dort ein kleines Lebensmittelgeschäft. Es existierte bis 1919 und wich schließlich einer Metzgerei, die von dem Fleischermeister Georg Eckardt betrieben wurde. Im Anschluss an diesem Gebäude sehen wir Neubauten der 1860er Jahre, die auch heute noch stehen. Auf der anderen Straßenseite erblicken wir das Haus der Bahnhofs-Apotheke. Dieses wurde im Jahre 1882 anstelle einer alten Nagelschmiede von der Baufirma Wetter & Gräfe für den Landwirt Georg Weiß errichtet. Ursprünglich war dies ein reines Wohnhaus. Erst 1928 zog nach einem Umbau des Erdgeschosses hier die Bahnhofs-Apotheke ein, die bis heute dort zu finden ist. 100 Jahre später hat sich das Bild gewandelt. Das Gebäude der Bahnhofs-Apotheke steht ebenso noch wie die Neubauten in der Bahnhofstraße. Das Töpferhaus hingegen wurde 1979 zugunsten eines Neubaus abgerissen, der auf dem aktuellen Foto zu sehen ist. Zuletzt war in dem alten Gebäude das Fotogeschäft Lehmair ansässig. In den Neubau zog schließlich das Papierwarengeschäft Wittmann ein, das dort bis Anfang der 1990er Jahre existierte. Daneben eröffnete zur selben Zeit ein Eiscafe seine Pforten. Bereits 1978 verschwand die ehemalige Gaststätte „Altdeutsche Bierstube“ die zuletzt unter dem Namen „Mönchshof“ bekannt war. Das Haus stand einer Verbreiterung der Hindenburgstraße im Weg, die zur Westtangente ausgebaut werden sollte. Um 1900 gab es diese Straße noch nicht. Erst mit der Einweihung der neuen Coburger Hauptpost im Jahre 1931 wurde die Hindenburgstraße zunächst als Sackgasse und schließlich nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer viel befahrenen Fahrstraße ausgebaut. Durch den Abbruch entstand ein weiträumiger Platz, der vor allem vom sogenannten „Berger-Block“ (linke Seite des Bildes) und dem Neubau Hindenburgstraße Nr. 12 (rechte Bildseite) geprägt ist. Trotz der hohen Verkehrsdichte findet sich auf diesem Platz sehr viel grün – Bäume und Hecken. Längst verschwunden ist auch der Kiosk, der an der Einmündung der Seifartshof- in die Bahnhofsstraße stand. Ihn gab es schon nach dem Ersten Weltkrieg nicht mehr. An seiner Stelle errichtete die Stadt eine Uhr, die ebenfalls schon längst verschwunden ist. Die Kreuzung in der Bahnhofstraße wird wohl ein Ort der Veränderung bleiben. Das ist die Erkenntnis die man ziehen muss.
Bildquellen: Bild 1: Die Situation um 1900 (Sammlung: Christian Boseckert) Bild 2: Die derzeitige Situation im Jahre 2010 (Foto: Christian Boseckert)
Christian
hat folgende Bilder an diesen Beitrag angehängt
Aufgrund eingeschränkter Benutzerrechte werden nur die Namen der Dateianhänge angezeigt Jetzt anmelden!
Bahnhofstraße-1.jpg
Blick Richtung Osten & Ve
Hallo Christian, ein toller Bericht, besondrs für mich. Den letzten Umbau mit Abbruch vom "Mönchshof" und Ausbau Hintere Kreuzgasse war meine Baustelle. Bei dieser Baustelle hat die Stadt Coburg sehr viel Geld (soeit ich weiß sehr viel mehr als bei anderen Baumaßnahmen) für das "Straßenbegleitgrün" - also die Anpflanzungen, investiert. Und dann wird (so war hieß es damals) in Coburg nur "Grün" beseitigt! Schon diese Maßnahme straft die damaligen "Meckerer" m. E. Lügen! Im Bereich vom Filou habe ich damals den Plan eigenmächtig etwas verändert um den schönen großen Baum zu erhalten. Gemerkt hat es aber niemand Got sei Dank. Die anderen Bäume im Bereich des Biergartens beim Mönchshof haben wir nach den Rücksprachen mit dem dafür zuständigen Sachverständigen, Herrn Baurat Junghans, mit Schutzmaßnahmen versehen um keine Beschädigungen am Baum selbst und auch im umgebenden Erdreich zu verursachen. Und was war? Kurz nach Fertigstllung der Strße wurden diese Bäume gefällt - das hat mich damals sehr geschmerzt.
Dieses Buch geht von 1400 bis 1945, ich hätte aber gern mehr über die Bahnhofstraße gewußt auch von später, so bis 1980 oder so. Werde mir es vielleicht zu Weinachten schenken.
Christian, vergleicht man die Bilder, wurde der Neubau schon errichtet, obwohl das Haus rechts davon noch stand und der Platz später gebraucht wurde? Das Haus stand mitten auf der Kreuzgasse?
du hast es gleich richtig erkannt. Das Eckhaus (auch Thomaseck genannt) gehörte seinerzeit nicht zum Baugrundstück. Es gab deshalb Diskussionen ob man das Gebäude erhalten soll. Schließlich wurde die Stadt aufgefordert das Anwesen zur Verbreiterung der Hinteren Kreuzgasse zu erwerben, was dann auch geschah.