Pleiten, Pech und Pannen – Wie die Fliegerei nach Coburg kam
Das Fliegen ist heute eine Selbstverständlichkeit. Seit dem es den Gebrüdern Wright im Jahre 1903 erstmals gelang einen Motorflug erfolgreich zu absolvieren, entwickelte sich das Flugzeug zu einem beliebten Fortbewegungsmittel der Menschheit. Diese rasante Entwicklung machte auch vor Coburg nicht halt. Es dauerte keine zehn Jahre als man die Bevölkerung aus Stadt und Land zu den ersten Flugtagen in der Vestestadt, welche im Juni 1912 stattfanden, einlud. Veranstalter waren der Morizkirchenbauverein, dem die Gewinne für die Sanierung der Morizkirche zufließen sollten, und das Coburger Tageblatt. Für dieses Ereignis wurde im Vorfeld kräftig die Werbetrommel gerührt. In Inseraten warb man mit Rund- und Weitflügen, Sturz- und Kurvenflügen sowie Höhenflügen bis zu 1000 Metern. Coburger Geschäftsleute boten sogar Modewaren mit 30 Prozent Flugtage-Rabatt an. Die Werbeaktionen verfehlten ihr Ziel nicht. In Scharen nahm die Bevölkerung an den Vorführungen teil. Sogar Sonderzüge fuhren um die Besucher in die Vestestadt zu bringen. Am Sonntag, den 16. Juni 1912 war es dann soweit. Auf dem Exerzierplatz des 6. Thüringer Infanterie-Regiments Nr. 95 auf der Brandensteinsebene fanden sich zahlreiche Schaulustige ein, um den Flugvorführungen beizuwohnen. Schon zu vor konnte an zwei Tagen in der Städtischen Turnhalle am Ketschenanger der Grade-Eindecker des Ingenieurs Willy Kanitz aus Dresden besichtigt werden. Den 5000 Besuchern stand er dabei Rede und Antwort. Doch das Wetter spielte an diesem Sonntag nicht mit. Heftiger Wind peitsche über die Brandensteinsebene und zerriss das Zelt, welches den Flugapparat schützen sollte. Die Besucher waren aber dennoch noch frohen Mutes etwas für ihr Eintrittsgeld (Ein Platz direkt an der Startbahn kostete zwei Mark, ungerechnet ca. zehn Euro) zu sehen. Kanitz wollte auch sein Publikum nicht enttäuschen und versuchte trotz des Wetters zu fliegen. Da platzte beim ersten Startversuch ein Zylinder des Motors. Gegen diesen Motorschaden war der Flieger machtlos. Die Veranstaltung musste abgebrochen werden, sehr zum Unmut der Zuschauer, die teilweise ihr Geld zurückverlangten. Für den Moritzkirchenbauverein und das Coburger Tageblatt wurde der Flugtag zu einem Fiasko. Mit einer gewissen Schadenfreude schrieb das Konkurrenzblatt, die Coburger Zeitung, einen Tag später, von einem „Fluchttag“ auf der Brandensteinsebene. Doch Kanitz rettete die Situation, indem er versprach am Sonntag darauf nochmals seine Flugkünste vorzuführen. Die Eintrittskarten behielten dabei ihre Gültigkeit. Das Fliegerglück ließ sich aber nicht erzwingen. Während der Probeflüge unter der Woche ging der Propeller des Flugapparats zu Bruch. Dennoch gelang es dem Piloten am nächsten Sonntag ein funktionstüchtiges Flugzeug zu präsentieren. An diesem 23. Juni 1912 war das Wetter hervorragend. Auch die Leute kamen wieder in Strömen zu der Veranstaltung und dem Flugpionier gelang sogar der Start. Zwar schaffte er die angekündigten Höhenflüge von 1000 Meter nicht, doch alleine die 20 bis 25 Meter die er erreichte, waren eine Sensation. Unter dem Jubel der Zuschauer drehte er zwei Runden, bevor wieder ein Zylinder des Motors platzte. Den Leuten genügte dies, hatten sie doch noch nie einen Menschen fliegen gesehen. Der Flugtag endete schließlich friedlich bei Bier, Coburger Bratwürsten und Musik. Wer nicht an den Flugtagen als Zuschauer teilnahm, konnte die Veranstaltung einige Tage später in den Coburger Lichtspieltheatern, dem Scheler´schen Kinomatographen in der Bahnhofstraße (Beim Ausbau der Hindenburgstraße in den 1970er Jahren abgerissen) und dem Centraltheater im Keller des Hotels Bürgerhof an der Ecke Mohrenstraße / Mauer (heute Filiale der VR-Bank), nacherleben. Insgesamt nahm der Moritzkirchenbauverein 2202,50 Goldmark (ungerechnet ca. 11.400 Euro) ein.
Mit der Veranstaltung begann auch in Coburg das Flugzeitalter. Es sollte nicht lange dauern bis die Vestestadt auch einen eigenen Flugstützpunkt bekam. Dieser wurde schließlich am 6. August 1913 von Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha im Beisein von 15.000 Besuchern an gleicher Stelle auf der Brandensteinsebene eingeweiht. Der Flugplatz tut noch heute dort seinen Dienst, obwohl seine Zukunft aufgrund seiner geringen Größe in den Sternen steht.
Willy Kanitz, einer der ersten Flieger in Deutschland, wurde bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum Militär eingezogen und starb am 14. August 1915 den Fliegertod. In seinem Geburtsort Kleinpösna bei Leipzig erinnert eine Gedenktafel an ihn und an die anderen Gefallenen des Dorfes.
aus Coburger Geschichtsblätter 20 (2012), S. 89-90.
Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Wolfgang Hilbert.
Ankunft von drei Ozeanfliegern am 27. Juni 1928 auf der Brandensteinsebene in Coburg
Am 12. und 13. April 1928 war es den drei Ozeanfliegern: Hauptmann Köhl, Freiherrn von Hünefeld und dem irischen Major Fitzmaurice erstmals gelungen den Atlantik von Ost nach West zu überqueren. Dieser Flug wurde seinerzeit überall begeistert gefeiert und als "Kolumbus-Flug“ bezeichnet. Zar Ferdinand von Bulgarien, der in Coburg im Exil lebte, war mit einem der Ozeanflieger - Freiherrn von Hünefeld - persönlich bekannt.
Auf Einladung des Zaren kamen die Piloten am 27. Juni 1928 zu einem Besuch nach Coburg und wurden auf der Brandensteinsebene von Zar Ferdinand von Bulgarien begrüßt.
Meiner Erinnerung nach musste diese Flughalle, aufgrund der Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages von 1919, in relativ kurzer Zeit abgerissen werden.
Zum Thema Fliegerhalle möchte ich gerne etwas beitragen und zugleich um weitere Informationen bitten:
Hinter der Kirche in Breitenau (Bad Rodach) steht eine Feldscheune/Maschinenhalle. Die heutige Halle wurde erst vor wenigen Jahren erbaut. Zuvor stand dort eine ältere Halle, die im Dorf nur "Fliegerhalle" genannt wurde. Hintergrund war, dass die Halle eine Dachkonstruktion hatte, die es ermöglichte, dass auch hohe Gerätschaften bis unmittelbar unter die Ziegeldeckung eingestellt werden konnte und Querbalken nicht notwendig waren. Leider vermischen sich hinsichtlich der Herkunft der Halle Kindheitserinnerungen mit den Fantasien eines schon immer flugvernarrten Kindes. So ist es mir nicht möglich, mit Sicherheit zu sagen, ob es sich nur um eine auffällige Konstruktion gehandelt hat, oder ob tatsächlich diese Halle einstmals auf der Brandensteinsebene gestanden hat und im beschaulichen Breitenau ihr Gnadenbrot erhielt. Ist hier jemand im Besitz diesbezüglicher Informationen?
Bezüglich der Fliegerhalle habe ich neue Erkenntnisse erhalten
1922 erwarb das Zimmergeschäft Eduard Heß in Coburg den Dachbinder der abgebrochenen Flughalle auf der Brandensteinsebene und baute ihn bei einem Gebäude, welches zum Rittergut Breitenau gehörte, wieder auf.
Bei einem Besuch der Brandensteinsebene im Jahr 1963 befand sich noch,ich glaube es war ein Adler auf dem Gedenkstein. Kurze Zeit später wurde er gestohlen oder zerstört. Bis heute ist nur noch das Denkmal geblieben.