Zitat von Christian im Beitrag #4 Stammberger setzte sich vehement für den Bau eines Kongreßhotels anstelle der Spindlervilla ein. Die SPD-Fraktion stand dem skeptisch bis ablehnend gegenüber. (Die anderen Parteien spielten zur Mehrheitsbildung keine Rolle.)
Ich lese gerade in (ausgerechnet) Sandner: "Coburg im 20. Jahrhundert" unter dem 18.5.1983 folgenden Eintrag:
"Der Bausenat plant ein 112-Betten-Hotel auf dem Gelände der ehem. Spindler-Villa."
Zu dieser Zeit hatte die CSU mit Abstand die meisten Sitze im Stadtrat (18 von 40), der OB hieß Höhn und kam nicht von der SPD und Stammberger war sogar schon länger als ein Jahr tot.
Ich verweise noch mal auf meinen Beitrag vom 23.7.2011.
Christian hat mich schon vor einiger Zeit dazu ermuntert, den Lebenslauf meines Vaters hier darzulegen. Ich bin natürlich nicht ganz unvoreingenommen, aber habe mich bemüht, dabei einigermaßen objektiv zu bleiben. Dabei stütze ich mich ich auf mir zur Verfügung stehende Quellen, wie sein Archiv (das übrigens der Öffentlichkeit zugänglich ist), sein selbst angelegtes und in meinem Besitz befindliches Itinerar (ein Tagebuch über seine Termine von 1953 bis zu seinem Tod), zahlreiche weitere mir vorliegende Dokumente und meine persönlichen Erlebnisse in den sechziger und siebziger Jahren.
Wolfgang Stammberger wurde am 14. Juli 1920 als eines der ersten „Bayernkinder“ in Coburg geboren. Sein Vater war Rechtsanwalt, Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), aus der er 1931 wegen deren Bildung der „Harzburger Front“ mit der NSDAP austrat. Als engagierter Freimaurer war dieser auch Anfeindungen der Nazis ausgesetzt. Nach dem Besuch der Seminarschule und des Gymnasiums Casimirianum legte Wolfgang Stammberger 1939 das Abitur ab. Ursprünglich gehörte er der Pfadfinderbewegung an, deren Mitglieder bis 1934 der Hitlerjugend angeschlossen wurden. Dort war er auch Fähnleinführer für das sog. „Jungvolk“ (10 bis 14 Jahre) – ich erwähne dies, weil es noch vor einigen Jahren von einem Coburger CSU-Politiker erneut publik gemacht wurde.
Nach dem „Reichsarbeitsdienst“ nahm er sein Jurastudium auf, wurde jedoch 1940 zur Wehrmacht einberufen, und war bis 1945 Soldat, zuletzt Leutnant. Durch einen Lungenschuss schwer verwundet, kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft auf abenteuerliche Weise nach Hause zurück, und erst in Coburg konnten und mussten ihm ein Lungenflügel und mehrere Rippen operativ entfernt werden. Als er 1946 halbwegs genesen war, nahm er sein Studium wieder auf und schloss es in Erlangen mit beiden juristischen Staatsexamina und der Promotion ab. Danach übernahm er zusammen mit einem Partner die Anwaltskanzlei seines beim „Volkssturm“ noch gefallenen Vaters, die er im Nebenberuf mit einer Unterbrechung von 1961 bis 1962 bis zu seiner Wahl als Oberbürgermeister fortführte. Auch hier zeigte er sein liberales Grundverständnis, indem er u.a. Homosexuelle in Strafverfahren wegen des damaligen § 175 des Strafgesetzbuchs engagiert verteidigte, was seiner Zeit einen Rechtsanwalt nicht unbedingt allseits beliebt gemacht hat.
Bereits seit 1946 engagierte er sich politisch und war eines der Gründungsmitglieder der Coburger FDP und der bayerischen Jungdemokraten und deren erster Landesvorsitzender. 1948 wurde er zum ersten Mal in den Coburger Stadtrat und 1950 als Fraktionsvorsitzender der FDP gewählt, die damals zeitweilig die stärkste Fraktion stellte. Der damalige Oberbürgermeister Dr. Walter Langer gehörte ebenfalls der FDP an. Zu den Bundestagswahlen 1953 wurde Stammberger von FDP, CSU und BHE („Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten“, einer in den ersten Nachkriegsjahren starken „Flüchtlingspartei“) als gemeinsamer Kandidat für den Wahlkreis Coburg-Kronach nominiert und zog mit Direktmandat in den Bundestag ein. 1957 und 1961 wurde er jeweils über die Landesliste der FDP wieder gewählt. Ab 1957 wurde er Vorsitzender des Gesundheitsausschusses des Bundestages und hat in dieser Funktion für die damalige Zeit fortschrittliche Gesetze im Arzneimittel- und Lebensmittelrecht auf den Weg gebracht.
Nach der Bundestagswahl 1961 hatte die CDU/CSU unter Adenauer ihre absolute Mehrheit verloren. Die FDP ließ sich entgegen ihrer Zusagen im Wahlkampf wieder auf eine Koalition ein unter der Bedingung, dass Adenauer im Lauf der Legislaturperiode zurück treten würde. Zunächst war Stammberger wegen seiner Erfahrungen in den vergangenen vier Jahren als Gesundheitsminister im Gespräch, diese Position wurde jedoch dann an eine Medizinerin aus der CDU vergeben. Er übernahm daher das Justizministerium. Gleich zu Beginn machte er sich bundesweit bekannt und „unbeliebt“, weil er eine Absenkung der damals geltenden Grenze für Fahruntüchtigkeit von 1,3 Promille (!) auf 0,8 Promille forderte (heute gilt bekanntlich eine Grenze von 0,5 Promille). Jedoch waren es mehr zwei politische Ereignisse und eine persönliche Tragödie, die seine Amtszeit prägten: Während einer Dienstreise verunglückte er auf der Autobahn schwer und lag monatelang im Krankenhaus. Kaum genesen, stand die Ernennung des Generalbundesanwalts an, bei dem sich im Nachhinein herausstellte, dass dieser durch die Nazizeit schwer belastet war. Stammberger war von diesem Mann belogen worden, jedoch die sog. „Fränkel-Affäre“ wurde von Teilen der Öffentlichkeit auch ihm zur Last gelegt. Die Spannungen in der Koalition insbesondere zwischen der CSU und der FDP steigerten sich und mündeten in der „Spiegel-Affäre“, eine der großen Staatskrisen der noch jungen Bundesrepublik. Ihre Einzelheiten im Herbst 1962 zu schildern, würde hier zu weit führen, sie können leicht im Internet recherchiert werden. Stammberger trat zurück, weil der damalige Verteidigungsminister und CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß mit der Verhaftung des Spiegel-Chefredakteurs Ahlers über den Kopf des Justizministers hinweg handelte und Adenauer eine zumindest zwiespältige Rolle einnahm. Da Strauß deshalb abdanken musste, gehörte Stammberger spätestens seitdem zu den Intimfeinden des CSU-Chefs, was wohl auch in den kommunalpolitischen Auseinandersetzungen der siebziger Jahre, in denen Strauß auch den Höhepunkt seiner Popularität erreichte, in Coburg noch für „Kampfreflexe“ seitens mancher CSU-Repräsentanten gesorgt hat.
Die CDU/CSU-FDP-Koalition wurde zwar nach Beendigung der Spiegel-Affäre wieder neu aufgelegt, jedoch blieb Stammberger auf Drängen von Adenauer dem Bundeskabinett fern. In den folgenden Jahren widmete er sich neben seinem Bundestagsmandat u.a. verstärkt seiner Tätigkeit in der Freimaurerloge, in der er in Coburg bereits seit der Nachkriegszeit aktiv war. Er wurde Herausgeber der europäischen Freimaurerzeitung „Euro-Mason“, schrieb dort in der bewegten Zeit der späten sechziger Jahre (neue Politik gegenüber Osteuropa, strafrechtliche Verfolgung von echten und vermeintlichen „Freunden der DDR“, innenpolitische Veränderungen am Ende der Nachkriegszeit) viele Artikel, die auch aus heutiger Sicht interessante Gedanken enthalten und als „radikalliberal“ eingeschätzt werden können. U.a. mit der langjährigen FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher fühlte er sich politisch verbunden. In diesen Zusammenhängen machte sich bei Stammberger eine zunehmende Unzufriedenheit mit der politischen Haltung der FDP breit. Mir hat er einmal gesagt, dass er sich bereits bei der Entgegnung des damaligen SPD-Vorsitzenden Ollenhauer auf die Regierungserklärung von Kanzler Adenauer nach der Bundestagswahl 1953 gefragt habe, ob er in der richtigen Partei sei.
Zudem machte Stammberger schon in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren kein Geheimnis aus seinen Ambitionen, einmal Dr. Langer als Oberbürgermeister zu „beerben“, er war bis 1961 mit einer Unterbrechung von wenigen Jahren auch Mitglied des Stadtrates. Andere lukrative „Karriereangebote“ außerhalb von Coburg schlug er nach seiner Zeit als Bundesminister aus. 1964 war seine Unzufriedenheit mit der FDP so weit gewachsen, dass er, auch aufgrund des neuen „Godesberger Kurses“ der SPD, dorthin übertrat. Da der Wahlkreis Coburg-Kronach als damals fast sicherer SPD-Wahlkreis bereits „vergeben“ war, übernahm er den Wahlkreis Bad Kissingen, der das nordöstliche, streng katholische Unterfranken umfasst, wo er mit seiner liberalen Auffassung und als Freimaurer mit dem damaligen katholischen Klerus erhebliche Konflikte auszufechten hatte. Als Direktkandidat hatte er dort natürlich gegen die CSU keine Chance. Bei der Bundestagswahl 1965 wurde er über die Landesliste der SPD wiedergewählt.
Nachdem sich abzeichnete, dass Dr. Langer wegen seines Alters nicht mehr zur OB-Wahl 1970 antreten durfte, griffen führende SPD-Funktionäre in Coburg die bekannten Ambitionen von Stammberger auf und fragten ihn, ob er bereit sei, seine Karriere in Bonn aufzugeben und stattdessen in Coburg für die SPD zur nächsten Oberbürgermeisterwahl anzutreten. Er gab die bereits erfolgte Nominierung als Kandidat zur Bundestagswahl 1969 zurück und kandidierte ohne „Rückfahrkarte“ bei der OB-Wahl 1970 gegen einen anderen Juristen, der von CSU, FDP und Freien Wählern/Coburger Volksbund gemeinschaftlich aufgestellt war. Die Wahl gewann er mit fast 55 % der Stimmen.
In den Folgejahren stellten sich vor allem die Fragen der weiteren Entwicklung Coburgs, ausgelöst durch ein viel diskutiertes Gutachten des Prognos-Instituts, die Fragen der Stadtentwicklung, insbesondere im Zusammenhang mit der Gebietsreform und der Altstadtsanierung, die damals bundesweit in vielen Städten nach Beendigung der Nachkriegszeit ein wichtiges Thema wurde. Der erste Abschnitt im Quartier Mauer / Webergasse wurde in seiner Amtszeit durchgeführt, und das Ergebnis ist in Coburg heute nach meiner Kenntnis weit gehend unumstritten, obwohl es damals auch hierzu heftige Auseinandersetzungen gab.
Da Coburg durch die Eingemeindungen von Creidlitz, Beiersdorf, Scheuerfeld, Seidmannsdorf, Lützelbuch und Rögen seine Einwohnerzahl um mehr als 10 % vergrößerte, musste der OB neu gewählt werden, was zeitgleich mit den turnusmäßig anstehenden Stadtratswahlen im Jahr 1972 erfolgte. Die von einem Historiker vor ein paar Jahren aufgestellte Behauptung, dass Stammberger sich kurz nach seiner Wahl zum OB bei der Bevölkerung unbeliebt gemacht habe, widerlegt sich schon durch seine überzeugende Wiederwahl, die ihm mit fast 61 % der Stimmen gegen den wiederum von CSU, FDP und Freien Wählern/Coburger Volksbund aufgestellten Gegenkandidaten, dem damaligen Lichtenfelser Bürgermeister Dr. Hauptmann, gelang. Dies, obwohl bereits vorher heftige Auseinandersetzungen in der Stadt insbesondere um den Abriss des Bürglasstors geführt wurden. Stammberger hatte sich für den Abriss eingesetzt. Das mag im Nachhinein eine Fehlentscheidung gewesen sein, jedoch ist festzuhalten, dass die Abrissentscheidung vom Stadtrat einstimmig gefällt wurde, obwohl damals noch die Mehrheit in parteipolitischer Opposition zu Stammberger stand.
Auch nach der Wahl von 1972 setzen sich Auseinandersetzungen um den Erhalt oder Abriss alter Bausubstanz im Stadtbild fort. Als Symbol hierfür gilt bis heute die sogenannte „Spindler-Villa“ in der Nachbarschaft des Kongresshauses. Hierzu ist in diesem Artikelbaum bereits eine Diskussion geführt worden, auf die ich zur Vermeidung von Wiederholungen verweisen möchte (vgl. mein Beitrag vom 23.7.2011 auf Seite 1). Der damalige langjährige Lokalchef der „Neuen Presse“, Erich Vieth, war ein kritischer Begleiter der Rathauspolitik und hatte dabei für die Stimmung in der Bevölkerung ein gutes Gefühl. Wenn er zu dem Ergebnis kam, dass gefühlte 90 % der Coburger damals für den Abriss der „Spindler-Villa“ waren, kann man ermessen, dass Fragen des Denkmalschutzes und des Erhalts alter Bausubstanz in Coburg (wie praktisch in ganz Deutschland) damals mehrheitlich ganz anders gesehen wurden als heute. Zudem hatten Abrisse bereits zu Zeiten von Dr. Langer Konjunktur, z.B. die „Zarenvilla“, die dem Diakonisch-Sozialen Zentrum weichen musste. Auch hat Dr. Stammberger volle Anerkennung für die gelungene Restaurierung alter Bausubstanz gezeigt, zum Beispiel einer völlig heruntergekommenen Villa in der Ketschendorfer Straße, die von den Eigentümern eigentlich schon zum Abriss bestimmt war, dann jedoch überraschend neu hergerichtet wurde, oder den Erhalt der Fassade des damaligen „Kaufhaus Mohren“ in der Spitalgasse.
Das weitere Symbol der “Abrisspolitik“, das Alexandrinenbad, ist sicherlich der gravierendste Einschnitt in das Bauerbe Coburgs gewesen. Abgesehen davon, dass auch dieser Abriss vom Stadtrat beschlossen und nicht, wie immer suggeriert, als einsame oder gar diktatorische Entscheidung des Oberbürgermeisters gefällt wurde, ist mir, der ich damals schon nicht mehr in Coburg wohnte, nicht bekannt, ob es aus verkehrspolitischer Sicht zur Alexandrinenbrücke, die heute an der Stelle steht, irgend eine Alternative gab. Die „Stadtautobahn“ war noch in weiter Ferne, und der ganze Verkehr aus den Industriegebieten des Coburger Nordens, von Rödental und teilweise auch Neustadt nach Süden und nach Westen zu den Absatzmärkten zwängte sich durch drei Verkehrsachsen: Zum einen über die Lossaustraße, den engen Sonntagsanger über den Bahnübergang bei der damaligen Schlachthofkreuzung zum Weichengereuth, zum zweiten über die Mohrenkreuzung und die Löwenstraße zur Viktoriastraße und die Goethestraße zur Bamberger Straße, und nicht zuletzt führte die B4 noch mitten durch die Innenstadt; Markt, Spitalgasse und Steinweg waren noch keine Fußgängerzone. Ich habe Anfang der 70er Jahre in einem Oeslauer Industriebetrieb gearbeitet, und mir sind noch die Flüche der LKW-Fahrer wegen der Verkehrsengpässe in Coburg erinnerlich.
Der früher führende SPD-Stadtrat Siegfried Freytag, der in seinem Buch zur Coburger Zeitgeschichte natürlich auch die Amtsführung Stammberger und seine oft kritische Haltung zu seiner eigenen Partei beleuchtete, schrieb zum Ende der Amtszeit des OB: „Der anscheinend größte Fehler, den die Coburger SPD Ende der 70er Jahre machte, war ohne Zweifel, den in der Bevölkerung populären, wenn auch in der Stadtratsfraktion aufgrund manchmal eigenmächtigen Verhaltens und wiederholt geäußerte Rücktrittsdrohungen nicht mehr übermäßig beliebten Oberbürgermeister Dr. Stammberger nicht wieder zur OB-Wahl 1978 aufzustellen.“ Stammberger - zwar nicht frei von Werten und Visionen – war als ausgeprägter Pragmatiker kein Freund von Parteitaktiken und des manchmal mühseligen Ringens um Mehrheiten innerhalb politischer Gremien. Seine weitere Schwäche nicht nur als Oberbürgermeister war sicher auch fehlende Geduld, die man als Politiker beim „Bohren dicker Bretter“ haben muss. Auch seine Neigung, „das Herz auf der Zunge zu tragen“ und seine menschliche Sensibilität machten ihn eigentlich nicht zum geborenen Politiker, wenngleich er ein durch und durch politischer Mensch und diese Sensibilität daher oft nicht so leicht erkennbar war.
Außenstehende haben ihm seine Ungeduld und seinen Drang, etwas zu bewegen, ohne durch lange bürokratische Prozesse und Gremienwege aufgehalten zu werden, oft als Arroganz ausgelegt. Was er mit Sicherheit jedoch nicht war, war abgehoben im Sinne von Unnahbarkeit und Uneinsichtigkeit. Er hatte – oft ungeachtet unterschiedlicher politischer Auffassungen - viele herzliche Freundschaften in der Stadt, teilweise aus seiner Jugendzeit, unter anderem seinen Nachfolger, den damaligen Stadtkämmerer und späteren OB Höhn, den er noch aus Pfadfinderzeiten kannte. Aber auch und gerade mit Menschen aus „einfachen Schichten“ konnte er gut kommunizieren. Dies war sicherlich der Grund dafür, dass er in der Stadt oft mit „Hallo Stammbus“ gegrüßt wurde, und wohl auch, dass nach ihm der „Wolfgangsee“ in Wüstenahorn benannt wurde, für dessen Entstehen in diesem immer auf der Schattenseite Coburgs liegenden Stadtteil er sich stark gemacht hatte.
Was Stammberger hasste, war „Grüß-Gott-August“ zu sein, zu repräsentieren. Die Requisite eines Oberbürgermeisters, die ihn am meisten störte, war die Amtskette, die er so selten wie möglich anlegte. Die Annahme von Orden wie dem Bundesverdienstkreuz lehnte er konsequent ab. Und er war auch ein Gegner autoritär-patriarchalischer Strukturen, die ihm sein Vorgänger Dr. Langer in der Stadtverwaltung hinterlassen hatte, und die er durch modernere Führungsmethoden des Delegierens von Verantwortung zu überwinden trachtete, was ihm sowohl aus Teilen der autoritätsgewohnten Verwaltung wie auch bei konservativ gesinnten Stadträten gelegentlich den Vorwurf der Führungsschwäche eintrug. Oft waren es die gleichen Kritiker, die ihn tadelten, wenn er ein als widersprüchlich empfundenes Abstimmungsverhalten des Stadtrats monierte und zu Entscheidungen statt überlanger Diskussionen drängte. Manchmal waren es auch die gleichen, die später an ihre eigenen Stimmen im Stadtrat nicht mehr erinnert werden wollten.
Nach seiner Amtszeit als Oberbürgermeister 1978 wurde Stammberger nicht wieder als Rechtsanwalt aktiv. Er kümmerte sich um seine Leidenschaft Sprachen, unter anderem als Dolmetscher auf einer Baustelle in Spanien, aber auch in der Esperantoliga; auch diese künstliche „Weltsprache“ zu verbreiten war sein langjähriges Streben. Seine angegriffene Gesundheit führte jedoch schon 1982 zu seinem Tod, der jedoch nicht, wie spätere Gerüchte kursierten, durch Krebs o.ä. verursacht wurde, sondern durch Herz- und Kreislaufprobleme.
Stammberger war nicht immer einfach und oft auch kein einfach zu verstehender Mensch, aber in jedem Falle ein leidenschaftlicher Coburger, der sich auf Grundlage der seinerzeitigen Erkenntnisse und Stimmungen für seine Heimatstadt engagiert hat und, um etwas zu bewegen, nicht immer den bequemsten Weg gegangen ist. Die „Abrisspolitik“ als Ausdruck einer Fortschrittsgläubigkeit war kein Coburger Spezifikum - und schon gar keines der Person Stammberger, dem zudem fehlenden Sinn für Kultur zu unterstellen völlig daneben geht. Kultur hat immer auch etwas Zeitgeistiges, und Zeitgeist der 60er und 70er Jahre war es leider, vieles von dem, was nach dem Zweiten Weltkrieg in deutschen Städten an Bausubstanz übrig blieb, rein nach wirtschaftlichen Kriterien zu ersetzen statt aufwendig zu restaurieren. Zumal schon zu viel früheren Zeiten historische Gebäude dem Verkehr oder anderen Umständen in Coburg geopfert wurden, was in diesem Forum schon mehrfach beleuchtet wurde, ohne dafür einer Person die Verantwortung zuzuschreiben.
Sicherlich hätten daher die damaligen Coburger Stadtväter und –mütter inkl. Stammberger in späteren Jahren die eine oder andere Entscheidung anders gefällt. Seine Amtszeit nur an Hand der damaligen Eingriffe in das traditionelle Stadtbild zu beurteilen, wird aber weder seiner Person noch der Geschichte unserer Heimatstadt gerecht.
In der Broschüre "Stadt verkehrt" aus dem Jahr 1997 lese ich gerade (S. 24), dass der Stadtrat bereits im Februar 1969, also noch in der Amtszeit von Oberbürgermeister Dr. Langer, einstimmig (!) beschlossen hat, das Alexandrinenbad nach Fertigstellung des Kombibades an der Rosenauer Straße zu schließen.
Ich habe mal den Artikel eingescannt und hochgeladen, ohne zu wissen, ob alle Fakten vollständig erwähnt sind.
Stammbus
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Es wurde, Gott sei Dank , auch einiges verhindert.
Kilroy
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