Willi Schillig hat sich nun verabschiedet. Er gehörte auch zu der alten Garde, die damals nach dem Krieg,unter ganz bescheidenen Anfängen, aus der Korbmöbelbranche kommend, sich zu einem Top Unternehmen im Polstermöbel Sektor hinaufgearbeitet hat. Sichtbares "Aushängeschild" von Wischi ist der nach wie vor große LKW Fuhrpark, der wirksam am Wochenende (meist vollzählig)dort an der B 303 zu sehen ist.
Welches "Auf und Nieder" hatte die Polstermöbel Industrie hier im Coburger-Ebersdorfer - Sonnefelder Raum mitgemacht. Viele, die damals nach dem Krieg oder in der "Wirtschaftswunder Zeit" ebenfalls ganz klein begonnen hatten, sind schon lange nicht mehr existent. So erinnere ich nur an die Firmen: Fischer/Sonnefeld. Hummel/Sonnefeld. Kretz-Werke/Neuensorg. Kirchner/Frohnlach. Welsch/Ebersdorf. Hennig/Weidhausen. Chromo-Stahlrohrmöbel/Sonnefeld. Wagner/Scherneck. Völker Tische /Ebersdorf-Frohnlach. Raedlein/Ebersdorf. Ponsack/Zeickhorn. Präcklein/Stadel-Hausen-Großheirath.....Und wie viele habe ich vergessen!?.....
Was war in den 60er/70er Jahren im östlichen Coburger Landkreis geboten!!?... Von Hummel in Sonnefeld erzählte man sich im nachhinein:" ...nu,dar hot seina Garnidurn mitt´n Handwoch´n in Sunnafald ah die Bahn`gfahr`n!"....(später sprach man von einem "Senkrechtstarter"....) Und dann konnte man sehen, wie die ersten Firmen begannen, sich eigene LKW`s zu kaufen...... Bald standen auf den Firmenhöfen überall mehr oder weniger große LKW -Flotten. Blau/Gelb war einmal das Firmenlogo von Fischer in Sonnefeld."Möbel mit Charakter" stand an den LKW´s zu lesen. Kirchner in Frohnlach hatte rote Lastzüge. Meist waren die Firmen-Logo- Namen, oben an den LKW Führerhäusern angebracht und man konnte auf der Autobahn entgegen kommende LKW´s schon von weitem erkennen, das es einer "aus unserer Ecke" war. Meist gab man sich dann "Lichthupe", oder ein freundschaftlicher Gruß mit erhobenen Daumen war zu sehen. Spätestens beim nächsten Werkstatt Besuch, traf man dann die Fahrer wieder, die einen auf der Autobahn begegnet waren. Durch den großen LKW Fuhrpark, den die Firmen dann hatten, nicht jede Firma hatte eine eigene (LKW)- Werkstatt! , begann sich die Fa. Autohaus Schultz in Sonnefeld zu vergrößern. Erst ganz klein mitten in Sonnefeld gelegen, musste Schultz neues Terrain an der Straße nach Coburg, bzw. nach Neuensorg erschließen. LKW´s wollten gewaschen werden.....so stand bald "beim Schultz" eine LKW Waschstraße. Andere Firmen zogen dann mit.... Tankstellen wurden gebraucht!.... Und als dann 1974 die sogenannte "Energiekrise" uns Sonntagsfahrverbote (außer wer beruflich unterwegs war)die Sommerzeit und eine allgemeine Preissteigerung bei Benzin und Diesel bescherte, stellten sich viele Firmen mit eigenem Fuhrpark Diesel und Benzin Tanks auf den Hof, weil der Einkauf angeblich günstiger war. In der Polsterbranche boomte es damals....drei Tagestouren ins Ruhrgebiet waren über Monate möglich! Damals, in den 70er/80er Jahren hatten wir noch keine Autobahn vor der Haustüre und der ganze Schwerverkehr quälte sich über die Bundesstraßen....Unvorstellbar heute. Die B 303 nach Schweinfurt endete am damaligen "Bayern Denkmal"...das war die heutige Brücke der B 303 die an der Anschlussstelle Pfarrweissach/Maroldsweissach steht. Die Brücke war schon lange vor dem Ausbau der B 303 dort errichtet worden, aber die Straße ließ auf sich warten...daher der Name :"Bayern Denkmal"! Wer nach Norddeutschland musste, bog hier nach Fulda ab um dort die A 7 zu erreichen. Kolonnen von LKW´s, einer hinter dem anderen fuhr so am Sonntag Nacht von hier die 130 km nach Fulda. Dafür waren rund 2 Stunden damals eingeplant. Die LKW´s hatten lange nicht die PS Zahlen und Leistung wie sie heute Standart sind! Hinter Bad Neustadt begann dann die lange Steigung hinauf zur Rhön....
Die Fa. Hummel hatte damals neue stärkere LKW´s bekommen......gemein war es, wenn dann beim Überholen am Berg, der Beifahrer vom Hummel-LKW, das Feuerzeug zum Fenster heraus hielt!.... Die Polster Kutscher hatten ja kein Gewicht auf ihren Lastzügen, wenn es hoch kam, waren das etwa 8-10 Tonnen auf dem Zug! Lediglich der Platz, den die Ladung brauchte war Ausschlag gebend. Wenn es gut lief, war Hamburg-Stillhorn-Elbbrücken in 8 Stunden zu erreichen. Aber wie oft machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung!!?.... Welches Chaos herrschte manchmal kurz vor der Pass-Höhe "Schwedenschanze" auf der Rhön!?...Bei uns hier das schönste Frühlingswetter und dort oben noch 2Meter Schnee und die Straße hinunter nach Gersfeld spiegelglatt! Da stand dann die Polizei oben am Parkplatz und ließ die LKW´s nur mit Abstand den Berg hinunter. Wir mit unseren leichten Möbelzügen hatten da nicht so große Probleme,....aber die schweren Züge mit ihren damals 38 Tonnen?? In Gersfeld, unten an der Kreuzung, wo es rechts ab zur Wasserkuppe geht, stand ein Haus.....Es musste abgerissen werden...LKW Bremsversagen war der Anlass!
Was hatten die Gemeinden, sei es Ebersdorf, oder Frohnlach oder Sonnefeld oder Weidhausen für einen Aufschwung erfahren? Nicht nur das die Firmen ausgelastet waren....die vielen kleinen Zulieferfirmen für die Polsterindustrie, die Gaststätten, die Tankstellen, die Gestell Fabriken, welche die Polstergestelle lieferten hatten gut zu tun. Alles wurde hier gebaut und hergestellt! Erst später meinten manche von den Unternehmern in Tschechien oder gar im fernen China produzieren lassen zu müssen! Und dann kam 1989.....Goldgräberstimmung in Oberfranken......die Polsterfritzen nannten sich "die heimlichen Könige von Oberfranken"! Der "Wilde Osten" wollte beliefert werden........Neuland für uns...."Ach von Coburg kommen Sie?....Da waren wir mal vor dem Kriege! Ihr habt doch da die schöne Veste Coburg!?".....Ehe wir abladen erst mal n´Tässchen "Hääsn`"...bei Dresden gingen damals die Uhren anders....."Mittags ab eins, mach´ ich meins"......
...".Wir sind durch Deutschland gefahren..".. gab es ein Lied bei den Pfadfindern..... Wir hatten Deutschland zum "Null Tarif"......von "Schleswig bis Berchtesgaden" oder von "Perl bis Bautzen".......
Aber jetzt dürfen es die Nachfolgenden machen ...........oder fährt das alles mal die Bahn???......
Zitat von gerd im Beitrag #1 Die B 303 nach Schweinfurt endete am damaligen "Bayern Denkmal"...das war die heutige Brücke der B 303 die an der Anschlussstelle Pfarrweissach/Maroldsweissach steht. Die Brücke war schon lange vor dem Ausbau der B 303 dort errichtet worden, aber die Straße ließ auf sich warten...daher der Name :"Bayern Denkmal"!
Ich kenne die als "Seebohm-Denkmal", nach dem Bundesverkehrsminister der 60er Jahre, der sie bauen ließ, aber nicht die Straße. Unglaublich, wie lange die "so da" stand, dürften wohl mehr als 30 Jahre gewesen sein.
Danke, Gerd, für Deinen wie immer spannenden Bericht. Auch wenn ich die Strecke über die Rhön nie mit einem richtigen LKW gefahren bin. Meinen Umzug 1975 nach Hamburg habe ich (bis auf Bett, Schrank und eine Bücherkiste, die als Beiladung hoch gingen) mit einem 2 CV mit 16 PS und 2 Zylindern gemacht, da hat die Fahrt auch acht Stunden (ohne Pausen) gedauert. Und die LKWs hinter mir haben an der Rhönauffahrt geflucht, weil ich langsamer war als sie und sie mich - Feuerzeug hin oder her - nicht überholen konnten.
Da ich zweimal fuhr, habe ich bei der Rücktour nach Coburg zum zweiten Anlauf dann auch die von Dir nicht erwähnten "Kasseler Berge" gut im Gedächtnis, die A7 war damals noch mit nur zwei Spuren je Fahrtrichtung, ich auf der rechten, die LKW auf der linken. Der dadurch entstandene Stau hat sich dann aber irgendwann auch mal aufgelöst
Die Strecke über die Rhön ist mir noch gut im Gedächtnis, obwohl ich sie lange nicht mehr gefahren bin. Wenn man bedenkt, dass es da lange, ich glaube, in Heustreu, kurz vor NES, eine einspurige (!) Brücke gab. Seit ein paar Jahren fahre ich in die Heimat natürlich immer über den Thüringer Wald, wenngleich die Strecke zwischen Göttingen und Eisenach auch nicht so prickelnd ist.
Die Wischi-LKW hat man auch wirklich oft auf der Autobahn gesehen, heute sieht man nur noch die von der Klavierspedition aus LIF.
Aber ich denke, gerade bei Möbeln wird die Bahn den LKW nie ernsthaft Konkurrenz machen. Denn die heutigen großen Möbelhäuser haben meistens keinen Bahnanschluss, liegen irgendwo auf der "grünen Wiese".
Es gab vor einigen Jahren eine Dokumentation im Bayerischen Fernsehen unter der Rubrik "Unter unserem Himmel", die sonntags abends läuft. Der Titel dieser Dokumentation lautete: "Der Polstermöbel-Highway 303". Darin wurden viele Polstermöbelfirmen vorgestellt.
Jaa....die Brücken(!) in Heustreu....es waren kurz hintereinander 2 schmale Brücken. Damals hatte einer mit seinem Anhänger das Sandstein Brückengeländer "abgeräumt" und die Strecke war in der Nacht für mehrere Stunden gesperrt! Da kann man sich vorstellen wie sich die LKW´s bis nach Königshofen zurück stauten! Handy oder Navi waren doch damals noch nicht! Und war im Frühjahr dort zwischen Saal und Heustreu die Straße überschwemmt, leiteten sie den ganzen Schwerverkehr über "die heiligen Länder" nach NES um!...Mein Gott war das immer ein gekutsche!?.. Damals gab es auch noch eine Bahnlinie, welche von NES hinauf in die Rhön führte...da war in Brendlorenzen eine Unterführung! Die hatte ihre Tücke, denn sie war an einer Seite zu niedrig um da mit den Kofferzügen durch zu passen....auf der anderen Straßenseite war das aber gut möglich, nur da war halt Gegenverkehr....!! Überall wurden dann Umgehungsstraßen gebaut, denn der Durchgangsverkehr in den Ortschaften war nicht mehr tragbar!
Wer kennt sie nicht?...Die "Kasseler Berge"....Bei "Truck Stop" sangen sie doch..."Volle Kanne alter Diesel, die Kassler Berge kommen in Sicht!"... Weil der Verkehr immer mehr wurde, hat man damals dort begonnen auf 6 Spuren zu erweitern! Zuvor wichen ganz langsame LKW´s auch schon mal auf den Standstreifen aus, um schnelleren das Überholen am Berg zu ermöglichen. Das war zwar verboten ,...aber wo kein Richter....? Am "Kirchheimer Dreieck" sah man nur die lange Steigung hinauf in Richtung Norden die Schlusslichter der LKW´s...PKW´s waren zu der Uhrzeit, so gegen 1-2 Uhr nachts fast keine unterwegs....nur die Bundeswehrsoldaten, welche vom Wochenend Urlaub zurück in ihre Standorte mussten, waren da zu finden. So wie wir uns nach Norden bewegten, kamen uns die LKW´s aus der Ecke von Porta Westfalica, Löhne, Herford usw. entgegen! Dort ist ja die Küchenmöbelindustrie zu Hause. Auch die Berge hinunter war für den Schwerverkehr Überholverbot!(Am Dienstag, wenn wir wieder gen Süden nach Hause fuhren, kamen uns die wieder entgegen!).... Irgendwann gab es dort mächtige Baustellen. Und dann konnte man erkennen warum! Die Bahn begann die Neubaustrecke Würzburg Hannover zu bauen und große Brücken schwangen sich nun über die Täler. Ein Tunnel nach dem anderen folgte. Wenn man bei Kassel nicht in Richtung Dortmund-Ruhrgebiet abbog, sondern weiter nach Norden unterwegs war, hatte nur noch das "Werratal" mit seinen Gefälle seinen Tücke!Dort bauten sie dann eine Notfallspur,die in einem großen Sandhaufen endete!... Aber dann nach der Raststätte "Hildesheimer Börde", wo die Autobahn in die Tiefebene hinabführt, konnte man den LKW endlich laufen lassen! Und dann war es ja nur noch so 1 1/2 Stunden nach HH, Stillhorn, wo es meistens den ersten Kaffee gab.... Hatte man weitere Touren als HH, musste man schon "drauf treten" um dorthin zu kommen. Flensburg oder gar bis nach Billund mit Zollabwicklung Dänemark musste man schon gut 10 Stunden einplanen. Ist schon schön das Deutschland...ob in "Bayrisch-Kongo" oder im "Schlappenland" oder dort, wo es zur Apotheke, den Kanal 5km runter geht und zum Rathaus den anderen Kanal 4km wieder entgegen....oder am Elbsandstein, in der Eifel oder bei der "Loreley"....das sahen wir alles zum Nulltarif....noch schöner wäre es gewesen, man hätte das im Urlaub gesehen!...
Zitat von gerd im Beitrag #4 Aber dann nach der Raststätte "Hildesheimer Börde", wo die Autobahn in die Tiefebene hinabführt, konnte man den LKW endlich laufen lassen!
Da wird heute gerne geblitzt, ist jetzt Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h.
Und wenn Ihr von da nach Stillhorn nur 1 1/2 Stunden gebracht habt, dann seid Ihr einen Schnitt von 86 km/h gefahren. Für einen LKW eine reife Leistung. Geht wohl nur mitten in der Nacht.
Erhard, das war oftmals, meist am Donnerstag auf Freitag, auf dem Weg nach Bad Segeberg zu Möbel Krafft. Wenn da bei Hildesheim Möbel LKW´s aus unserer Ecke schnell in Richtung HH unterwegs waren, konnte man sicher gehen, das sie ebenfalls nach Segeberg fuhren. Dann schieden sich die Geister!...Entweder über Lübeck und dann die Landstraße hoch nach Segeberg oder die Autobahn bis Kaltenkirchen und dann ebenfalls die Landstraße rüber nach Segeberg. Wer als erster seine Ladepapiere bei Krafft in die Klappe geworfen hat, durfte auch als erster abladen und war dann auch bald wieder zu Hause...Deshalb wurde dort "volle Kanne" gefahren. Da kratzte der Fahrtenschreiber auch schon mal an der 95er Marke! Aber das war ja alles im letzten Jahrhundert... und heutzutage fahren ja manche schon hier auf der B4 an der 100 er Marke! Kein Witz!
Ich hatte mich mal über die Vielzahl von Speditionen im Coburger Raum gewundert, obwohl die Gegend ja verkehrsmäßig, insbesondere vor dem Bau der A73, sehr schlecht erschlossen war. Mir wurde dazu erzählt, dass die Polsterindustrie der Grund ist. Einge Speditionen sind ja inzwischen auch wieder verschwunden wie Brückner, oder Hamann, der von D+S logistic übernommen wurde, oder Weichelt, der in Schenker aufgegangen ist.