Sonntagsanger 1

#1 von gerd , 06.01.2005 19:03

Habe gestern seit längerer Zeit einmal das Stadtarchiv besucht,da ich mich für das Anwesen im Sonntagsanger 1 interessiere.Das Gebäude war mir schon seit meiner Jugend in und auswändig bekannt, denn die Firma, wo ich meine Lehre begonnen habe, war Anfang der 60 er Jahre in drei Etagen hier untergebracht.
Wie alte Coburger berichteten, war während des 3.Reiches hier die "Heeresbäckerei" drinnen. Da ich mit meinen Recherchen erst am Anfang bin, sind allerdings die Meldungen noch recht dünn!
Bis jetzt konnte ich an Hand von alten Adressbüchern folgendes erfahren:
Im Adressbuch von 1927 erscheint hier:
BEZIRKS-KONSUM-Verein mit Lagerräumen.
Adressbuch von 1931:
BEZIRKS-KONSUM-VEREIN mit Dampfbäckerei(!)-weiter 1934. Bzirkskonsum Verein mit Lagerräumen, Dampfbäckerei,Büro Schlachthofstraße 6!Wer sich erinnert, als die Frankenbrücke noch nicht stand, war ja dort ein Bahnübergang.Genau unter der heutigen Brücke stand ein Haus,das zur Schlachthofseite hin eine Art Terasse hatte.Hier drinnen war ein Verkaufsladen vom KONSUM.Und das Büro des Bez. Konsum Vereins.-Interessanterweise gehörte dieses Haus zur Schlachthofstraße,obwohl es in der Straßenflucht des Sonntagsanger stand!!

Vom Stadtarchiv wurde ich weiter verwiesen an das Stadtbauamt,da hier die Möglichkeit besteht, Bauakten einzusehen.Allerdings verlief dieser Vorstoß (noch) ins Leere,da eine Akteneinsicht nur mit der Zustimmung des Gebäudeeigentümers möglich ist.Die Adresse des momentanen Eigentümers wurde mir mitgeteilt.Man wird sehen!

Was mich interessiert:-Wann wurde das Anwesen bebaut?-Wer hat hier die ersten Gebäude errichtet?-War das der Bezirks-Konsum Verein?-Wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann,war die Dampfbäckerei
für einen Großbetrieb ausgelegt!-(an der inneren Gebäudeaufteilung konnte man eine Großbäckerei erkennen,es war im Hof eine Laderampe sowie ein Fahrstuhl für Lasten eingebaut-Auch die Zwischendecken waren für größere Lasten ausgelegt!)-
Da Coburg ab 1934 wieder Garnisonsstandort war, wurde auch eine Großbäckerei gebraucht, um die Truppe täglich mit Backwaren zu beliefern.-Ich nehme deshalb an, das das Heeresverpflegungsamt hier auf den Konsumverein zugegangen ist,mit der Bitte der Zusammenarbeit.
Als dann während des Krieges die Radarstation bei Watzendorf/Neuses Eichen gebaut wurde, mußte ja auch diese Truppe täglich verpflegt werden.-Was lag näher, als auch hier Backwaren aus dieser Bäckerei zu liefern?
Wie ich in Erfahrung bringen konnte,war das Haus Sonntagsanger 11 bei der Bombardierung 1945 zerstört worden.Dieses Haus steht heute als ein Neubau aus den 50 er Jahren,nur wenige Meter vom Sonntagsanger 1 entfernt.Ich kann mich noch erinnern, das auch das Anwesen No.1 Kriegsschäden aufwies!

Im Jahr 1949 findet sich als Besitzer das Bayerische Landesamt für Vermögensverwaltung im Adressbuch,später ist wieder die -KONSUM Verwaltungsgesellschaft als Eigentümer aufgeführt.

Am Rande sei hier noch erwähnt, als ich meine Recherchen in Sache Vereinsbrauerei betrieb,tauchte der Name EINKAUFSGENOSSENSCHAFT auf!Diese Institution muß aber schon in den 20 er Jahren bestanden haben!.Ich nehme deshalb an, das die Einkaufsgenossenschaft der Vorgänger des Bzirkskonsumvereins war,denn in den Akten waren hier Paralellen zu finden.
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zuletzt bearbeitet 06.01.2005 | Top

RE:Sonntagsanger 1

#2 von gerd , 08.01.2005 14:18

Die von mir angegebene Hausnummer 11, im Sonntagsanger trifft leider nicht zu!Haus Nr. 11. ist ein altes Haus, welches noch steht.Das von mir bezeichnete Haus, das durch Kriegseinwirkung verschwunden war, hat eine niedrigere Hausnummer.


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RE:Sonntagsanger 1

#3 von Christian , 08.01.2005 15:49

Hallo Gerd,
ich habe mal mein Bücher durchwälst und habe einiges gefunden, was ich der Allgemeinheit nicht vorenthalten möchte;-)

Zur Geschichte des Sonntagsangers (Von Ernst Eckerlein)

"Studiert man alte Stadtpläne von Coburg, so stellt man fest, dass früher das Gelände zwischen der Itz von der alten Judenbrücke bis zur heutigen Schlachthofbrücke und bis hinüber zum Plattenäckerberghang eine große Wiesenfläche war. Auf einem Grundriß aus dem Jahre 1743


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RE:Sonntagsanger 1

#4 von Christian , 08.01.2005 15:57

(Teil2:)
...wird sie die Angerwiese genannt. Die heutigen Straßen Neuer Weg und Sonntagsanger bestanden damals noch nicht. Aber schon während des 7-jährigen Krieges von 1756 bis 1763 wurde der Neuer Weg auf Veranlassung des Prinzen Christian Franz von Sachsen-Coburg-Saalfeld angelegt." "Die Angerwiese erfuhr eine zweite Veränderung, als im Jahre 1858 mitten hindurch die Eisenbahn gebaut wurde. Übrig blieb jetzt das Gelände von der Itz bis zum Bahnkörper. Man nannte aber schon vorher die Wiese den Sonntagsanger, weil dort die Bürger auch spazieren gehen konnten. Die Straße mit dem Namen Sonntagsanger gab es vorerst noch nicht. Sie wurde später ca. 1875 angelegt und befand sich bis fast zu Beginn des Ersten Weltkrieges in einem unbeschreiblichen Zustand. Nur ein Teil vor der Autofirma Trutz (heute BMW-Vertretung Walter Pfiffer) war chaussiert. Den fürchterlichen Zustand des Sonntagsangers schilderte der Mundartdichter Gustav Leutheußer in einem humoristischen Gedicht a la Wilhelm Busch, wobei er Max und Moritz auftreten lässt."


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RE:Sonntagsanger 1

#5 von Christian , 08.01.2005 16:03

Hier noch einige Daten aus der Denkmalschutzliste:

Sonntagsanger 5 / 5a:
Doppelhaus, Neurenaissance, erbaut 1891 durch Bernhard Brockardt

Sonntagsanger 8
Neurenaissance-Eckhaus (Richtung Mühldamm), erbaut 1891 durch Bernhard Brockardt

Sonntagsanger 9 / 10
Doppelhaus, erbaut 1891 von Bernhard Brockardt (Im Haus Nummer 9 befindet sich die Geschäftsstelle der SPD und heisst Willy-Brandt-Haus)

Sonntagsanger 16
Ehemalige Karosseriefabrik Trutz (heute BMW-Vertretung Walter Piffer),

Verwaltungs- und Wohngebäude, 1890 von Bernhard Brockardt errichtet

Verkaufshalle, 1901 von Bernhard Brockardt errichtet, 1999 innen verändert.



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RE:Sonntagsanger 1

#6 von Christian , 08.01.2005 17:45

Hier noch was aus dem Sandner-Buch was sehr interessant sein könnte:

13.07.1920:

Im Sonntagsanger 2 brennt das Wohnhaus und das Fabrikgebäude der Möbelfabrik Schneider.

Folgende Firmen waren befanden sich laut dem Coburger Telefonbuch des Jahres 1949 im Sonntagsanger:

Im Hause Sonntagsanger 1:

Beyer & Pensky, Herrenkleiderfabrik
Ernst Haas KG, Textil -und Garngroßhandlung
H. Kleinert, Maschinen und Apparatebau
Vogel-Verlag
Otto Rudolph, Spedition und Mödeltransporte

Im Hause Sonntagsanger 2: Emil Schneider, Möbelfabrik

Im Hause Sonntagsanger 5b: M. Bäumler, Taschenfabrik

Im Hause Sonntagsanger 7: Josef Gerstlauer, KFZ-Instandsetzung

Im Hause Sonntagsanger 8: Aufzugswerke M. Schmidt & Sohn

Im Hause Sonntagsanger 13-14: Alexander Jacobi, Speditions -und Lagerhaus

Im Hause Sonntagsanger 16: Nikolaus Trutz, Karosseriefabrik für Omnibusaufbauten

Ich habe im übrigen das Haus Schlachthofstraße 6 gefunden. Dort steht:
"Konsumgenossenschaft Coburg"
Später war dort das Zollamt untergebracht. (siehe diverse Behördenfrüher der 80er Jahre)











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RE:Sonntagsanger 1

#7 von gerd , 08.01.2005 21:05

Hallo Christian. Schön einen Gesprächspartner zu hören, der das Gebiet Sonntagsanger aufgreift!
Zu Deinen Ausführungen den Sonntagsanger betreffend einige Anmerkungen :

Im Haus Sonntagsanger 1, sind mir noch die Firma Ernst Haas, ein Begriff!-- Die hatten Wolle im Verkauf und benutzten den hauseigenen Aufzug für ihre Transporte!--Der erwähnte "Vogelverlag"- war ebenfalls ein Begriff-(bestand damals eine Debatte-Industriestadt oder Kongressstadt Coburg?)-Die damaligen "Stadtväter" bemühten sich um eine "Kongressstadt" und bewirkten damit, das sich verschiedene Grossbetriebe von Coburg zurückzogen und an anderen Standorten sesshaft wurden!-(siehe
Siemens in Rodach oder in Redwitz, oder den Vogelverlag in Würzburg!!

Zu der kleinen "Möbelfabrik Schneider" habe ich noch Erinnerungen, das meine Eltern in den 50 er Jahren dort Möbel kauften.(diese Fa. besteht auch heute noch !!!)-

Das Haus Schlachthofstraße No. 6, gehörte zur Schlachthofstraße, befand sich aber in der Straßenflucht des Sonntagsangers:-das der Zoll im Haus No. 6 einmal untergebracht war ist mir neu,--ich kenne den Zoll nur aus der Niederlassung am Güterbahnhof


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RE:Sonntagsanger 1

#8 von Christian , 09.01.2005 12:00

Noch ein Nachtrag zu der Firmenliste:

Im Hause Sonntagsanger 12: Holzhandlung Müller & Hohmann

Von diesen genannten Firmen existieren heute noch, wie schon erwähnt, die Möbelfabrik Schneider und die Spedition Alexander Jacobi.



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RE:Sonntagsanger 1

#9 von Christian , 09.01.2005 12:11

Laut dem Straßennamenbuch von Eberlein begann die Schlachthofstraße an der Schlachthofbrücke, führte bis zu der berüchtigten Schlachthofkreuzung und bog dann Richtung Güterbahnhof ab. Es wäre deshalb nicht ungewöhnlich, dass die Häuser die einst gegenüber dem Schlachthof standen und der Frankenbrücke zum Opfer fielen, zur Schlachthofstraße gehörten, obwohl sie in der Straßenschlucht des Sonntagsangers lagen. Einen wichtigen Hinweis könnte hier wieder das Coburger Telefonbuch aus dem Jahre 1949 geben. Dort findet man in der Schlachthofstraße:

Schlachthofstraße 1-3: Städt. Schlacht-und Viehhof
Schlachthofstraße 2: Otto Wetterhahn & Co., Korbwarenfabrik
Schlachthofstraße 4: Albert Maschke, Buchdruckerei



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RE:Sonntagsanger 1

#10 von gerd , 09.01.2005 13:08

Auf dem Gelände, wo heute das Parkhaus Zinkenwehr steht,hatte früher die Firma Müller und Hohmann ihren Lagerplatz.Ich weiß nicht, ob dort auch ein Bürogebäude stand?-Es befand sich gewiß im Sonntagsanger.-Bevor das Parkhaus gebaut wurde,war noch eine zeitlang das Squash- Center neu erbaut worden.Gibt es von dort noch Fotos?


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Bunker unter dem Ernstplatz
unbekannte Brunnenanlage



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