Wie bereits in den letzten beiden Artikeln festgestellt werden konnte, war die Ecke Marschberg / Hutstraße einer großen städtebaulichen Veränderung unterworfen. Anhand des Vergleichs zweier Fotos soll dies dargestellt werden. Das obere Bild zeigt die Situation der Einmündung beider Straßen in der Zeit um 1970. Das linke Gebäude Marschberg Nr. 2 entstand 1903 als historistische Kleinvilla mit einem Erker und einem Eckturm. Der Architekt Gustav Keßler hatte es seinerzeit für den Braumeister Reinhold Heymann erbaut. Dieser arbeitete für Coburger Hofbräu AG, deren Brauerei ja ebenfalls an der Einmündung der Hutstraße in den Marschberg lag. Es fällt in diesem Zusammenhang auf, dass viele Arbeiter dieser Brauerei in dem Bereich auch lebten. Ein weiteres Beispiel wird im Laufe des Aufsatzes noch folgen. Im mittleren hier gezeigten Gebäude Hutstraße Nr. 1 befand sich einst die Gaststätte „Zum Lindenthal“. Das Haus ließ der Gastronom Adam Sachs bereits im Jahre 1868 für sich errichten. Es war damit das älteste Wohngebäude in der Umgebung. Woher die Bezeichnung „Lindenthal“ herrührte, verraten uns die Chroniken nicht. Jedenfalls scheint es so, dass das Lokal einen regen Zuspruch erhielt, was aus der langen Existenz der Gaststätte hervorgeht. Dazu mag auch der Biergarten beigetragen haben, der vor dem Haus an der Einmündung beider Straße lag. Auf der Aufnahme von 1970 ist dieser bereits verschwunden. Er musste bereits zuvor neuen Parkplätzen weichen. So kann man nur erahnen, wie es dort vorher aussah. Vor diesem Biergarten stand einst, bis 1956, der sogenannte „Ölberg- oder Hölberlesbrunnen“ von dem schon an anderer Stelle die Rede war. Im Jahre 1970 findet sich dort eine wenig schmucke Bushaltestelle. Nach dem Tode von Adam Sachs 1898, erbte dessen Sohn Andreas das Anwesen. Er selbst arbeitete als Büttnermeister bei der Coburger Hofbräu AG. Es scheint, als hätten die Brauerei-Angestellten aufgrund des großen wirtschaftlichen Erfolges ihres Unternehmens, ebenfalls davon gut profitiert. Wie sein Arbeitskollege Heymann ließ sich auch Sachs auf dem hinteren Gartengrundstück seines Anwesens im Jahre 1908 eine dreistöckige Villa errichten. Diese Villa mit Eckturm ist auf unserem Foto auf der rechten Seite des Bildes gut zu erkennen. Sie trug einst die Adresse Hutstraße Nr. 3 und wurde fortan von der Familie Sachs bewohnt. Als Andreas Sachs während des Ersten Weltkrieges verstarb, verkaufte dessen Witwe das Gasthaus an den Wirt Wilhelm Müller. Die Familie Sachs indes ist noch bis 1955 als Eigentümer der Villa Hutstraße Nr. 3 nachweisbar. Beide Häuser der Familie teilten schließlich noch ein gemeinsames Schicksal – sie wurden nach 1989 im Zuge des Baus der Frankenbrücke abgebrochen. Wie auf dem aktuellen Foto zu sehen ist, thront heute nur noch die Heymann´sche Villa über der Einmündung der Hutstraße in den Marschberg. Sie war bis Mitte der 1950er Jahre im Besitz der Familie Heymann. Die Gaststätte „Zum Lindenthal“ existierte noch weit nach 1945. Anfang der 1950er Jahre verkaufte die Gastwirtswitwe Alma Müller Haus und Lokal an die Coburger Hofbräu AG. Es folgte schließlich die Verpachtung der Gaststätte, u.a. an den Gastronomen August Hose und an eine Familie Kunze. Anfang der 1980er Jahre wurde das Wirtshaus in „Hofbräustuben“ umgenannt und genoss keinen sonderlich guten Ruf mehr. Zuletzt versuchte hier ein Italiener mit einer Pizzeria sein Glück. Der letzte Hauseigentümer, die Paulaner AG München als Nachfolger der Coburger Hofbräu AG, verkaufte schließlich das Haus an die Bundesrepublik Deutschland. Das Haus Hutstraße Nr. 3 gehörte nach der Ära Sachs einer Familie Kühn. Im Erdgeschoss befand sich seinerzeit ein Friseursalon. Aber auch das ist inzwischen Geschichte. Die abgerissenen Häuser lassen heute einen Blick zum Anwesen Hutstraße Nr. 5 zu. Es bildet den Auftakt zu einer Reihe von einfachen Wohnhäusern, die der Baumeister Bernhard Felber 1873 auf eigene Rechnung errichten ließ. Hier lebten vor allem kleine Handwerker, wie die Adressbücher Coburgs berichten. Das hier zu sehende Gebäude erwarb 1876 der Malermeister Carl Held. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte das Anwesen den Familien Döll und Kühner. Die Frankenbrücke wurde 1994 durch den Coburger Oberbürgermeister Norbert Kastner eingeweiht. Sie hat das verkehrstechnische Nadelör am Schlachthof entfernt. Doch bis heute bleibt die Frankenbrücke ein umstrittenes Objekt, auch weil ihr über 20 Wohnhäuser zum Opfer fallen mussten.
Bildquellen:
Bild 1: Die Situation um 1970 (Fotosammlung: Christian Boseckert)
Bild 2: Die heutige Situation 2010 (Foto: Christian Boseckert)