Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#1 von Rolf Metzner , 01.04.2011 10:31

Hallo in die Forumsrunde:

Wer kennt ihn noch, den Löser's Karl, aus dem Stadtbild und vor allem aus der Kneipenszene der 1960er-Jahre?

Markenzeichen des Löser's Karl, einem damals ca. 70jährigen stattlichen Mann, waren seine trachtenähnliche Kleidung (ich erinnere mich noch an die bis zum Knie reichende abgewetzte Lederhose), der dauernde Gebrauch von Schnupftabak (hierzu großes, kariertes, immer schutziges Taschentuch), seine derbe Ausdrucksweise ("Arschloch") und seine vielen Sprüche (z.B. "Leute zieht euch warrrm an, denn die Kälte greift den Darrrm an").

Der Löser's Karl ist jeden Abend/jede Nacht auf Kneipentour gegangen, meist bis in den frühen Morgen.

Oft hat er in der Seidmannsdorferstr. angefangen: Gasthaus "Niller" (Seidmannsdorferstr. 121, jetzt reines Wohnhaus); "Schöne Aussicht" (Seidmannsdorferstr. 64, gibt's noch) und dann zum "Witter" (Seidmannsdorferstr. 49, jetzt reines Wohngebäude).
Kennen gelernt habe ich den Löser's Karl im Gasthaus "Witter", wo wir häufiger als Schüler verkehrten. Diese Kneipe wurde damals von drei alten Schwestern bewirtschaftet und im wohnzimmerähnlichen Gastraum gab es ein kleines Billiardspiel. Die halbe Bier (ich glaube STURM's) kostete 67 Pfennig und es gab eine "Schülerpackung" Zigaretten mit 4 Stück zu 30 Pfennig ("CHESTER").
Wer in die Pinkelrinne der Toilette gekotzt hatte, bekam von einer der alten Schwestern einen Schrubber und musste selber saubermachen.

Weitere Stationen waren dann häufig der "Halbe Mond", das "Deutsche Eck" und auch das "Rohmann".

Danach ist der Löser's Karl meistens in Kneipen des Steinwegs aufgetaucht ("Meschenbacher" und "Weinstube Pieper" - das waren damals auch häufige Aufenthaltsorte von mir - und "Cafe Renner").
Seinen Kneipenzug hat er häufig in der von ihm so genannten "Säukneipe" in der Judengasse 37 beendet.

Er muss irgendwo im Bereich Festungsberg/Gustav-Freitag-Weg gewohnt haben.

Der Löser's Karl hatte einen engen Bezug zur Coburger Fliegerei; es gab, ich glaube sogar vom ihm selbst, die Story, das er im ersten Weltkrieg in einem zweisitzigen Jagdflugzeug abgeschossen wurde (er habe auf dem hinteren Sitz im Jagdflugzeug als Beobachter gesessen).


Jetzt meine Frage in's Forum: Hat jemand eine genauere Biografie über den Löser's Karl, kann eigene Erinnerungen zu dessen Person beitragen oder hat gar noch ein Foto von ihm.

Viele Grüße, Rolf


 
Rolf Metzner
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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#2 von gerd , 01.04.2011 13:56

Hallo Rolf,
und ob der Löser,s Karl bekannt ist(war)!!!!Genauso wie du ihn hier beschreibst ist der in Erinnerung geblieben...und in welcher Kneipe ist der damals zu vorgerückter Stunde nicht aufgetaucht?
Ich erinnere mich,wenn der am Abend ins Rohmann und an den Stammtisch kam,grüßte der stets mit "Gut,n Abend ihr Ar....er"...und wenn dann darauf die Antwort kam "guten Abend du Ar..." war das ganz normal und er war auch nicht etwa böse!Kam er in den "Halben Mond",legte er sich sofort mit dem Wirt Denner an...."Na Denner,du alte S..."..."deine Jacke hat auch mal neben einer weißen ,sauberen gelegen?"(Der Wirt hatte oft eine weiße,aber vorne total blutverschmierte Metzgerjacke an...)"Gummistiefelbar"in der Judengasse,kannte Löser auch als Gast!!Im "Mönchshof"in der Bahnhofstraße,hatten wir kurze Zeit einen Stammtisch-Motorradfahrer.Wenn wir da reinkamen und der Karl saß schon drinnen meinte er nur:"Ahhh die Rennsäue kommen wieder"...aber man kannte ihn ja...und da war immer ein recht betagter Dackel zu finden.Scheinbar konnte der nicht mehr richtig beißen...er fand aber ein in Bier eingeweichtes altes Brötchen recht schmackhaft,denn das bekam der immer vom Löser serviert...und danach lag der Dackel dann unterm Tisch und hat geratzt!...
Ich denke das er mit Schwestern(?) in der Bullton(Builon) Halle im Probstgrund/Weinstraße wohnte.(sorry-Christian weiß es besser..)Und mit der Fliegerei war auch was...
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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#3 von Christian , 01.04.2011 14:05

Ein kurzer Blick ins Adressbuch (Ausgaben 1934, 1955, 1967 und 1977):

Karl Löser, Kaufmann, wohnhaft im Gustav-Freytag-Weg 23. Das ist die Böhme-Villa.


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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#4 von Rolf Metzner , 02.04.2011 11:39

Hallo,

herzlichen Dank für die Adressenrecherche.

Ich bin gerade mal zu diesem Haus hingefahren (ein wirkliches Kleinod !) und konnte im Beisein von 3 großen schwarzen Hunden mit der jetzigen Besitzerin sprechen, die dieses Haus anfang der 1980er-Jahre gekauft und renoviert hat.
Damals habe der Löser's Karl noch drinnen gewohnt, sei aber sehr verschlampt, skurril und quasi schon ein Pflegefall gewesen (häufig habe er nach seinen Kneipentouren im Vorgarten das Nachbarn geschlafen). Den damaligen Baulärm im Haus habe er positiv erlebt; so sei es im Krieg auch gewesen. Er sei dann noch (gegen seinen Willen) in ein Pflegeheim verbracht worden (vermutlich in die Kückenthalstr.) und kurz darauf gestorben.

Zu seiner Biogafie konnte ich noch erfahren, dass Karl Löser im ersten Weltkrieg einer der jüngsten deutschen Jagdflieger war und bei einem Abschuss eine schwere Armverletzung davon getragen hatte (ich habe mich dann auch wieder an seine Lähmung das rechten Armes erinnert).
Er sei danach nie einer geregelten Arbeit nachgegangen, sondern habe sich als Invalide und "Lebenskünstler" ganz gut durch's Leben geschlagen.

Er sei mit einer der drei Töchter des Coburger Stadtbaumeisters Böhme verheiratet gewesen und habe deshalb auch in diesem Haus gewohnt.
Kinder aus dieser Ehe gab es nicht.

Es habe auf dem Dachboden der Böhme-Villa noch Ski und Schlittschuhe von ihm sowie seine Lederhose gegeben, die von alleine gestanden habe. Diese persönlichen Gegenstände seien aber nicht mehr vorhanden und ich konnte aus dieser Quelle auch kein Foto vom Löser's Karl bekommen.

Wünsche ein schönes Wochenende, Rolf


 
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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#5 von Christian , 02.04.2011 13:27

https://files.homepagemodules.de/b215451/...6p7251162n2.jpg
Wohnhaus Gustav-Freytag-Weg 23, erbaut durch Stadtbaumeister Max Böhme für sich selbst.

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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#6 von gerd , 22.04.2011 17:41

In einem Heft mit dem Titel:"Zwischen Himmel und Erde",herausgegeben vom Coburger Tageblatt im Jahre 1959 und mir dankend vom Norbert überlassen,lese ich auf Seite 35 folgendes:..
Flugzeugführer und Offiziersanwärter Carl Löser,Coburg,Träger des EK 1 und 2 sowie des Goldenen Verwundetenabzeichens,1.W.K.

In diesem interessanten Heft ist die Geschichte der Fliegerei und des Luftverkehrs im Coburger Land beschrieben.
Viele bekannte Namen von Fliegern tauchen hier auf.Sie waren alle einmal aus verschiedenen Anlässen hier in Coburg und somit auf der Brandensteinsebene.
So ließt man z.B.. Hans Harry Leh,Georg Kröhl,die Ozeanflieger Major Fitzmaurice,von Hünefeld, Hermann Kröhl.
Auch der Name Carl Eduard taucht immer wieder auf.Elly Beinhorn-Rosemeyer,die mit dem bekannten Rennfahrer Bernd Rosemeyer verheiratet war.
Aus unserer Ecke stammten zwei hochdekorierte Piloten,Dr.Ernst Kupfer,Coburg und Fritz Geisthardt,Sonnefeld.Beide waren Träger des Ritterkreuzes mit Eichenlaub.
Beim Deutschlandflug 1957 begrüsste Oberbürgermeister Dr. Walter Langer den General a.D.und früheren Jagdflieger Adolf Galland.
Unvergessen ist der damalige Vorsitzende des Coburger Aeroclub Georg Brütting.Er und der Kollege Edgar Dittmar,gewannen 1958 beim Deutschlandflug eine Piper.Den Älteren unter uns wird diese Maschine sicher noch in Erinnerung sein,trug sie an den Seiten die Aufschrift "BURDA"
Mit der Segelfliegerei eng verbunden,der unermüdliche Werkstattleiter Ernst Fischer-Glaserei Fischer Webergasse.
Wer sich auskennt,den dürfte der Name Harald Quandt bekannt sein!? Er war der Präsident des Deutschen Aeroclub nach dem 2.W.K. und entstammte ...?,das ist ja bekannt!

Hochinteressant sind auch die Aufnahmen welche über die Jahre auf der Brandensteinsebene gemacht wurden!
Weniger bekannt dürfte sein,das einmal die Itzwiesen bei der "Geizenmühle" ,gegenüber von Niederfüllbach,Segelflugplatz Gelände waren.

Bekannter war allerdings ein Coburger Luftfahrtunternehmen,welches den Namen "Then-Air" trug.Der Unternehmer Then,aus Gemünda betrieb hier etliche Jahre einen Zubringerdienst zum Flughafen Nürnberg! .Er betreibt Zweigniederlassungen in Nürnberg und Stuttgart und fliegt mit seinen beiden Maschinen eine Cessna,später Bonanza und einer Piper-Super-Cruiser Europaweit!(es ging also damals auch-ohne Flugplatz Neubau!!)

Das die Modellflieger dabei waren ist nichts ungewöhliches.Hier gab es ebenfalls zur damaligen Zeit bekannte Namen: "Triebfeder"des ganzen war Walter Rückert,seines Zeichens "Der" Modellflieger/Modelleisenbahn Händler im unteren Bürglass.(Später dann,als der Kaufhof gebaut war,fungierte er dort als "Mister Mind")
Ein Name soll nicht unerwähnt bleiben,der immer mit der Fliegerei in Coburg verbunden war: Rüdiger Feiler,Schneidermeister/Berufschullehrer und begeisterter Kunstflieger.Das wurde ihm allerdings zum Verhängnis!Er stürzte mit dem Segelflieger über dem Bausenberg oberhalb der Waldrich Siedlung ab und kam dabei ums Leben.


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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#7 von gerd , 22.04.2011 18:57

In besagtem Heft erscheint auch ein Artikel,der die Überschrift trägt:
"Coburger Verbände ehem. Luftwaffen-Angehöriger"
So fanden sich ,wenige Jahre nach dem 2.W.K. auch in Coburg ehemalige Angehörige der Luftwaffe zusammen.Bereits 1950 bildete sich eine Kameradschaft Coburg im Bund deutscher Fallschirmjäger.Sie trifft sich allmonatlich im Hotel "Deutsches Haus".Der Coburger Vorsitzende ist Stadt-Insp.Fritz Fugmann.
Auf Initiative von Major a.D. Kurt Baumann in Coburg gründete sich am 11.Januar 1955 im Gasthof "zum Bären"ein Ortsverband Coburg im "Luftwaffenring-Verband deutscher Luftwaffenangehöriger".
....man war halt immer noch mit dem Vergangenen behaftet und zum damaligen Zeitpunkt näher dran als heuzutage!Sogar dem damaligen OB Langer,wurde die silberne Ehrennadel des Luftwaffenringes bei einem "Grenzlandtreffen" überreicht!
Gottesdienste,Platzkonzerte , Kranzniederlegungen am Ehrenmal in den Arkaden und eine Festveranstaltung im Hofbräusaal,kommen so gut an,das man beschließt,diese Grenzlandtreffen jedes Jahr in Coburg abzuhalten!....

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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#8 von rüger , 10.01.2012 13:29

Zitat von gerd
In besagtem Heft erscheint auch ein Artikel,der die Überschrift trägt:
"Coburger Verbände ehem. Luftwaffen-Angehöriger"
So fanden sich ,wenige Jahre nach dem 2.W.K. auch in Coburg ehemalige Angehörige der Luftwaffe zusammen.Bereits 1950 bildete sich eine Kameradschaft Coburg im Bund deutscher Fallschirmjäger.Sie trifft sich allmonatlich im Hotel "Deutsches Haus".Der Coburger Vorsitzende ist Stadt-Insp.Fritz Fugmann.
Auf Initiative von Major a.D. Kurt Baumann in Coburg gründete sich am 11.Januar 1955 im Gasthof "zum Bären"ein Ortsverband Coburg im "Luftwaffenring-Verband deutscher Luftwaffenangehöriger".
....man war halt immer noch mit dem Vergangenen behaftet ...



Da war sicher auch der Erwin Zahn mit von der Partie.
Erwin, der ältere Bruder vom Georg (Mundart-Schorsch) Zahn, war im 'Zweiten' ebenfalls Jagdflieger auf ME109 gewesen.
Nach dem Krieg betrieb er mit dem Bruder die Getränke-Abfüllfirma 'Zahn und Bühling' in der Viktoriastrasse.
Später stiegen sie am gleichen Ort auf Kunststoffspritzgiesserei um, die hauptsächlich Teile für Brose herstellte.
Erwin war Mitglied des Coburger Aero-Clubs und hatte, zusammen mit Georg, eine rot-weisse Cessna, in der wir (sein Sohn und ich) öfters mal mitfliegen durften.


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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#9 von Böhme-Ancestry , 09.11.2018 16:48


Das ist er in jungen Jahren. Ich bin seine Urgroßnichte und habe das Forum im Zuge der Ahnenforschung für mich entdeckt. Da ergänzen sich jetzt die Geschichten über den Mann zu einem schlüssigen Bild. Ich erinnere mich nur noch, dass ihm immer das Bier vor die Zimmertür gestellt wurde und ich Angst vor ihm hatte. Womöglich zu Recht, meine Mutter hat auch nichts positives über ihn zu berichten. Offenbar hat seine Frau aber nichts auf ihn kommen lassen.

Falls das jemand liest: Ich bin am Austausch interessiert, habe viel Material über Stadtbaurat Böhme und suche nach einer guten Möglichkeit, diese Dinge fachgerecht zu archivieren. Zahlreiche Pläne, private Fotoalben etc.

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RE: Der Löser's Karl, ein Coburger Original?

#10 von Rolf Metzner , 09.11.2018 17:19

Hallo Frau Bauer,

bei meinen Recherchen zu Karl Löser in der "Böhme-Villa" (Gustav-Freytag-Weg 23) im Jahre 2011 bin ich mit den jetzigen Besitzern dieser Villa in Kontakt gekommen, die diese Villa ja gekauft hatten, als Karl Löser noch drinnen wohnte.
Wir sind mittler Weile mit der Familie Steiger befreundet und sind auch nächstes Wochenende wieder in die "Böhme-Villa" eingeladen.
Bei Interesse könnte ich gerne einen Kontakt zu Frau und Herrn Steiger herstellen!

In diesem Forum gibt es in den Themen "Gustav-Freytag-Weg" und "Jugendstilhäuser in Coburg" auch einige Informationen zur "Böhme-Villa" (Gustav-Freytag-Weg 23):

Gustav-Freytag-Weg (3)
Jugendstilhäuser in Coburg (11)
Jugendstilhäuser in Coburg (13)


 
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