RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#21 von Christian , 29.04.2015 20:18

Es wurde bedauerlicherweise noch nicht begriffen, dass Ehrung nicht gleich Erinnerung ist.

Man will Max Brose ehren. Dafür nimmt man die von-Schultes-Straße her. Dort erinnern die Firmengebäude an sein wirtschaftliches Handeln. An dem Straßenverlauf grenzt aber mit der St. Nikolauskapelle auch die ehemalige Synagoge an. Und urplötzlich erinnert die an Broses Beteiligung im Rahmen des Arisierungsverfahrens. Ganz symbolisch wird es, wenn man von der Stadt gen Süden geht. Was steht da als erstes? Natürlich die Kapelle. Erst danach folgt das Firmengelände Brose. Symbolischer kann man das Leben eines Mannes, der stellvertretend fü die Janusköpfigkeit einer ganzen Generation steht, nicht darstellen.


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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#22 von Stammbus , 30.04.2015 18:41

Aber es gab ja noch andere.

Mir fällt ja unter Bezug auf Deine Auflistung im ersten Beitrag ein, dass Du offenbar über Adressbücher zumindest aus 1955, vielleicht auch aus den späten 30er bis 40er Jahren verfügst.

Allein darüber müsste man doch mal ermitteln können, wer dann die Grundstückseigentümer nach den Juden waren.

Sicherlich war nicht jeder Grunderwerb aus jüdischer Hand in der Nazizeit verwerflich. Interessant wäre es trotzdem.

Mal abgesehen von der damit verbundenen Arbeit kann man in Grundbücher meines Wissens nur Einblick nehmen, wenn man ein "berechtigtes Interesse" nachweist.


 
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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#23 von Christian , 30.04.2015 22:08

Ich gebe dir recht Erhard, mir ist zumindest auch ein Fall bekannt, wo eben ein rechtsgültiger Verkauf eines Hauses mit einem adäquaten Preis vonstatten gehen sollte, aber durch Intervention des damaligen Bürgermeisters Rehlein auf ein Bruchteil der Summe reduziert wurde. Unter diesen Umständen kam es dann 1955 zur Rückführung des Grundstücks. Verlierer waren in dem Fall beide Parteien.

Adressbücher gibt es 1931, 1934, 1937 und erst wieder 1949. Prinzipiell wäre es möglich, die Adressbücher miteinander zu vergleichen. Aber gerade bei dem Zeitraum zwischen 1937 und 1949 ist die Einsicht ins Grundbuch von Nöten, da auch noch in den 1940er Jahren "Arisierungen" stattgefunden haben und Entschädigungen bereits 1948 liefen.

Das Thema ist hochinteressant müsste dringend aufgearbeitet werden.

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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#24 von Stammbus , 01.05.2015 09:22

Danke für die Info, Christian.

Wenn jemand zur neueren Coburger Geschichte promovieren will: Spannende Themen gäbe es genug

 
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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#25 von Christian , 01.05.2015 11:05

Also was man zum Hause Ketschendorfer Straße 2 sagen kann, ist das weder Max Brose noch Ernst Jühling das Gebäude bewohnt haben. Im Adressbuch von 1937 findet sich dort als Mieter der damalige Landgerichtspräsident Friedrich Winkler.

Was jetzt halt neu ist, sind die neu aufgefundenen Akten des Prozesses von Abraham Friedmann gegen die Dresdner Bank bezüglich der Zwangsversteigerung, welcher u.a. vor dem Landgericht Coburg und dem Oberlandesgericht Bamberg geführt wurde.

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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#26 von Christian , 04.05.2015 16:12

Nun sind auch weitere wichtige Akten zu dem Thema im Staatsarchiv Nürnberg gefunden worden.

Die Töchter Abraham Friedmanns haben nach dem Krieg ein Wiedergutmachungsverfahren angestrengt, welches bei der Wiedergutmachungsbehörde für Ober- und Mittelfranken in Fürth anhängig war. Diese Akten müssen nun auch ausgewertet werden.

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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#27 von Stammbus , 05.05.2015 08:54

Wen es interessiert: Am kommenden Donnerstag (7.5.) um 21.45 Uhr berichtet die ARD-Sendung "Kontraste" zum Streit um Max Brose.

Schon gestern hat der Bayerische Rundfunk wieder berichtet: http://www.br.de/nachrichten/oberfranken...umdung-100.html

Nach meiner Einschätzung wird die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, weil es für eine Beleidigung juristisch nicht reichen dürfte. Aber wenn man nicht arm ist, kann man trotzdem armselig sein (was auch wunderbar die Bedeutung dieses Wortes erklärt).


 
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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#28 von Stammbus , 07.05.2015 22:17

Interessante (für mich) neue Erkenntnisse von dem "Ehrenmann"

Wie war das? "Humanität (gegenüber den Zwangsarbeitern) ist absolut unangebracht", oder so.

Und "unmittelbar um Coburg herum kein KZ"? Was war in Neustadt und Sonneberg? Flossenbürg war auch nicht so weit weg, jedenfalls nicht für einen Wehrwirtschaftsführer.

Peinlich, Herr Stoschek!


 
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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#29 von Christian , 07.05.2015 22:38

Hier ein zitierfähiger Beitrag aus dem Internet vom Historischen Lexikon Bayern über die Entnazifizierung

http://www.historisches-lexikon-bayerns....rtikel_46003#56

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RE: Arisierung jüdischen Eigentums in Coburg

#30 von Rolf Metzner , 08.05.2015 07:02

Wer die die gestrige Kontraste-Sendung verpasst hat oder nochmal analysieren möchte:

http://mediathek.daserste.de/Kontraste/C...&bcastId=431796


So sah der laut seinem Enkel Michael Stoschek vorbildliche und fürsorgliche Umgang seines Großvaters Max Brose mit den bei ihm beschäftigten und in einem Lager gehaltenen sowjetischen Kriegsgefangenen aus:

Anordung von Max Brose zum Umgang mit bei ihm beschäftigten Kriegsgefangenen (ARD-Kontraste v. 07.05 (2).png - Bild entfernt (keine Rechte)

Firmeninterne - von Max Brose unterschriebene - Anordnung vom 2. März 1944 zum Umgang mit den im Betrieb beschäftigten sowjetischen Kriegsgefangenen (dieses Dokument aus dem Staatsarchiv Coburg wurde in der "Kontraste"-Sendung der ARD vom 07.05.2015 publiziert).

In den Entnazifizierungsakten zu Max Brose befinden sich auch eine ganze Reihe belastender Zeugenaussagen, was die bei der Fa. Brose beschäftigten Kriegsgefangenen betrifft, z.B.:

Coburg und die Zwangsarbeiter, NP vom 06.05.2015, S (1).jpg - Bild entfernt (keine Rechte)

Aus einem Artikel in der NP vom 06.05.2015 mit der Überschrift "Coburg und die Zwangsarbeiter".


 
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