Der charaktervolle Hans Hartmann von Erffa war 1660 gestorben. Die oberste Festungswacht übernahm der altenburgische Oberstleutnant Veit Dietrich Wagner, der auch der Veste Maßfeld vorgesetzt wurde und wie Erffa Landeshauptmann und Obersteuereinnehmer war. Dieser etwas weitschweifige aber ehrenhafte Mann verdient Anerkennung wegen seiner ersten Sorge um die Instandsetzung der Veste. Wagner der schon 1668 starb fertigte 1663 einen großen Bericht über die Arbeiten am Fürwitz und am äußeren Wall der Veste. Den Fürwitz hätte man gerne beseitigt, aber das Abtragen war zu kostspielig ,das Sprengen unmöglich, weil der ganze Berg aus Letten, Kies, Ton und weichen roten Sandsteinen bestand. So steht er heute noch. Wagner setzte sich für Verstärkungen an den Aussenwerken ein: Blockhäuser auf den Bastionen längs des äusseren Wall, Erdwerke zur Befestigung der Nordseite und eine "Fausse-Braie (Vorwall oder Niederwall) um einen halben Mond" vor der großen Ausfallpforte im Graben zwischen den beiden Rundtürmen (!) an der Südwest Seite. Die Landstände bewilligten dazu 600 Gulden und die Fronleistungen, der Herzog schoß 2323 Gulden bar und Bauholz aus seiner Rentei zu. Was immer von diesen Bauten vollendet wurde ist verfallen. Dagegen hatten die von Herzog Friedrich Wilhelm II. von Altenburg 1669 begonnenen Bauten längeren Bestand. Sie wirken in gewisser Weise als Krönung der Veste, da nun die- den jeweils vorgeschobenen Mauern folgende-Toranlage mit dem inneren gotischen Tor einen fast unmilitärisch hübschen Abschluß erhielt. Es entstand bis 1670 das Renaissance-Tor in der Ringmauer, die den mittleren Verteidigungsgang vom unteren trennt und das daranstossende Gewölbe des Torweges, nebst Wurfloch für Granaten und Steine, wie es sich dem Besucher heute darstellt. Von diesem Torweg in der mittleren Ringmauer aus, wurde nach links ein langer gewölbter Gang zum mittleren Verteidigungsgang hinaufgeführt, in einer Breite, die mit Kanonen befahrbar ist. Der Gang ist bis jetzt wohlerhalten geblieben, er führt bis hinauf in die gedeckte Batterie.(Stand W. Föhl-50er Jahre!)F.f.
1671 wurde das äußere barocke Schmuckportal errichtet, daß der Veste einen würdigen Eingang gab. Der Architekt und Erbauer des Portals war C.W.Gundermann aus Altenburg. Er hatte einen Kostenanschlag von 494 Gulden vorgelegt, wovon er 102 Gulden erhielt. Aber es war damals wie heute: die wirklichen Kosten betrugen über 900 Gulden. Dazu geriet der Baumeister noch in eine Auseinandersetzung mit dem Kommandanten über die Anlage der Zugbrücke. Oberst von Stange setzte durch, daß die Zugvorrichtung unter der Erde angebracht wurde, während Gundermann sie mit Steingewichten, Rollen und Wellen hinter dem Portal aufstellen wollte. Gleich beim Bau des Barock-Tores wurde die große Inschrift Tafel über dem Bogen angebracht, die bis heute den geneigten Wanderer um Fürbitte für die "heldenmütigen" Vormünder und den fürstlichen Jüngling ersucht, unter denen das hohe Portal erbaut wurde, dessen plastischen Schmuck der Bildhauer Meister Langenhan ausführte. Einer der hervorragendsten und am meißten be und umgebauten Teile der Veste, die Hohe Bastei, erhielt in diesen Jahren ebenfalls die bis heute bewahrte Form.-Mit dem Abbruch der westlichen Torbrücke hatte nun die Festung eine abgeschlossene,150 Jahre fast unverändert bleibende Gestalt erhalten, die bis in die Gegenwart noch überall durchdringt. Dreißig Jahre nach Abschluß dieser Arbeiten verfaßte der biedere Chronist G.P.Hönn in seiner Sachsen-Coburgischen Historia eine Beschreibung der gesamten Veste, die eine gute Bestandsaufnahme um 1700 darstellt und in ihrer nüchtern-ernsten Art auf die Gebäude der Festung und ihren oft erprobten Verwendungszweck in Kriegs und Friedenszeiten Bezug nimmt. F. f.
" Herzog Friedrich Wilhelm zu Altenburg hat endlich diese Veste zu ihrer Perfektion gebracht und obwohl die Höhe und "Stickeln" des Berges worauf sie gelegen, ihr eine natürliche Festigkeit gemacht, so ist sie doch außer der starken Mauer und tiefen Gräben mit drei Ravelinen wohl umschlossen, deren eines die Neue und das andere die Bären Bastei, wegen der allzeit darinnen gehaltenen Bären, das dritte aber die Hohe Bastei genannt wird und kann man von diesen beiden ersten die Stadt zugleich wohl defentieren und überschießen. Die Hohe Bastei ist gegen den Berg, von welchem die Festung allein beschossen werden kann (der Bausenberg), gerichtet und von überaus starkem Mauerwerk ausgeführt . Weil aber ein ziemlicher Hügel, der Fürwitz genannt, dieser allzu nah gelegen, daß zu besorgen es möchte sich dessen ein Feind dieser Bastei zu Schaden bedienen so wurde solcher mit nicht geringen Kosten abgetragen! Das Inwendige von der Festung besteht in zwei großen Plätzen um welche verschiedene Gebäude gesetzt, als I. die Fürstliche Residenz, in welcher sich in dem vorigen Seculo Churfürst Friedrich Johannes und Johann Friedrich zum Öfteren geraume Zeit aufgehalten. Die darein gebauten Gemächer an Stuben, Kammern und Sälen stehen außer denen, welche von dem Commandanten bewohnt werden, der Zeit ganz ledig. Untersolchen wird die Stube gezeigt, worinnen sich Luther bei einem halben Jahr verborgen aufgehalten. In den oberen Stockwerk sind etliche Zimmer, darin Frau Anna, Herzog Johann Casimirs verstoßene Gemahlin gefänglich erhalten worden. Zuoberst sind in einigen Kammern eine große Menge alter, unbrauchbarer Pferde und Manns-Harnische. In dem untersten Theil sind viele gute Gewölbe gebaut, in deren einem das alte Archiv aufgehoben." F. f.
Gegenüber ist die Salpeter-Siederei, das Brauhaus und die Darre,-an die Gebäude stößt die Kirche, deren äußerliche Form ihr hohes Alter anzeigt. Ob aber diese die St.Peters Kirche, welche 1268 Graf Conrad von Wildberg einen Zehnt zugeeignet, oder die Petri und Paul Kapelle gewesen sei, lasse dahingestellt sein. Der Zeughäuser allhier sind zwei, welche alle mit vielen, zu beschreiben unnötigen Stücken, Gewehren und Munition angefüllt. Für Offiziere und Soldaten gibt es hier so viel Quartier und Wohnungen, daß sich gar wohl bei Kriegszeiten ein Regiment darin einquartieren kann. So haben wohl auch ehebevor darin ein paar Compagnien zu Pferd genugsame Stallung für ihre Pferde gehabt. Was man für einen Vorrath an Getränk in den Kellern aufbewahren kann, ist unter anderem daraus abzunehmen, weil deren theils doppelt über einander gesetzt und von so einem geräumlichen Eingang, daß man an einem Ort mit Wagen und Pferden hinunter fahren kann. Nicht minder hat man auf vielen Böden zur Aufschüttung der Frucht genungsame Gelegenheit. Obwohl auch eine feste Zisterne, darin das Wasser von den Dächern geleitet wird, stets voll Wassers, außerdem auch noch innerhalb des äußeren Thores vor zwei Jahren (also 1698) ein Springbrunnen gesetzt worden, so steht doch der vornehmste Brunnen in der Mitte des Platzes unter einem Haus bedeckt, aus dem man vermittels eines großen Rades, welches der hierzu bestellte Brunnentreter zu treten pflegt, die genügsame Nothdurft an Wasser heraufziehen kann. Den allhier wohnhaften Pfarrer,Schulmeister,Offizieren,Konstablern,Zeugmeister,Musterschreiber,Schmied und dergleichen ist jedem seine Wohnung eingethan. Sonsten finden sich hierinnen verschiedene Pulverthürme, Wind-Roß -Tret und Handmühlen ein Laboratorium, ein Brau, Vorrats, Schaf und Backhaus. Diese Festung hat nur einen Eingang auf einem schmalen Weg, welcher außer der Mauer, Pallisaden und Schlagbäumen, mit vier Thoren und einer Zugbrücke wohlverwahret ist. Ohne herrschaftlichen Specialbefehl wird niemand hinaufgelassen, die Festung daher auch stets verschlossen gehalten."F. f.
Zu den Bildern von links nach rechts: I.) Das Barockportal ist uns heutigen Besuchern der Veste geläufig. Aber wohl nicht mehr der kleine Turm darüber, an dessen Stelle sich heute der Bulgarenturm befindet. Auf den Basteien standen kleine Fachwerkbauten. B.Ebhardt soll beim Neubau der Burgschänke(Fachwerkbau) auf deren Ansicht zurück gegriffen haben... II.) Ebenfalls über dem "Eingang zum Tunnel", im Westhof stand ein Fachwerkhaus. Auf dem Plan von 1625 als "...Mühle" bezeichnet. Im Hintergrund sieht man das alte Schafhaus, heute der Herzoginbau. Gerade noch zu sehen die "Zwiebel" vom Blauen Turm. Rechts ist die "Rote Kemenate" oder "das Vogelhaus" oder "der Kongressbau" oder "der Carl Eduard Bau"-(so oft wechselte das Haus seinen Namen!)zu erkennen. III.)Das heutige Barockportal-jeden Besucher bekannt. IV.) Die Schnittzeichnung der "Roten Kemenate" (unter dem heutigen C.E.Bau)zeigt die beiden übereinander stehenden Keller mit dem Zugang vom Westtunnel aus V.) Die Mechanik der Zugbrücke am Barockportal. Interessant, das auch für Personen eine Zugbrücke vorhanden war (??) VI.)Dieser Grundriss aus dem Jahr 1625 zeigt die Situation im Westlichen Teil der Veste. Beim genauen bedrachten kann man das VORTOR vom West Tor unter dem damaligen (kleinen) Roten Turm erkennen.(Vergleiche hier mit den Bildern von Rolf in der Bildergalerie Modell der Veste. Es ist das Vortor schön zu sehen, wie es R.Artmann im Modell gebaut hat!).Hier eingezeichnet die abgebrochene Rampe, welche die Zufahrt zur Veste aufnahm. Ebenfalls sind die Mauern des Gegenwall zu sehen (am oberen Bildrand und unten links). Wie sich der Fahrweg dort, wo er den Gegenwall durchschneidet früher gestaltete, wäre interessant zu erfahren! Man bedenke die sehr große Steigung von der Fahrstraße hinauf zum Wall (Graben) und dann weiter über die Rampe bis hinauf zum Tunnel Eingang! VII.) Ein Schnitt durch die Kasematten der Bärenbastei.Es wird erzählt das hier der angebliche Gang von der Stadt herauf zur Veste münden sollte. W.Föhl geht in seinen Buch auf diesen Gang ein...mehr dazu.....F.f. Die Federzeichnungen hier fertigte R.Appeltshausser für das Büchlein von W.Föhl an, das zur 900 Jahrfeier 1956 erschienen ist.F.F.
Festungskommandanten Oberst von Stange folgte im Kommando der Veste Oberst A. Muth aus Erfurt(1680 bis1697)den R. von Milkau ablöste. Er hatte die Musterung, Zählung und Besichtigung des Landvolkes vorzunehmen, unter das alle Männer von 20 bis 50 Jahren zählten, auch die Untertanen der Ritterschaft. Bei der Musterung im Lande war mit darauf zu achten, daß an den Grenzen, Flüssen und Engpässen die Dämme, Hohlwege und Furten mit Schlagbäumen, Fallbrücken und Pallisaden wohlversehen blieben. Oberst von Könitz (1710 bis 1719)war ein bequemer und nachsichtiger Befehlshaber, unter dem sich die Disziplin auf der Festung lockerte und immer mehr dem Idyll anglich, das wir bei den strümpfestrickenden, tobackschmauchenden Stadtsoldaten in den Reichsstädten dieses Jahrhunderts kennen. Nach ihm übernahm Oberst von Hanstein das Kommando (1719 bis 1748), ein Soldat der kein Blatt vor den Mund nahm und es den Räten und Federfuchsern drunten in der Kanzlei am Markt ordentlich gab. Er hat sich aufs äußerste bemüht, Mittel für die Instandhaltung der Veste zu erlangen.1727 fiel sang und klanglos ein Stück der Mauer (?) in den Graben; es wurde wieder aufgebaut. Trotz zahlreicher, derber Mahnungen des rührigen Kommandanten erreichte er nur, daß der große Ziehbrunnen gereingt und ein eigener Büchsenmeister für die Wartung der Geschütze angestellt wurde. Im Jahre 1733,als die Flammen des Heidelberger Schlosses und die Ruinen der pfälzischen Festungen und Städte wieder in Erinnerung traten, witterte der Krieger Morgenluft: Da die Herzöge beschlossen hatten, Coburg und Rauenstein als Zufluchtsort für dero höchste Personen vor den im Lande umziehenden Franzosen in Stand zu setzen, glaubte Hanstein, daß nun auch etwas für die Veste getan werde. Es kam zu einer eingehenden Untersuchung, ob wirklich die Veste durch einen unterirdischen Gang mit dem Stadtschloß Ehrenburg verbunden sei. Das Vorhandensein einer solchen bequemen Fluchtmöglichkeit auf die Veste bewegte nicht nur die fürstliche Familie damals ungemein, auch Herzog Ernst I. unternahm 1839 ernste Nachforschungen-wie denn der Glaube an diesen Gang noch heute Einwohner und Besucher in angenehmes Gruseln versetzt. Aber es gibt nur einen Menschen, der ihn je beschrieben hat-und das ist eben Adam von Hanstein auf Einberg gewesen, der dem Regierungsrat J.S.Kopp bei einer Einvernahme zu Protokoll gab: "Daß er als Page bei Anwesendheit des Herzogs Albrecht von Saalfeld mit seinem fürstlichen Herrn, dem er mit der Fackel vorgeleuchtet habe, durch jenen Gang nach der Veste gegangen sei. Der Eingang zu diesem Gang sei in der Schloßkapelle der Ehrenburg gewesen, die vor dem großen Brand des Schlosses 1689 sich in dem nach der Steingasse zu gelegenen Flügel befand.(?) Auf der Bärenbastei seien sie heraus gekommen.Er selbst sei damals noch sehr jung gewesen und habe deshalb nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit den Gang bedrachtet, könne deshalb etwas Näheres darüber nicht angeben." Das ist immerhin das Zeugnis eines redlichen Mannes, daß einzige, das wir besitzen-abgesehen von einen unterirdischen Gang im Norden der Veste.(Hierbei dürfte es sich um den Gang handeln, der vom Fürstenbau aus zum Brunnen an der Nordseite der Veste führt.) Als Hanstein selbst befehlsgemäß die Nachforschungen nach dem Gang aufnahm, verliefen sie genauso ergebnislos wie die von ihm angestrebten Verbesserungen des baulichen Zustandes der Festung....F.f.
Oberst Hanstein hatte unter seinem Kommando eine Garnison von 43 Mann, an Mannschaften 1 Feldwebel,1 Pfeifer,2 Tambours,3 hGefreite und 33 Gemeine. Die Stärke hat öfters geschwankt:1662 waren es 39 Mann, davon 24 vergeiratete mit zusammen 43 Kindern;1680 zählte die Garnison 18 Mann und diese Zahl hatte sich den Räten so fest eingeprägt, daß die Herzöge Christian Ernst und Franz Josias 1738 darauf zurückkamen und die Herabsetzung der Garnisonsstärke auf diesen Idealfuß gegen den Widerstand Hansteins, aber mit besonderen Dank seitens der Ritterschaft und Städte beschlossen. So umfaßte denn die Stärkemeldung am Ende des Jahres nur noch den Kommandanten und Major Muffel, Festungspfarrer Schulmeister,Vorratsverwalter,Zeugwart,Brunnentreter,Feldwebel,2 Korporale,3 Fourierschützen,2 Gefreite,3 Tambours, den Profoß und Stockknecht,16 Gemeine (darunter der Büttner, Schmieds usw.)Wegen der 12 Konstabler sollte weitere Verordnung ergehen. Hahnstein behielt dann 26 Köpfe als endgültigen Bestand. Es war ein bunt zusammengewürfeltes Völckchen , darunter erfahrene Krieger von den Schweden, Sachsen und Maizern. Ihre Herkunftsorte lagen weit auseinander, aus dem Coburger Land stammten die allerwenigsten. Unter den Konstablern waren viele Handwerker. Manche Festungssoldaten blickten auf ein ehrwürdiges Alter zurück. Grauköpfe zwischen 70 und 80 Jahren waren keine Seltenheit. Daneben gab es aber auch Zwanzigjährige . Die Mehrzahl war evangelisch. Eine ihrer größten Kümmernisse waren die mitleiderregenden Monturen, die verschlissen und fadenscheinig manchen fast vom Leibe fielen. Auch die Gewehre waren derart beschaffen, daß-wie der Kommandant von Brandenstein berichtete-kein Mann mit ihnen Schildwache zu stehen imstande war; sie seien veraltet, von ungewöhnlicher Länge, das Lederwerk an Koppeln, Patronentaschen und Riemen völlig zerrissen. Abhilfe kam nicht.1797 wurden die im Zeughaus liegenden Gewehre verkauft. Es blieben nur 582 vorrätig. F. f.