Im Jahr 1846 stirbt Görgel. Sein Nachfolger stellt fest, daß der große Giebel über der Kirche baufällig sei und hält einen vollständigen Abbruch für angebracht. Aus den bisherigen Umbau und Herstellungsarbeiten ergibt sich zweierlei: Mit dem Tode von Herzog Ernst I. fanden die lang überlegten Bauvorhaben ein plötzliches Ende-wir dürfen hinzufügen: wie bei der Kirche so bei allen anderen Plänen-und die vorsichtig restaurierenden Architekten Heideloff und Görgel wurden abgelöst von jüngeren, unerfahrenen Kräften, die gründlich abzubrechen und aufzuräumen gedachten. Der Abriss der Peter und Pauls-Kirche begann 1847.Dem ging die Gefahr der Baufälligkeit voraus. Die Kirche blieb ein Kreuz, mit dem sich niemand recht beladen wollte. Der Baumeister Streib erhielt 1851 den Auftrag, die Kirche im byzantinischen Stile wieder aufzubauen. Da die Gelder knapp waren, scheint der Bauunternehmer an Material gespart zu haben. Streib unterlies es, auf die unsicheren Gerüste zu klettern und die Ausführung zu kontrollieren. So stürzte nach Fertigstellung der Kapelle ein Teil des Giebels mitsamt dem Türmchen ein. Der Herzog machte Streib den Vorwurf mangelhafter Ausführung und pflichtwidriger Geschäftsführung und erlegte ihm Rückerstattung aller durch den Einsturz erwachsener Baukosten auf. Hiergegen brachte Streib zahlreiche Entschuldigungen vor, bekam die Hälfte erlassen und schließlich nach untertänigster Bitte sogar die ganze Summe! Damit konnte sich wohl der später als Lehrer tätige Hofbaumeister Streib, nicht aber der im September 1852 zum Direktor der neuen Baugewerkschule in Coburg ernannte Hofmaler Georg Rothbart (1817-1896) zufrieden geben, der als Maler schon unter Görgel im Fürstenbau gearbeitet hatte. Er war inzwischen zum Bau-Inspekteur aufgerückt und schrieb am 16. Okt. 1852 an das Staatsministerium einen Bericht, wo er auf die Probleme bei den Bauarbeiten mit der Kapelle einging. Herzog Ernst II. hat an der Vollendung dieser "durchaus verunglückten" Wiederherstellung offenbar jegliches Interesse verloren. Die Kirche blieb liegen als hässliche Ruine. Sie bildete bis 1900 den störendsten Fleck in dem Gesamtbild der Veste. Ein halbes Jahrhundert später wurde sie zum Ausgangspunkt des Festungsneubaus unter Herzog Carl Eduard-wobei sie als letzter Bau endlich die heutige Form fand. Seit 1845 zwangen ernste Schhäden an der südlichen Wallmauer zum Einschreiten. Es handelte sich um das baufällige Stück zwischen dem Eingang in den Osthof und den Invaliden Wohnungen mit dem auf der Mauer ruhenden Gebäuden: das Barthsche Weingärtnerhäuschen, die Hauptwache und die Gebäude auf der rechten Seite des Haupttores. Sie wurden zum Abbruch bestimmt, die Wache sollte verlegt , schließlich durch ein neues Gebäude ersetzt werden-:aber das Geld fehlte. Gleichzeitig liefen Reparaturen am Zuchthausgebäude(Hohes Haus).Die Reparatur am Eselsturm unter der Hohen Bastei wurde dringlich. Der unterirdische Gang, der vom östlichen Flügel des Fürstenbaues und über eine Wendeltreppe zu einer Ausfallpforte im Graben und zum dortigen Brunnen führt, von wo die Esel das Wasser heraufgebracht hatten, wurde durch vermauern der Ausfallpforte versperrt. Der Turm selbst wurde durch abtragen bis zur Höhe der Umfassungsmauer und Ausfüllen mit Erde "repariert", wie endlich auch 1848 die Wallmauer erneuert wurde. Abgesehen von jenem im Herzoglichen Bauamt tätigen Architekten Fischer-Birnbaum war mit Rothbart ein neuer Erbe des Heideloffschen Auftrages aufgetreten, der mit seinen Bauten wesentlich mehr zu dem Aussehen der Veste im 19. Jahrhundert beigetragen hat, als bisher angenommen. Ende 1851 war der Blaue Turm so reparaturbedürftig geworden, daß die Gewölbe heraus genommen werden mußten. Man versuchte durch Verschalen der Öffnungen die Reparatur hinauszuschieben, bis sich Herzog Ernst II. persönlich um die Frage kümmerte. F. f.
Er teilte seiner Landesregierung am 6.Juli 1852 mit: "Wir beabsichtigen den über dem Haupteingang auf hiesiger Festung befindlichen Turm nach der beiliegenden Zeichnung des Hofmalers Rothbart in Crenau-Styl herstellen zu lassen und wünschen, daß die Außendekoration des sogenannten Blauen Turmes damit in Einklang gebracht werde..." Mit diesen unmittelbaren Herzoglichen Befehl zu dem Plan Rothbarts müssen aber auch die Worte R. Teufels in Einklang gebracht werden: "Der Architekt Heideloff hat dann eine ,nach seiner Meinung nach gotische Turmspitze mit vier Ecktürmchen aufgesetzt und einen gotischen Spitzbogen dem Mauerwerk als falsches Tor vorgeblendet. Bei der letzten Wiederherstellung der Veste vor dreißig Jahren wurden Turmspitze und Torblende wieder beseitigt und der Turm nach altem Vorbild mit seiner blauen Haube versehen, so daß er jetzt wieder sein altes, wenn schon nachmittelalterliches Gewand hat." Rothbart hat sich an allen wesentlichen Teilen der Veste versucht. Er hat insbesondere mit seinem 1852 begonnenen,1854 beendeten Bau des massiven Wirtshauses auf der südöstlichen Festungsmauer(Vorläufer der heutigen Burgschenke)und der Halbmond-Terasse an der Hohen Bastei der Veste zu jenem Aussehen verholfen, daß die nachfolgenden Generationen mehr oder weniger scharf ablehnten. Er übersandte ferner im Juli 1853 der Regierung: " die Zeichnung und den Kostenanschlag zu dem zu erbauenden Strebepfeiler am Fürstenbau auf der Festung", bei dem allein es nicht blieb. Denn eine Untersuchung im August des gleichen Jahres ergab, das der Dachstuhl des Fürstenbaues "am Eck, welches vom Hause abgetrennt, aus aller Verbindung gekommen ist" und der dadurch auf die Mauer ausgeübte Schub Hauptursache eines entstandenen Risses im Bau geworden war. So restaurierte Rothbart am Äußeren des Fürstenbaues, dessen Längsfronten nur noch geringe Spuren des romanischen Bauwerkes aufweisen, dessen inneres 1860 vollständig umgebaut wurde, nachdem Görgel 1837-1846 damit gerade fertig geworden war. Rothbart errichtete schließlich auch die steinerne Brücke von der Contre-Escarpe zum Haupttor der Veste. Gewiß darf man an die Erneuerungsarbeiten, die Bodo Ebhardt 1900 eine " vom heutigen künstlerischen Standpunkte unglückliche Modernisierung der Baulichkeiten" genannt hat, nur den Maßstab der unvollkommenen Kenntnisse jener Zeit von dem Wesen der mittelalterlichen Baukunst legen. Mit den Abreißen des "Regelwidrigen" hat Heideloff vorsichtig in einigen Gemächern begonnen, seine Epigonen aber haben ihn darin weit übetroffen. Sie tragen die Hauptverantwortung. Es fielen die Schweifkuppeln der Renaissance und des Barock auf den Dacherkern des Hohen Hauses, auf dem Blauen Turm, dem alten niedrigen Turm des südlichen Haupttores, der 1857 nach dem Wegfall der gedeckten Batterie einen neuen arg verzierten hohen Turm bekam. Der alte gedeckte Wehrgang auf der hohen inneren Ringmauer wurde abgebrochen, statt dessen langweilig-regelmäßige Zinnen angelegt. Das Brunnenhaus und die Schmiede im Osthof, in deren Oberstock die Festungsschenke gewesen, beides alt -Hennebergische Fachwerkbauten mit geschnitzten Säulen aus dem 17/18 Jahrhundert, wurden 1847 abgebrochen, die weniger belangvollen Invalidenwohnungen im Osthof folgten 1851,das Pfarrhaus links neben dem Haupteingang an der Ringmauer verschwand 1860,im gleichen Jahre die Fachwerk-Bauten neben dem Hohen Hause. Von den Neubauten Rothbarts ist heute kaum mehr etwas erhalten. Das an den großen Vorbildern mittelalterlichen Burgenbaues geschulte Talent Bodo Ebhardts hat fast alles unseren Blicken gnädig entzogen. F. f.
Mit Carl Eduards Regierungsantritt begann auch für die Veste Coburg ein neuer Lebensabschnitt .Er hatte sie schon im Jahre 1900 kennen gelernt. Kaiser Wilhelm II. war es, der die Bekanntschaft des Herzogs mit dem Architekten Bodo Ebhardt vermittelte, der soeben die Hohkönigsburg wieder hergestellt und sich eingehend mit dem Veste -Bau vertraut gemacht hatte. Gleichgerichtete Interessen Carl Eduards führten nun zu einer engeren Fühlungsnahme und einer langjährigen Zusammenarbeit mit Ebhardt. Tatsächlich gebührt dem Berliner Architekten der Ruhm der Ausführung; die Pläne wurden jedoch ganz wesentlich von Herzog Carl Eduard mitbestimmt. Einer Forschungsarbeit unterzog sich ab 1898 Ebhardt, indem er in jahrelanger Bemühung die noch vorhandenen geschichtlichen Unterlagen zusammen trug, alte Pläne und Abbildungen sammelte, die gewaltige Bauanlage genau vermaß und in Lichtbildern festhielt.Das alles enthüllte Ebhardt 1901 in seinem Sammelwerk "Deutsche Burgen". Diese, für die neuen Planungen wertvollen Vorarbeiten lagen nun bereit,als sich Herzog Carl Eduard mit dem fortschreitenden Verfall der Veste befaßte. Eine Geldsammlung des Coburger Landes, überreichte Bürgermeister Hirschfeld anlässlich der Hochzeit des Herzogs,welche als Grundlage zur Wiederherstellung der bis dahin als Bauruine existierenden Kapelle verwendet werden sollte. Während sich die Pläne und Wiederherstellung der ganzen Burg festigten,begannen die Arbeiten noch im Jahre 1906.Als Baumeister kam nur Bodo Ebhardt in Frage. Die Aufgabe der Geldbeschaffung übernahm ein 1905 gegründeter Festungsbauauschuß, dem der Präsident des Coburger Landtages O.Arnold, von Wangenheim, Exzellenz Schmidt u.a. angehörten. Dieses Komitee konnte neben den Zuschüssen aus der herzoglichen Kasse 2 1/2 Millionen Mark aus einer schon vor 1914 genehmigten preußischen Lotterie entgegen nehmen. Nachdem die (besonders gründlich im Jahre 1909) vorgenommenen Untersuchungen den üblen Zustand mancher Bauwerke der Veste aufgedeckt hatten, galt als erklärtes Ziel die Rettung der Veste vor dem unvermeidlichen Verfall. Die Ausführung der äußerst vielseitigen Arbeiten stellte die Bauleitung vor ungewöhnliche Schwierigkeiten technischer und wirtschaftlicher Art. Da sich der Umfang der Um- und Ausbauten vorher oft nicht übersehen ließ, wurde das übliche Verdingungssystem ausgeschlossen und alle wesentlichen Arbeiten auf der Baustelle selbst ausgeführt. So bildete sich auf der Veste, wie in alten Zeiten eine eigene Bauhütte aus Maurern, Zimmerleuten, Steinmetzen, Schmieden, Kunstschlossern usw. Alle vorwiegend aus dem Coburger Land. F. f.
Diese Schaffensweise steigerte die Freude der Bauhandwerker an ihrer Arbeit. Es entwickelte sich ein förmlicher Wetteifer bei der Überwindung der Schwierigkeiten. Unter den Steinmetzen bei ihren Steinschnitten, Maßwerken, Wappen und Figuren , unter den Zimmerleuten beim Aufstellen der kunstgerechten mächtigen liegenden Dachstühle , beim Einbringen der Täfelungen und Treppen, bei den Handschmiedearbeiten der Schlosser. Die Modelle für alle Bildhauerarbeiten wurden anfangs in der Berliner Werkstatt Ebhardts angefertigt. Später dann von Meister Theiß unter ständiger Aufsicht von Ebhardt auf der Baustelle unmittelbar aus den Steinbossen gehauen. Alle Baustoffe für die Veste wurden nach Möglichkeit grundsätzlich aus der Nachbarschaft geholt: das Eichen- und Kieferholz aus den herzoglichen Waldungen, der graue Sandstein aus den Brüchen unweit von Coburg, der grobkörnige, vom tiefsten Goldrot bis zum hellen Gelb spielende Sandstein aus dem Maintal bei Lichtenfels. Es wurde Wert darauf gelegt aus dem außerordentlich umfangreichen Vorrat an altem Material in allen Teilen der Burg zu schöpfen, von den Steinquadern angefangen über die alten Täfelungen bis zu den Tür-Schlössern, Geräten und Möbeln. Das heranschaffen der Baustoffe erforderte bei der Lage der Burg hoch über der Itz und der starken Abnutzung der Parkanlagen des Hofgartens besondere Überlegungen. Die Lösung fand Ebhardt mit der Errichtung einer elektrisch betriebenen Drahtseilbahn, die an der Nordseite der Veste senkrecht bis auf die Talsohle hinabführte und die bequemste Anfuhr von der Eisenbahn, aus den Wäldern und Steinbrüchen der Nachbarschaft weit über ein Jahrzehnt reibungslos sicherte.(Siehe hierzu den Bericht mit Bildern von Rolf im CM Forum)F.f.
Zitat von gerd im Beitrag #85 Alle Baustoffe für die Veste wurden nach Möglichkeit grundsätzlich aus der Nachbarschaft geholt: das Eichen- und Kieferholz aus den herzoglichen Waldungen, der graue Sandstein aus den Brüchen unweit von Coburg, ...
Hat C.E. das Baumaterial ohne Berechnung zur Verfügung gestellt, oder über die Lieferung zumindest einen Teil seines Beitrags refinanziert?
Soweit ich sehe, ist die Beteiligung Carl Eduards am Vesteumbau noch nicht hinreichend beschrieben worden. Sandner erwähnt lediglich eine finanzielle Unterstützung, ohne jedoch Zahlen zu nennen. Die bisher beste Darstellung findet sich bei Esther Reinharts Biografie von Max Oscar Arnold, erschienen in der Schriftenreihe der Historischen Gesellschaft Coburg, 2008. Dort findet sich auch ein Kapitel über die Finanzierung der Bauarbeiten.
Auf die gestellten Fragen, wie weit sich C.E. finanziell beteiligt hatte, ist bei W. Föhl nichts zu finden. Lediglich wird auf die Lotterien eingegangen, welche den Veste Umbau finanzierten.
Nicht nur Lotterien sondern zum Schluss auch Bayern finanzierten das Bauvorhaben dessen Kostenexplosion ein bisschen an die die Elbphilharmonie erinnert.