Bei der Lektüre des (sehr interessanten und qualifiziert geschriebenen) Buches "Bayern in der NS-Zeit, Band V - Die Parteien KPD, SPD, BVP in Verfolgung und Widerstand" habe ich diesen sich selbst kommentierenden Auszug gefunden.
In dem Buch ist ein 22-seitiger Abschnitt über Coburg und Neustadt, vornehmlich die SPD, nach 1933 enthalten, der nach meiner Einschätzung wesentlich fundierter geschrieben ist als die Dissertation von Günther Schmehle 1980.
Stammbus
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Der Stadtrat hat heute die Einsetzung einer Historiker-Kommission beschlossen, welche die Inhalte einer Aufarbeitung der Geschichte Coburgs zwischen 1900 und 1950 festlegen wird. Desweiteren wird die Kommission vorschlagen, wer mit der Aufarbeitung dieser Geschichte beauftragt wird. Sprecher der Kommission ist Prof. Dr. Gert Melville (Coburg). Dem Gremium gehören noch weitere sechs Personen aus dem Bundesgebiet an (Historiker, Archivare). Dazu gehören u.a. Jürgen Kocka, Mitbegründer der sogenannten Bielefelder Schule, der Leiter des Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Wirsching, oder der Wirtschafts- und Unternehmens-historiker Dieter Ziegler (Universität Bochum).
Laut Wikipedia ist Prof. Melville ein deutscher Historiker im Bereich der Mittelalterlichen Geschichte. In seinen Forschungen beschäftigt sich Melville hauptsächlich mit der mittelalterlichen Historiographie der spätmittelalterlichen Hofkultur sowie der vergleichenden Ordensgeschichte des Mittelalters.
Und so jemand soll Sprecher eines Kreises werden, der sich mit der (schwierigen) Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschäftigt????
Also man sollte der Kommission objektiv gegenüber stehen. Dazu gehört es diese nicht mit Vorschusslorbeeren zu überschütten, aber auch nicht diese zu kritisieren, bevor sie etwas getan hat.
Die Person Gert Melville anhand seines Wikipedia-Artikels zu bewerten, ist doch sehr oberflächlich betrachtet. Das ein Coburger Historiker in dem Gremium sitzt, der als Vorsitzender der Historischen Gesellschaft auch Kontakte zu den hier arbeitenden Geschichtswissenschaftlern pflegt, kann nur für diese Arbeit von Vorteil sein.
Außerdem entscheidet ja die Kommission darüber, wer die Aufarbeitung und schlussendlich das Buch durchführen wird. Wenn sie ein schlüssiges Konzept zu Themen und Arbeitsweise haben, können sie es sicherlich der Kommission als Bewerbung vorlegen. Die ist sicherlich für jeden "Input" dankbar.
Wie kommen sie darauf, dass ich das nicht objektiv sehe? Ich begrüße diese Kommission sehr! Längst überfällig sowas.
Und wie kommen sie darauf, dass die Wikipedia-Einträge über Melville "oberflächlich" zu sehen sind? Sie beschreiben wahrheitsgemäß den absoluten Schwerpunkt Melvilles Tätigkeit. Unabhängig von Wikipedia liest man ebenfalls nur von Mittelalter, nicht viel vom 20. Jahrhundert und schon gar nicht von Detailkenntnissen des Dritten Reiches in Coburg.
Hier wäre z.B. Hubertus Habel deutlich sinnvoller gewesen, der kennt sich mit der Thematik bestens aus. Man kann nur hoffen, dass er wenigstens ausgewählt wird, das Projekt zu stemmen. Ich selber kann kein Konzept vorlegen, habe zwar Abitur, aber keinen Doktortitel.
Eine Person dieser 7-köpfigen Kommission herauszunehmen und anhand des wissenschaftlichen - auf Wikipedia lückenhaft dargestellten - Werdegangs des Einzelnen, die These aufzustellen, dass die Kommission möglicherweise aufgrund dieses Werdegangs inkompetent sei, ist wenig objektiv. Eine solche Bewertung ist in diesem Zusammenhang nur im Kontext mit den anderen Kommissionsmitgliedern zulässig. Und da sehe ich wahrlich keine Inkompetenz, es sei denn man wolle dem Leiter des Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Wirsching oder dem Mitbegründer der deutschen Sozialgeschichtsforschung Prof. Kocka, eine solche unterstellen.
Über die Bedeutung Gert Melvilles als Vorsitzender der Historischen Gesellschaft - ein Umstand der in Wikipedia keine Erwähnung findet - in dieser Kommission habe ich in meinem Beitrag bereits referiert. Leider sind sie nicht darauf eingegangen. Zudem schließt die Zusammensetzung der Kommission eine Mitwirkung Hubertus Habels an der Aufarbeitung in keinster weise aus.
Da sie kein Konzept vorlegen, sollten wir schließlich abwarten, welche Schwerpunkte die Kommission bezüglich der Aufarbeitung dieser 50 Jahre vorlegen wird. Man kann davon aber sicher ausgehen, dass die Coburger Historiker bei dieser Entscheidungsfindung sich partizipierend mit einbringen werden.
Bitte genau lesen. Keinesfalls habe ich wegen des Sprechers die Kommission für inkompetent erklärt!
Verdrehen sie bitte nicht die Worte. Ich halte die Mitglieder der Kommission (außer Melville) für sehr kompetent, allesamt! Coburg kann froh sein, sie bekommen zu haben. Ich halte nur den Sprecher, und das ist er, also der Vorsitzende, aufgrund seiner Tätigkeiten und Themenschwerpunkte Mittelalter für eine krasse Fehlbesetzung wenn es um die nazizeit geht. Meine Meinung. Daran ändern auch seine Verdienste für die Hist. Gesellschaft nichts.
Wenn wir bei dem Thema "genau lesen" sind, dann haben sie in meinem Beitrag anscheinend den Begriff "möglicherweise" überlesen. Ansonsten würde Ihre Reaktion nicht so ausfallen. Es wäre aber ihrerseits objektiv gewesen, die anderen Kommissionsmitglieder vorzustellen und dann ein Werturteil über die gesamte Gruppe abzugeben und nicht über Einzelpersonen zu reden. Es sei darauf hingewiesen, dass es Melville war, der diese Kommission im Auftrag der Stadt zusammengestellt hat. Und da sehe ich wirklich niemanden in Coburg, der mit seinem Renomee eine so hochkarätige Gruppe an einen Tisch bringen könnte.
Ihre Meinung bleibt Ihnen aber unbenommen. Ich halte sie nur auf der Basis eines Wikipedia-Artikels für nicht stichhaltig ja geradezu widersprüchlich gegenüber der Tatsache, das man als Vorsitzender eines Geschichtsvereins für alle Geschichtsthemen zwischen 1056 und 2015 offen sein muss und man die lokalen Fachleute auf dem Gebiet "Geschichte des 20. Jahrhunderts" kennen muss, sei es im eigenen Verein oder im Allgemeinen.
Mit dieser Kommission wird schon mal gewährleistet, dass das Thema wissenschaftlich aufgearbeitet wird. Das heißt für den Bearbeiter vier Jahre Aufenthalt in den diversen Archiven und Erstellung eines Werks mit Fußnoten, in dem jeder sehen kann, woher die Informationen stammen. Und dann im zweiten Schritt die Sekundärliteratur hinzuziehen. Autoren die jetzt populärwissenschaftlich arbeiten, haben da natürlich ein Problem, da sie jetzt bei der Aufarbeitung hinten runter fallen, zumal ja diese Vorgehensweise durch das Schöllgen-Buch in Coburg inzwischen diskreditiert ist.
Zitat von Christian im Beitrag #72Der Stadtrat hat heute die Einsetzung einer Historiker-Kommission beschlossen, welche die Inhalte einer Aufarbeitung der Geschichte Coburgs zwischen 1900 und 1950 festlegen wird. Desweiteren wird die Kommission vorschlagen, wer mit der Aufarbeitung dieser Geschichte beauftragt wird. Sprecher der Kommission ist Prof. Dr. Gert Melville (Coburg).
Also ich habe zwar auch Kritik an der wissenschaftlichen Arbeits- und Darstellungsweise von Prof. Melville im Zusammenhang mit einem Vorgang der Nachkriegsgeschichte (Christian weiß, was ich meine), kann aber angesichts der zitierten Darstellung nicht erkennen, dass hierfür zwingend ein Experte der Nazizeit und der Zeit davor (gerade für Coburg sehr wichtig) gefragt wäre. Denn die wissenschaftliche Arbeit selbst wird wohl von anderen durchgeführt. Ich hoffe allerdings, dass die "Inhalte einer Aufarbeitung der Geschichte Coburgs" so umfassend festgelegt werden, dass wirklich alle Aspekte der Durchdringung des gesamten gesellschaftlichen Lebens von Coburg durch die Nazis und ihre Helfershelfer neutral erforscht werden.
wie lange wollen diese Leute denn immer noch "aufarbeiten"? Haben wir keine anderen Probleme?? Schlimm, wenn man als "ewig Gestriger" ( ich weiß, dass das früher eine andere Bedeutung hatte ) von solchen "Aufarbeitungen" leben muss!